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COBURG/BURGPREPPACH: Coburger Fleischskandal: Zwei Jahre Haft auf Bewährung

COBURG/BURGPREPPACH

Coburger Fleischskandal: Zwei Jahre Haft auf Bewährung

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    Mit Bewährungsstrafen und Geldauflagen, Behördenschelte und Kritik an der anfänglichen Berichterstattung des Bayerischen Rundfunks endete am Mittwoch der Prozess um die Vorgänge am Coburger Schlachthof. Von „Fleischskandal“ könne keine Rede sein. Das Wort Skandal komme eher in den Sinn, wenn der Blick auf das Versagen der Kontrollbehörden falle, lautete das Fazit des Vorsitzenden Richters am Landgericht Coburg, Gerhard Amend.

    Den 52-jährigen Chef der Großhandelsfirma Dellert-Fleisch aus Burgpreppach (Lkr. Haßberge) verurteilte die Kammer zu einer auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Zudem verhängte das Gericht die Auflage, jeweils 50.000 Euro an zwei Kirchengemeinden in Coburg zu zahlen.

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    Die Richter befanden den geständigen 52-Jährigen für schuldig des Betrugs in über 15 400 Fällen. Durch übermäßiges Abschneiden von Fett und Gewebe von geschlachteten Rindern beim so genannten Trimmen seien die Lieferanten der Tiere um Geld geprellt worden. Zudem sei als nicht zum Verzehr gekennzeichnetes Fleisch von Rinderkeulen verkauft und damit in den Lebensmittelkreislauf gebracht worden. Den durch dieses betrügerische Handeln entstandenen Schaden bezifferte die Kammer auf insgesamt rund 700.000 Euro.

    Wegen Beihilfe zu dem Betrug erhielt der 62-jährige ehemalige Leiter des Schlachthofs eine Bewährungsstrafe von einem Jahr. Zudem soll er 500 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Seine 56-jährige Ehefrau, die als Amtstierärztin tätig war, verurteilte das Gericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 2700 Euro.

    Dass am Coburger Schlachthof nicht ordnungsgemäß gearbeitet wurde, hatte erstmals der Bayerische Rundfunk in einer Fernsehreportage publik gemacht. Da war von „Gammel- und Ekelfleisch“ die Rede gewesen. Zu Beginn seiner Urteilsbegründung betonte Richter Amend: „Dieser Beitrag entspricht nicht der Wahrheit.“ Die Folge sei eine Vorverurteilung der Angeklagten gewesen, „wie ich sie in 16 Jahren als Strafkammervorsitzender noch nicht erlebt habe“.

    Das als nicht für den Verzehr bestimmt gekennzeichnete Keulen-Fleisch sei vielmehr „noch lange nicht minderwertig“ gewesen. Dies sei ein Ergebnis des Verfahrens, das durch akribische Arbeit von Ermittlungsbeamten erzielt worden sei.

    Ungeachtet dessen liege Betrug vor, da die mit einem rosa Zettel gekennzeichneten Keulen eben nicht hätten in den Verkauf an Metzger und Gastwirte gelangen dürfen. Zudem habe der Chef des Fleischgroßhandels seine Metzger im Schlachthof angewiesen, mehr Fett und anderes Gewebe von den Schlachttieren zu entfernen, als nach den Richtlinien üblich. Nachdem die Tiere erst danach gewogen worden seien, hätten die anliefernden Landwirte weniger Geld bekommen, als ihnen zustand.

    Leitartikel: Entrüstung muss Konsequenzen haben

    Dass die für Kontrollen zuständige bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft und andere Behörden die Praktiken kannten und dennoch über Jahre duldeten, sei zwar keine Rechtfertigung für das betrügerische Handeln, „aber ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Strafzumessung“, so Amend.

    Wie Richter Amend schon vor der Verkündung eröffnete, hatten sich die Parteien am Rande des Prozesses im Wesentlichen auf das Strafmaß geeinigt. Demnach sollen Landwirte und Kunden des Schlachthofs die Möglichkeit einer Entschädigung bekommen. Das Gericht hat über einen Betrag von 400.000 Euro aus dem Vermögen des 52-jährigen Fleischgroßhändlers zur Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche für die Dauer von drei Jahren ab Rechtskraft des Urteils den „dinglichen Arrest“ angeordnet. Was von dem „eingefrorenen“ Geld nicht eingefordert wird, geht nach Fristablauf an den Staat.

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