Sinkende Außentemperaturen, hohe Infektionszahlen, kein Schlafplatz bei Verwandten oder Freunden. Menschen ohne Wohnung steht ein harter Winter bevor. Die Schwächsten der Gesellschaft sind ohnehin jetzt schon am stärksten von der Krise betroffen. Hilfsangebote, wie zum Beispiel Kleiderkammern und Tafeln, mussten reduziert oder ganz geschlossen werden.
In Bamberg gibt es immerhin den Treffpunkt "Menschen in Not" mit seiner Wärmestube in der Siechenstraße. Doch Corona bringt auch diese ökumenische Einrichtung der Caritas und Diakonie selbst in Not. Nämlich die Not, in diesen schwierigen Zeiten nicht mehr für alle die bisherigen Angebote aufrecht erhalten zu können: "Wie schon beim ersten Lockdown im Frühjahr müssen wir uns erneut auf die Unterstützung der tatsächlich Obdachlosen beschränken", sagt Peter Klein, seit 13 Jahren Leiter des Treffpunkts. "Unser Angebot ist seit jeher nur durch das große Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter möglich", erklärt Klein weiter. Der Großteil der Ehrenamtlichen sei über 60 Jahre alt und gehöre damit zur Risikogruppe. Folglich "fallen derzeit viele Helfer aus".
An den Wochenenden muss die Wärmestube öfter schließen
Unter der Woche werde der Betrieb durch die hauptamtlichen Mitarbeiter und jüngere Ehrenamtliche gewährleistet. Doch an den Wochenenden müsse die Wärmestube öfters schließen. Das macht sich besonders an den Mahlzeiten bemerkbar: "Warmes Mittagessen gibt es im Treffpunkt derzeit nur an zwei statt wie üblich an fünf Wochentagen", so Peter Klein. Ansonsten werden Backwaren, die drei Bamberger Bäckereien spenden, ausgegeben.
Allerdings müssten die von Armut betroffenen Gäste, die sonst regelmäßig den Treffpunkt aufsuchen, jetzt weitgehend auf soziale Kontakte, Essen in Gemeinschaft und Gespräche mit Schicksalsgefährten verzichten: "Um die Abstandsregelung einzuhalten, dürfen derzeit maximal 20 Gäste gleichzeitig in die Wärmestube", sagt Klein. In normalen Zeiten seien es 40 und mehr.

Etwa 15 bis 20 Obdachlose kommen aktuell pro Tag, nutzen die Möglichkeit zu duschen, ihre Kleidung zu waschen, in ihren Postfächern – 100 gibt es für Wohnungslose und Obdachlose –nach Briefen zu suchen. Oder sich einfach "nur" aufzuwärmen.
Die Kettenbrücke als Wohnzimmer
So wie Erich etwa, der genussvoll ein belegtes Brötchen verspeist und sich von Peter Klein heißen Kaffee einschenken lässt. "Jetzt bei der Kälte bin ich hier", erzählt der 57-Jährige. "Sonst ist bei schönem Wetter die Kettenbrücke mein Wohnzimmer", ergänzt er. Seit 15 Jahren ist Erich obdachlos, "ich schlafe draußen". Den Arbeitsplatz verloren, die Wohnung ebenso, die Partnerin obendrein: "Schwierig", sagt er nur.
Und für Peter Klein ist diese Auflistung noch lange kein Grund, "alles wissen zu müssen, um zu helfen". Er nehme eine "akzeptierende Haltung" ein: "Jeder entscheidet für sich selbst, ob und was er in seinem Leben verändern möchte", beschreibt Peter Klein eine Grundlinie der Beratung für Obdachlose, die der Treffpunkt weiterhin anbietet. Und Schlafsäcke, die auch Minustemperaturen standhalten: "Ein Schlafsack ist die einfachste Form der Überlebenshilfe bei Kälte", weiß Klein vor dem Hintergrund, dass "seine" Obdachlosen keine städtischen Notunterkünfte aufsuchen und auch nachts draußen bleiben.
Klein zeigt auf ein Fenster, das sich zur Äußeren Löwenstraße hin öffnen lässt. "Ein Sinnbild der Krise" nennt Klein dieses Fenster, durch das Bedürftigen Lebensmittel wie Brot und Konserven gereicht werden. Ob ihre Zahl aktuell weiter ansteigt, ob Wohnungslosigkeit zunimmt, wagt Peter Klein nicht vorherzusagen: "Bisher konnten wir keine coronabedingte Zunahme an Fällen feststellen." Allerdings sei es für eine Bestandsaufnahme zu früh. Bis ein ordentliches Räumungsverfahren durchlaufen sei, vergehen etliche Monate: "Frühestens Mitte nächsten Jahres wird sich eine Tendenz erkennen lassen", sagt Klein.
Die traditionelle Weihnachtsfeier muss ausfallen
Um in diesen Corona-Zeiten die Kontakte so weit wie möglich herunter zu fahren, nimmt der Treffpunkt keine Sachspenden an. Auch die traditionelle Weihnachtsfeier für Obdachlose im Jugendkulturtreff "ImmerHin" fällt voraussichtlich der Pandemie zum Opfer. Weit über 100 Personen suchen sonst dort am Heiligen Abend etwas Feiertagsstimmung und Geborgenheit.
Der Treffpunkt „Menschen in Not“ erhält von der Stadt Bamberg, dem Land Bayern und den kirchlichen Trägern der Einrichtung einen jährlichen Förderbetrag – auch für die seit 2016 im Haus befindliche Zentrale Beratungsstelle für Strafentlassene – doch über 70 000 Euro Spendenanteil muss der Treffpunkt jedes Jahr aufbringen.
"Ohne die finanzielle Großzügigkeit vieler Bürger, Firmen, Institutionen und Gruppierungen aus Bamberg und dem Umland würde es den Treffpunkt nicht geben", betont Leiter Peter Klein.
Treffpunkt „Menschen in Not“Der Treffpunkt wird vom Caritasverband für die Stadt Bamberg und den Landkreis Forchheim e.V. und dem Diakonischen Werk Bamberg-Forchheim e.V. getragen. Als gleichberechtigte Partner gehört die Ehrenamtlicheninitiative "Mt 25 – Bündnis für Menschen in Not" zum eigens gegründeten Kuratorium. Im Juni 2016 schloss sich der "Bayerische Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V." dem Bündnis an.2019 wurden in der Wärmestube insgesamt 17 378 Besuche gezählt. 331 Menschen suchten die Beratungsstellen auf. Kurzberatungen werden statistisch nicht erfasst.Wer spenden möchte, kann das auf das Konto der Liga Bank Bamberg, „Treffpunkt Menschen in Not“, IBAN: DE71 750 903 00 0109 002 499 tun.Quelle: mkh