(sw) „Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren bedeutet für den Bauherren Zeitersparnis, aber auch weniger Rechtssicherheit, weil das Landratsamt Vieles nicht mehr prüft“, das betonte Ulrich Wagner bei einem Baurechts-Seminar, das die Wählergemeinschaft Haßberge veranstaltete. Stadt- und Gemeinderatsmitglieder, Bürgermeister und Stellvertreter nutzten dieses Angebot der Fortbildung, zumal viel Raum gegeben war, um Fragen aus der täglichen kommunalen Praxis zu stellen.
Wagner, der das Bauamt am Landratsamt Kulmbach leitet, ging zunächst auf die übergeordneten Ordnungsrahmen Bauplanungsrecht und Bauordnungsrecht ein. In diesem Rahmen müssen sich die Gemeinden mit Bebauungsplänen bewegen, haben aber dabei „mehr Macht, als den meisten bewusst ist“, so Wagner. Diskutiert wurden die Möglichkeiten von Ortsabrundungssatzungen, gerade jetzt, wo die Zeiten großer Siedlungsgebiete in den meisten Gemeinden vorbei sind.
Die Teilnehmer lernten, dass es jetzt ein Scooping gibt, eine vorzeitige Beteiligung der Behörden, und dass das Landratsamt „Untere Abgrabungsbehörde“ ist. Die Anhörung Träger öffentlicher Belange ist außerdem jetzt auch per Internet möglich.
Die Erleichterung der Baugenehmigung habe für den Bauherren nicht nur Vorteile, zeigte der Fachmann auf. Früher sei der Bauantrag durchgehend geprüft worden, was für den Bauherren eine große Rechtssicherheit bedeute. Nun sei der mündige Bürger gefordert, der zusammen mit seinem Planer dafür sorgen muss, dass alle rechtlichen Vorgaben eingehalten werden.
Da die Genehmigungsfreistellung jetzt für alle Gebäudeklassen außer Sonderbauten gilt, kann es passieren, dass ein Bauherr eine Baugenehmigung erhält, mit der er aber nicht bauen kann, weil er die Abstandsflächen nicht einhält, zu wenige Stellplätze ausweist oder sein Brandschutzkonzept nicht korrekt ist.
Als positive Neuerung sahen die teilnehmenden Kommunalpolitiker die Änderungen bei der Grenzbebauung durch Nebengebäude wie Garagen. Früher musste die Garage entweder direkt auf der Grenze, oder mindestens drei Meter weit weg errichtet werden. Nun ist jeder Abstand dazwischen möglich. Genehmigungsfrei sind beispielsweise auch Terrassenüberdachungen bis zu 30 Quadratmetern und einer Tiefe von drei Metern, ebenso Einfriedungen und Stützmauern bis zu zwei Metern Höhe – und Freischankflächen bis 40 Quadratmeter Fläche.
Auch über Anlagen für erneuerbare Energien wurde eingehend diskutiert. Sonnenkollektoren auf Dächern müssen nicht genehmigt werden, Kleinwindkraftanlagen bis zu zehn Metern Höhe ebenfalls nicht.
In der Diskussion wurde deutlich, dass sich nicht nur das Baurecht, sondern auch die Handhabung in den Behörden, den Stadt- und Gemeinderäten gewandelt hat.