Die Nachfrage ist ungebrochen: Täglich suchen zwanzig und mehr Geflüchtete aus der Ukraine in der Anlaufstelle der Caritas im Bamberger Hain Rat und Hilfe. "Ich bin dankbar dafür, dass ich hier helfen und viel Solidarität erleben kann", sagt Alona Grygoryeva, gebürtige Ukrainerin und das unermüdlich schlagende Herz dieser Beratungsstelle der Caritas für die Stadt und den Landkreis Bamberg im Gemeindezentrum St. Josef.
In den letzten Monaten sei sie vielen Menschen, größtenteils Frauen, begegnet, die ihre Männer und Väter in der Ukraine zurücklassen mussten und mit dem neuen Alltag und der neuen Realität in Deutschland konfrontiert wurden. Sie habe aber auch viele Helferinnen und Helfer kennengelernt, die sich hingebungsvoll um Geflüchtete kümmern, so Alona Grygoryeva.
Suche nach einem Deutschkursangebot
Seit Ende März 2022 hat sie ein offenes Ohr für die Belange der Ukrainerinnen und ihrer Kinder. Zusammen mit ihrer Kollegin Svetlana Schenke, die in Russland aufgewachsen ist, berät sie die Geflüchteten in ihrer Muttersprache. Anfangs standen drängende Fragen wie Arzttermine, Plätze in Kindergärten und Schulen, nächstgelegene Spielplätze im Vordergrund. Schnell sei jedoch klar geworden, dass auch der Erwerb der deutschen Sprache ein großes Anliegen der Ukrainerinnen ist, so Alona Grygoryeva.

Anja Münzel, Mitarbeiterin des Caritasverbandes und Koordinatorin der Anlaufstelle, klemmte sich ans Telefon – und fand in der Universität Bamberg rasch die Unterstützung für einen Sprachkurs: "Ich habe schnell gemerkt, dass alle ihren Beitrag leisten wollen", freut sich Münzel über eine Lektorin aus dem Sprachenzentrum der Uni und eine Studentin des Fachs "Deutsch als Fremdsprache", die den wöchentlichen Deutschunterricht für die Ukrainerinnen übernommen haben. Für die Kinder der Teilnehmenden steht währenddessen ein Spielzimmer offen – betreut von vier Ehrenamtlichen, die Anja Münzel gewinnen konnte.
Von Elterngeld über Wohnungssuche bis zu Bustickets
Inzwischen werden die Fragen der Geflüchteten diffiziler. Themen wie Elterngeld, Pflegedienstleistungen oder Krankenversicherung, Frühförderung von behinderten Kindern, Wohnungssuche, Unterhaltsvorschusszahlungen, Kita-Plätze, Stromverträge, Jobcenter, kostenintensive Bustickets aus dem Landkreis in die Stadt beschäftigen Alona Grygoryeva und Svetlana Schenke.
Zumal viele Ukrainerinnen die Antragsformulare nicht verstehen. Unerschütterlich und ohne Scheu telefonieren sich die beiden Beraterinnen durch die örtlichen Ämter und Behörden. Dass dort auch mal jemand einfach auflegt, schreckt sie nicht ab: "Dann rufe ich eben jemand anderen an, der sein Soll erfüllt", sagt Grygoryeva lakonisch.
Für Viktoria zum Beispiel, eine junge Mutter aus Kramatorsk, hat sich die Anlaufstelle als echter Glücksfall erwiesen. Mit ihrem Sohn, der die sechste Schulklasse besucht, und ihrer dreijährigen Tochter kam sie im März nach Bamberg. Das Caritasteam der Beratungsstelle half ihr bei der Organisation von Kinderarztterminen und begleitete sie auch zu Untersuchungen an der Universitätsklinik Erlangen.

Viktorias Tochter spricht nicht und benötigt eine besondere Förderung. Umso hilfreicher ist das Angebot im Gemeindehaus St. Josef: "Wir sind weit weg von unserer Familie und von unseren Lieben, die wir dort lassen mussten", erklärt Viktoria. Da sei es umso schöner, hier immer wieder herkommen zu können und mental und psychologisch aufgebaut zu werden.
Gemeinschaftsleistung von Caritas und Seelsorgebereich Bamberger Westen
Für Peter Ehmann, Geschäftsführer des Caritasverbandes für die Stadt Bamberg, steht Viktorias Stellungnahme stellvertretend für die vielen dankbaren Bekundungen der ukrainischen Schützlinge. Ehmann spricht von einer "großen Verbundleistung der Caritas und des Seelsorgebereichs Bamberger Westen, zu dem die Gemeinde St. Josef im Hain gehört".

Der Leitende Pfarrer des Seelsorgebereichs – zunächst Matthias Bambynek, jetzt sein Nachfolger Helmut Hetzel – stelle in enger Absprache mit Verwaltungsleiterin Astrid Benkard die notwendigen Räume im Gemeindehaus kostenfrei zur Verfügung. Kirchensteuermittel und Spenden ermöglichen den laufenden Betrieb der Anlaufstelle. Ja, gewährleisten sogar, dass künftig auch die Fahrtkosten für Ukrainerinnen aus dem Landkreis zu Bildungskursen in der Stadt Bamberg von der Caritas finanziert werden können, wie Peter Ehmann betont.
Caritas-Anlaufstelle öffnet ihr Angebot für alle Geflüchteten
Die guten Rahmenbedingungen und die andauernde Nachfrage sichern die Anlaufstelle über das ursprünglich für Herbst 2022 geplante Projektende hinaus. Sie wird ab Mittwoch, 2. November, sogar erweitert: "Wir wollen die besondere Stellung der ukrainischen Flüchtlinge aufheben und öffnen die Anlaufstelle für Geflüchtete aus allen Nationen", weist Caritas-Geschäftsführer Ehmann in die nahe Zukunft.

Ein weiterer kostenloser Beratungsraum als eine Voraussetzung für die Ausweitung des erfolgreichen und niederschwelligen Integrationsprojektes sei dank des Entgegenkommens von Verwaltungsleiterin Benkard und der Gemeinde St. Josef gegeben. Ein zusätzlicher Sprachkurs solle ebenfalls folgen.
Die gebürtige Marokkanerin Chaymae Caidou, die sonst im Ankerzentrum arbeitet, steht nun für Erstanfragen von Geflüchteten im Hain bereit – angestellt vom Caritasverband. Sie beherrscht fünf Sprachen, darunter Arabisch und Französisch, und "kann daher vielen Hilfesuchenden auch in der Muttersprache begegnen", so Ehmann. Chaymae Caidou ist von Montag bis Freitag jeweils von 10 bis 12 Uhr und zusätzlich Donnerstag von 13 bis 15 Uhr erreichbar.