Wenn der 15-jährige Thomas am Wochenende mit seinen Freunden auf die Piste geht, dann wird auch Bier oder Bacardi-Cola bestellt. "Klar, manchmal trinkt man auch zu viel", sagt der Neuntklässler aus der Realschule in Haßfurt, während seine Kumpels wissend lachen.
Obwohl oder vielleicht gerade weil Thomas und die anderen bereits im Umgang mit Alkohol Erfahrungen gesammelt haben, finden sie die Aktion "sinnvoll" und vor allem nicht so langweilig wie Unterricht. "Man denkt über das Trinken nach und hat dabei noch Spaß. Das ist eine gute Kombination", sagt Thomas, bevor er sich daran versucht, eine Kugel bergauf rollen zu lassen, ohne sie mit den Händen zu berühren.
Keine mahnenden Monologe
"Das ist genau das Ziel, das wir erreichen möchten", sagt Heinz-Jürgen Vogelsang, der Leiter der Kampagne, die in diesem Jahr in neun bayerischen Städten ihre Stationen aufgeschlagen hat. Rund 700 Schüler haben sich an den beiden Tagen in Haßfurt angekündigt, wo das Team auf sehr großes Interesse auch bei den Lehrern gestoßen ist. "Das ist nicht immer so, dass so viele sich daran beteiligen und sich sogar einbringen wollen."
Denn Vogelsang und seine zehn Kollegen besetzen die Stationen zusätzlich mit Helfern aus dem Landkreis, damit auch wirklich Zeit für Gespräche ist. Unter den Partnern im Landkreis befinden sich das Kreisjugend- und Gesundheitsamt, die Polizeiinspektion und auch das Landratsamt. "Wir suchen den Dialog und wollen keine mahnenden Monologe halten", sagt Vogelsang, der in Gesprächen den Schülern auch schon mal aus seiner Jugend erzählt. "Wir waren auch keine Engel. Aber darum geht es auch gar nicht."
Mit erhobenen Zeigefinger würden die Kampagnenmacher auch schnell alleine dastehen, ist sich Vogelsang sicher. "Es ist ein differenzierter Zugang zu den Jugendlichen nötig. Wenn die merken, man will ihnen etwas verbieten, dann blocken die ganz schnell ab." Denn der Alkoholgenuss sei ein Teil ihres Lebensstils. "Wir versuchen zu vermitteln, dass ihr Lebensstil okay ist, hierzu aber nicht unbedingt Alkohol notwendig ist."
"Gleichzeitig soll die Aktion das Selbstbewusstein der Jugendlichen stärken, um sich auch mal innerhalb der Gruppe durchsetzen zu können", sagt Vogelsang, als ein paar Mädchen mit Kickboards und motorisierten Go-Peds vorbeiknattern. Von der Sound-Box dröhnt gerade der Hit "Hip teens don't wear blue Jeans" herüber. Denn die Jugendlichen sollen sich auch mit den Texten ihrer bevorzugten Musik beschäftigen. Und so mancher ist erstaunt, über was die Stars in ihren Liedern singen, wenn man mal aufmerksam zuhört.
Thomas und die anderen schauen gerade beim Turtle-Rennen zu. Dort eiern Klassenkameraden auf Plastikschildkröten unter großem Gelächter um die Wette. Ein paar Schritte weiter versuchen ein paar Jungs auf langen Stöcken Teller zu jonglieren. "Zum Glück sind die aus Plastik", haut ein Mädchen ihre Freundin an, mit der sie in einer Gruppe einen riesigen Ball in Form einer Erdkugel über den Köpfen balanciert.
Gesprächsrunden über Alkohol
An einem Tisch versucht eine Gruppe Jungs mit der Hilfe eines Moderators Fragen wie "Warum trinken Menschen Alkohol?" oder "Welche Alternativen gibt es, um nicht süchtig zu werden?" zu erörtern. Ihre Ergebnisse tragen sie dann in einen Bogen ein. Daneben kreieren ein paar Klassenkameraden alkoholfreie Cocktails. Die Rezepte pinnen sie dann an eine Wand. Ob sich allerdings der Kuhtrank aus zehn Gramm Gras, zehn Gramm Haselnüssen und viel Milch als Szene-Drink durchsetzen wird, darf bezweifelt werden.
Niemand wird bei "Be hard - drink soft" gezwungen, an den Spielen teilzunehmen. Doch immer wieder kommen Lehrer zu den Moderatoren, die ungläubig schauen, weil alle so begeistert mitmachen. Auch bei den Gesprächsrunden, in denen Jungs und Mädchen über Geschlechterrollen, alltägliche Probleme oder auch über Alkohol reden.
Denn Bier und Wein sind oft ein bevorzugtes Kontaktmittel zwischen den Geschlechtern. Vor allem Jungs fühlen sich sicherer, wenn sie ein, zwei, drei Bierchen davor getrunken haben. Doch in den Gesprächsrunden kommt es immer wieder zu interessanten und unerwarteten Dialogen. "Wie kommt es eigentlich bei euch an, wenn man betrunken ist?", fragen zuweilen die Buben die Mädchen aus ihrer Klasse. "Das macht uns net gerade an", ist häufig die unerwartete Antwort, die zu großen Augen führt.
Als sich Thomas und seine Kameraden von der 9a am Parcoursende sammeln, rücken schon die nächsten Klassen aus den Jahrgangsstufen acht, neun, zehn von Gymnasium, Real- und Hauptschule an. Als Geschenke erhalten die Schüler Poster, Frisbees und T-Shirts, auf denen das Motto "Be hard - drink soft" steht. "Die Aktion kann schon dazu beitragen, dass man mit Alkohol besser umgeht", ist aus der Gruppe zu hören. Doch ob die Jungs heute Abend am Tresen alkoholfreie Getränke bestellen, wussten sie noch nicht. "Mal schauen."