Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Haßberge
Icon Pfeil nach unten
Haßbergkreis
Icon Pfeil nach unten

BAMBERG: Der Hexenbrenner von Bamberg

BAMBERG

Der Hexenbrenner von Bamberg

    • |
    • |
    Mit solchen Folterwerkzeugen, zum Beispiel Beinschrauben, wurden die Gefangenen genötigt, falsche Aussagen zu machen.
    Mit solchen Folterwerkzeugen, zum Beispiel Beinschrauben, wurden die Gefangenen genötigt, falsche Aussagen zu machen. Foto: Foto: Jendryssek

    Die Stadt Bamberg war eines der Hauptzentren der Hexenverfolgung und veranstaltet aktuell die Themenwochen „Hexenprozesse im Hochstift Bamberg“. Verschiedene Vorträge, Führungen, Ausstellungen und Lesungen informieren zu dem Thema.

    „Unschuldig bin ich in das gefengnus kommen, unschuldig bin ich gemarttert worden, unschuldig muß ich sterben“. Die Worte an seine Tochter Veronica sind krakelig geschrieben, denn die Knochen der Finger des Bürgermeisters Johannes Junius waren bereits durch die Daumen- und Fingerschrauben gebrochen. Der Brief, den er am 24. Juli 1628 verfasste, erreichte seine Tochter nie. Was aus ihr geworden ist, ist unbekannt. Unter Folter gesteht ihr Vater, mit dem Teufel einen Pakt eingegangen zu sein. Er nennt die Namen anderer Bamberger, die er als Hexen bezichtigt, und wird schließlich verbrannt.

    Ernteausfälle

    Vom Schicksal des Bürgermeisters Junius und dem einiger anderer Bamberger, die als Hexen verbannt wurden, erzählt die Führung „Von Truden und dem Hexenbrenner“. Sie beginnt vor dem Eingang der Alten Hofhaltung. Jörg Uttenreuther vom Verein „Geschichte für alle e.V.“ gibt hier ein paar erste Informationen zur Hexenverfolgung und zur Quellenlage. Er erzählt, dass die Hochphase der Hexenverfolgung in Bamberg unter dem Fürstbischof Johann Georg II. Fuchs Freiherr von Dornheim, genannt der Hexenbrenner, erreicht wurde.

    „Damals wurden die Hexen vor allem beschuldigt, für die vorherrschende kleine Eiszeit und damit verbunden für Ernteausfälle verantwortlich zu sein. In den vier Jahren zwischen 1626 und 1630 wurden alleine in Bamberg 642 Menschen als Hexen verbrannt“, sagt Uttenreuther. Doch auch der Vorgänger des Fuchs von Dornheim, Johann Gottfried I. von Aschhausen, ließ zwischen 1612 und 1618 knapp 300 Bamberger verbrennen. Fuchs von Dornheim gab außerdem den Bau des sogenannten Malefizhauses in Auftrag. Es war zugleich Hexengefängnis und Folterkammer und wurde im Jahr 1627 fertig gestellt.

    Es gibt kein Klischee

    Die jeweils 30 bis 40 Gefangenen waren eine bunt gemischte Menschenmenge: Männer, Frauen, Arme, Reiche, Einflussreiche, einfaches Volk – es gab kein bestimmtes Schema, nachdem Hexen verfolgt wurden. „Wir müssen uns von dem Klischee verabschieden, dass eine Hexe nur rothaarig, arm und weiblich sein konnte“, erklärt Uttenreuther. „Es konnte prinzipiell jeden treffen. Zwar waren 75 Prozent der vermeintlichen Hexen weiblich, aber in Bamberg wurden beispielsweise auch 15 Ratsherren und sechs Bürgermeister – durchaus wohlhabende und einflussreiche Männer – der Hexerei bezichtigt, verfolgt und verbrannt.“ Die Angehörigen mussten dann sowohl den Prozess und alle daran Beteiligten als auch Gefängnisaufenthalt, Verpflegung und am Ende sogar das Feuerholz für den Scheiterhaufen bezahlen.

    Diese Regelung führte schließlich dazu, dass zunehmend reiche Bürger verfolgt wurden, da das einfache Volk die Prozesse nicht finanzieren konnte und nicht genügend Mittel aus öffentlichen oder kirchlichen Kassen zur Verfügung standen.

    Zu eigenen Zwecken genutzt

    Der Weg führt weiter über das Pfahlplätzchen, an dem einst ein Gasthaus stand, dessen Wirtin von ihrem Mann als Hexe bezichtigt wurde, zum Schloss Geyerswörth. Dort residierte der Hexenbrenner Fuchs von Dornheim. Heute wird das Gebäude als Sozial- und Jugendamt genutzt. Ab und an finden dort Weinfeste oder der historische Weihnachtsmarkt statt.

    Uttenreuther erzählt von Bürgern, die die Hexenverfolgung zu ihrem eigenen Zweck nutzten. Auf diesem Weg wurden nicht nur ungehorsame Ehefrauen, unliebsame Nachbarn und Konkurrenten ausgeschaltet. Auch der Fuchs von Dornheim nutzte die Hexenverbrennungen zu seinem Vorteil. Wer in seinen Augen zu viel Macht hatte, wurde verfolgt. So wurden Frauen, Mütter und Töchter von einflussreichen Männern der Hexerei bezichtigt und verbrannt, bevor die Männer selbst den Feuertod fanden. Aber auch Reiche wurden schnell zu seinen Opfern. Der machthungrige und habgierige Fürstbischof verleibte sich nach deren Tod gegen das vorherrschende Recht ihr Eigentum ein.

    Die Hexenführung bringt die kleine Gruppe um Uttenreuther in die Theatergasse. In den Hinterhöfen der Langen Straße erzählt er, dass viele der Opfer des Hexenbrenners dort gewohnt haben. Einige Häuser standen nach deren Tod lange leer. Der Hexenbrenner hatte die Zahl der Bürger und insbesondere auch der Reichen derart schrumpfen lassen, dass es kaum jemanden gab, der sich die hohen Mieten noch leisten konnte.

    Hohe Dunkelziffer

    Die letzte Station der Führung ist in der Nähe des zentralen Omnibusbahnhofs, vor der kleinen Filiale der Bäckerei Fuchs. Hier soll das Malefizhaus acht Jahre lang gestanden haben. „Im Advent wird die Bäckerei als Hexenhäuschen verkleidet. Das ist etwas skurril, wenn man Vergangenheit dieses Ortes bedenkt, aber vermutlich wissen die Besitzer nichts darüber“, beendet Uttenreuther die Führung.

    Insgesamt sind in Bamberg zwischen 1612 und 1631 wohl etwa 1000 Menschen der Hexenverfolgung zum Opfer gefallen. Die Schwarzziffer ist hoch, da die Zahl nur aus den Prozessakten abgeleitet werden kann, welche zum Teil verloren gegangen sind. Mit dem Verbot der Hexenverfolgung durch Kaiser und Papst und vor allem auch mit dem Einmarsch schwedischer Truppen Anfang 1632 fand das Grauen schließlich ein Ende.

    Der Fürstbischof Fuchs von Dornheim floh vor den Schweden nach Kärnten. Er nahm einen Teil der erbeuteten Besitztümer und des Domschatzes mit. Zur Rechenschaft gezogen wurde er nie.

    Die Themenwochen „Hexenprozesse im Hochstift Bamberg“ gehen noch bis zum 21. Oktober.

    Das Programm der Themenwochen

    Freitag, 5. Oktober: 19 Uhr Führung „Von Truden und dem Hexenbrenner“; Treffpunkt: Domplatz, Eingang Alte Hofhaltung.

    Sonntag, 7. Oktober: 14 Uhr Führung „Von Truden und dem Hexenbrenner“, Treffpunkt: Domplatz, Eingang Alte Hofhaltung.

    Montag, 8. Oktober: 19 Uhr Vortrag „Bambergs Platz während der Hexenverfolgungen – aufgezeigt am Beispiel der Familie Haan“ von Prof. Dr. Ulrich Knefelkamp (Frankfurt/Oder – Bamberg), Stadtarchiv, Untere Sandstraße 30a.

    Dienstag, 9. Oktober: 19 Uhr „Die Bamberger Hexenverfolgung in theologiegeschichtlicher Perspektive“, Domkapitular Dr. Norbert Jung; zugleich Eröffnung der Ausstellung zu den Hexenprozessakten der Staatsbibliothek Bamberg durch Prof. Dr. Werner Taegert in der Neuen Residenz am Domplatz

    Mittwoch, 10. Oktober: 18 Uhr Lesung „Purpurmond“ mit Heike Eva Schmidt, Bücherei im Gemeindezentrum St. Urban, Babenbergerring 26

    Mittwoch, 10. Oktober: 20 Uhr Lesung „Die Hüterin der Quelle“ mit Brigitte Riebe Hübscher, Buch und Medienhaus, Grüner Markt 16

    Donnerstag, 11. Oktober: 16 Uhr Führung „Von Truden und dem Hexenbrenner“, Treffpunkt: Domplatz, Eingang Alte Hofhaltung

    Donnerstag, 11. Oktober: 19 Uhr Lesung „Die Zauberin sollst du nicht leben lassen“ mit Peter Braun, Historisches Museum, Ratsstube in der Alten Hofhaltung

    Freitag, 12. Oktober: 15 Uhr Führung „Irrung, Wirrung, Wahn – Hexenprozesse und Scheiterhaufen“, Führung inklusive historische Ratsstube Anna Stein; Treffpunkt: Hedwig-Apotheke am ZOB, Franz-Ludwig-Straße 7

    Freitag, 12. Oktober: 19 Uhr Führung „Von Truden und dem Hexenbrenner“ Treffpunkt: Domplatz, Eingang Alte Hofhaltung

    Samstag, 13. Oktober: 19 Uhr Hexenlesung „Die Zauberin sollst du nicht leben lassen“, Theater im Altstadthaus, Eisgrube 2

    Sonntag, 14. Oktober: 15 Uhr Führung „Feuertod und Hexenhammer“, Führung inklusive historische Ratsstube

    Montag, 15. Oktober: 19 Uhr Vortrag „Bürgermeister Johannes Junius“, Johannes Hasselbeck und Dr. Robert Zink (beide Bamberg) Stadtarchiv Bamberg, Untere Sandstraße 30a

    Dienstag, 16. Oktober: 18.30 Uhr Seminar Lesen und Verstehen: Der Brief des Bamberger Bürgermeisters Johannes Junius, 1628 (Seminar, Teil 1) Johannes Hasselbeck und Dr. Robert Zink im Stadtarchiv Bamberg, Untere Sandstraße 30a,

    Dienstag, 16. Oktober: 19 Uhr Hexenlesung „Die Zauberin sollst du nicht leben lassen“, Theater im Altstadthaus, Eisgrube 2

    Mittwoch, 17. Oktober: 18 Uhr Vortrag „Folter und Psyche – eine Annäherung an den Junius-Brief von 1628 aus psychologischer Sicht“, Prof. Dr. Jörg Wolstein und Julia Finmans, Universität Bamberg, Markusstraße 8a, Hörsaal MG 1/00/04

    Mittwoch, 17. Oktober: 20 Uhr Vortrag „Hexenwahn in der Neuen Welt – Die Hexenverfolgung in Salem (Massachusetts) in vergleichender Perspektive“, Prof. Dr. Mark Häberlein, Universität Bamberg, Am Kranen 10, Hochzeitshaus, Raum H016

    Donnerstag, 18. Oktober: 16 Uhr Führung „Von Truden und dem Hexenbrenner“, Treffpunkt: Domplatz, Eingang Alte Hofhaltung

    Donnerstag, 18. Oktober: 19 Uhr Vortrag „Luther und die Hexen – Hexenverfolgung in den protestantischen Gebieten südlich des Thüringer Waldes“, Dr. Kai Lehmann (Schmalkalden), Geyerswörthstraße 5, Tagungsraum

    Freitag, 19. Oktober: 19 Uhr Führung „Von Truden und dem Hexenbrenner“, Treffpunkt: Domplatz, Eingang Alte Hofhaltung

    Freitag, 19. Oktober: 18.30 Uhr Seminar Lesen und Verstehen „Der Brief des Bamberger Bürgermeisters Johannes Junius, 1628 (Seminar, Teil 2)“, Johannes Hasselbeck und Dr. Robert Zink Stadtarchiv Bamberg, Seminarraum

    Samstag, 20. Oktober: 15 Uhr Führung „Feuertod und Hexenhammer“, Treffpunkt: Tourist Information

    Sonntag, 21. Oktober: 14 Uhr Führung „Von Truden und dem Hexenbrenner“, Treffpunkt: Domplatz, Eingang Alte Hofhaltung

    9. Oktober bis 24. November: Ausstellung „Zeugen eines Massenmordes“, Staatsbibliothek in der Neuen Residenz am Domplatz, Mo. bis Fr. von 9 bis 17 Uhr, Sa. von 9 bis 12 Uhr (an Feiertagen geschlossen), Eintritt frei.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden