Wo die "Taube Trespe" auftritt, kann sie den Ernteertrag fast um die Hälfte mindern. Das Massenungras nimmt den Kulturpflanzen nicht nur Nährstoffe, Wasser, Licht und Raum, es schleppt als Wirt oder Zwischenwirt auch Schaderreger wie Pilze oder Blattläuse ein. Kein Wunder, dass die Landwirte und damit auch die Herbizidhersteller ein großes Interesse an der Bekämpfung von "Bromus sterilis", so der lateinische Name der "Tauben Trespe", haben.
Herbert Andres von Bayer Crop-Science ist deshalb an das Friedrich-Rückert-Gymnasium herangetreten und hat angefragt, ob nicht ein Schüler aus dem Leistungskurs Biologie seine Facharbeit über das Keimverhalten der "Tauben Trespe" schreiben möchte. Der betreuende Lehrer, Dr. Klaus Mandery, hat daraufhin seinem Kurs das Thema angetragen.
"Eigentlich wollte ich ja etwas mit Pilzen machen", erzählt Nadja Neubauer, "doch weder ich, noch Herr Mandery, waren mit dem Thema so richtig glücklich." Nach etwas Überzeugungsarbeit entschied sich Nadja dann, die Herausforderung anzunehmen, zumal das Unternehmen seine Unterstützung zusagte. "Die Zusammenarbeit beschränkte sich auf fachliche Hilfestellungen", beugt Mandery Missverständnissen vor.
"Um den optimalen Zeitpunkt für eine Herbizidanwendung zu finden, ist es wichtig, genau über das Keim- und Wachstumsverhalten der Art informiert zu sein", erklärt Nadja. Das gilt auch für die richtige Bearbeitung des Bodens durch die Landwirte: "Aus welchen Tiefen kann das Ungras noch wachsen und vor allem, aus welcher Tiefe nicht mehr."
Deshalb wollte die Abiturientin in ihrer Facharbeit das "Keimverhalten der Tauben Trespe in Abhängigkeit von der Tiefe der Saatgutablage, der Feuchtigkeit und des Alters der Samen" untersuchen. Die Frage war nur: Wo?. "Man kann ja nicht einfach in eine Gärtnerei gehen und sagen, man möchte dort Unkraut anpflanzen und es ein Vierteljahr beobachten", lacht Nadja.
Stattdessen mussten zu Hause in Reckendorf sämtliche Nutzpflanzen aus einem kleinen Gewächshaus ausziehen. Dort legte sie 20 Beete mit standardisiertem Boden an, alle 50 mal 50 Zentimeter groß, die von 16,5 Zentimeter hohen Holzgittern umschlossen waren. "Die hat mir mein Opa gebaut."
In jedes der 20 Beete arbeitete sie 150 Samen aus den Ernten von 2003 und 2004 ein, die sie von Herbert Andres bekommen hatte. Die Samen wurden in fünf unterschiedliche Tiefen gesät und dann auch unterschiedlich beregnet.
"Zwischenzeitlich genervt"
"Es war wirklich viel Arbeit und hat zwischenzeitlich genervt", sagt Nadja, "insgesamt hat es aber doch viel Spaß gemacht". Vor allem als die ersten Ergebnisse sichtbar wurden, die sie alle in Statistiken und Bildern dokumentierte.
Insgesamt war ein Drittel aller Samen aufgelaufen und hatte das Sonnenlicht erblickt. Übereinstimmend war außerdem, dass sowohl bei den Samen aus 2003 als auch aus 2004 sich die meisten Keimlinge aus einer Tiefe von zwei Zentimetern an die Oberfläche gekämpft hatten. "Entscheidend für die erfolgreiche Keimrate von Bromus sterilis ist also die Tiefe der Aussaat", sagt Nadja, "während die Feuchtigkeit und das Alter eine untergeordnete Rolle spielen."
Parallel zu ihrer Facharbeit lief ein Freilandversuch in Hafenpreppach, der in der Natur untersuchen wollte, welchen Einfluss eine Pflugfurche im Vergleich zu einer oberflächlichen Bodenbearbeitung auf das Auflaufverhalten hat. Aus ihren Beobachtungen und dem Freilandversuch folgerte Nadja schließlich, dass die Landwirte eigentlich ihre Äcker tiefer beackern sollten. "Doch der Gesetzgeber sieht das aus Gründen des Bodenschutzes und einer drohenden Erosion nicht so gern."
Es bietet sich zudem an, auf Sommerkulturen zu setzen, da die "Taube Trespe" vorwiegend erst im Spätsommer und Herbst keimt. "Außerdem sollte man einseitige Fruchtfolgen und den Einsatz gleicher Herbizide vermeiden, da einige Samen dagegen immer resistent sind."
25 Seiten Ergebnisse
Bis Ende Januar hat Nadja ihre Ergebnisse schließlich in einer 25-seitigen Facharbeit zusammengefasst, für die sie 14 Punkte bekam. "Die Arbeit war einfach sehr gut", sagt Klaus Mandery, "zumal, wenn man den großen Aufwand berechnet." Andere würden vier Wochen schreiben, Nadja habe über ein Vierteljahr täglich daran gearbeitet. "Schon allein deshalb sollte man in solchen Fällen nicht nur auf das Ergebnis schauen."
Doch auch dieses kam gut an: Vor ein paar Wochen hat Nadja, die neben Bio noch Französisch als Leistungskurs hatte, ihre Facharbeit in Pettstadt Herbizidspezialisten und Pflanzenbauberatern aus Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung vorgestellt. "Die waren alle ganz begeistert und haben die Arbeit in höchsten Tönen gelobt", sagt Klaus Mandery.
Trotz der sehr guten Note und dem großen Anklang, den ihre Facharbeit fand, will Nadja diese Saat vorerst nicht ernten. Jetzt nach dem Abitur steht erst einmal Urlaub an. Und im Herbst beginnt sie dann ein duales Studium bei der Firma Bosch.
"Die Qualitäten, die sie bei diesem Projekt gezeigt hat, wird sie aber auch dort brauchen können", meint Klaus Mandery, der die Partnerschaft mit Bayer CropScience fortführen und weitere gemeinsame Projekte machen möchte. "Nadjas Ergebnisse haben schon die nächsten Fragen aufgeworfen, die nach Antworten verlangen." Es ist eben wie das Spiel vom Hasen und Igel.