„Eine Ära von mehr als 47 Jahren im Schloss, also fast einem halben Jahrhundert, neigt sich nun dem Ende entgegen, und es gilt den Blick nach vorne zu richten und zufrieden zu sein mit dem Erreichten an den neuen Standorten.“ So beschreibt Diakon Günter Schubert in seinen Gedanken zum Jahreswechsel für die Mitarbeiter die derzeitige Lage. Zudem meint er: „Allen Kritikern und Bedenkenträgern zum Trotz zeigt sich in diesen Tagen, dass ein neues Kapitel der Rummelsberger Behindertenhilfe in den Haßbergen bereits begonnen hat.“
Rückblick: Das „Kapitel Behindertenhilfe“ – speziell im Schloss Ditterswind, das im Jahre 1950 von den Rummelsbergern gekauft wurde – begann vor knapp 50 Jahren, als im Frühjahr 1967 das Kindergenesungsheim vor seiner Auflösung stand und man das Schloss seiner neuen Bestimmung als Behindertenheim zuführte. Die Tagespresse titelte damals: „Vom Kinderschloss zum Schloss der Barmherzigkeit“. Der Kaufpreis war auf rund 95 000 DM angesetzt. Die Bevölkerung von Ditterswind und Umgebung (einschließlich der Dekanate Rügheim, Michelau und Ebern-Eyrichshof) wurde seinerzeit zur finanziellen Unterstützung aufgerufen. Insgesamt konnten 20 000 DM aus Spenden (zumeist Anteilscheine) zur Verfügung gestellt werden.
Bereits 13 Jahre nach der Eröffnung als „Heim für geistig und körperlich behinderte Männer“ – nämlich im Jahr 1980 – sah sich der damalige Landrat Walter Keller genötigt, Rektor Neukamm mit folgenden Worten an diese Tatsache zu erinnern: „Die Einrichtung eines Pflegeheimes für Behinderte hat der vormaligen Gemeinde Ditterswind und der jetzigen Gemeinde Maroldsweisach erhebliche Opfer und Investitionen abverlangt.“ Dieses Schreiben resultierte aus dem Vorhaben, dass die Rummelsberger Anstalten das Pflegeheim auflösen und die weit über 100 Pflegebedürftigen ins mittelfränkische Pappenheim verlegen wollten. Nach heftigen Protesten kam es zu einer grundlegenden Sanierung und Modernisierung, und man hielt erneut Einzug in das nun renovierte Schloss.
Die Entwicklungen in der Behindertenarbeit, die sich seit den 1990er Jahren immer deutlicher abzeichnen, gingen auch an Ditterswind nicht spurlos vorüber. Das „Hauseltern-Prinzip“, wie es unter Johannes und Elisabeth Hantke, Gerhard und Margarete Dreikorn sowie Otto und Gisela Friedrich gepflegt worden war, ging über in die neue Definition „Heimleiter“ (Alfred Müller beziehungsweise Jürgen Hofmann), und heute heißt dieses Amt „Regionalleiter Unterfranken“, das derzeit Diakon Günter Schubert bekleidet.
Auch die Aufgaben der Mitarbeitenden haben sich grundlegend geändert: Stand am Anfang die Verwahrung im Vordergrund, geht es heute um Unterstützung, Assistenz und Alltagsbegleitung für Menschen mit Behinderung. „Der Wandel vollzog sich vom Beschützer zum Ermöglicher“, wie Diakon Schubert schreibt.
Und für die Mitarbeitenden dürfte es nicht einfach sein, die Arbeitsstelle von Ditterswind nach Ebelsbach, Zeil oder Ebern zu verlegen. Auf jeden Fall gehen aber die Arbeitsplätze in Ditterswind verloren.
Fast alle noch im Schloss Ditterswind lebenden Bewohnerinnen und Bewohner siedeln in den nächsten Tagen nach Zeil beziehungsweise Ebelsbach um. Die Ditterswinder Bevölkerung sieht diesen Umzug mit gemischten Gefühlen, geht doch eine jahrzehntelange Verbindung größtenteils in die Brüche.
Und eine rund 20-köpfige Gruppe wird im Frühsommer Wohnungen in Ebern beziehen können. Bis dahin wird sie von einem Mitarbeiterteam betreut, dem Gabriele Hofmann als Wohnbereichsleiterin vorsteht.
Alle Mitarbeiter, die Leitung sowie alle Bewohnerinnen und Bewohner von Schloss Ditterswind wollen den bisherigen Lebens- und Arbeitsbereich nicht ohne Worte des Dankes und des Abschieds verlassen. Gerne denkt man an die unzähligen Feste mit ihren vielfältigen Begegnungen sowie an alle sonstigen Veranstaltungen beziehungsweise Aktivitäten zurück. Bei denen wurde die Verbindung mit der Bevölkerung in besonderer Weise sichtbar.
Und wer erinnert sich nicht an den Fernsehgottesdienst vor 20 Jahren? Die Ditterswinder verlieren ihre „Schlösser“, wie einige die Bewohner scherzhaft nennen, nur sehr ungern. Es bleibt nun nur noch, alles in guter Erinnerung zu behalten und den einen oder anderen versprochenen Besuch in den neuen Gefilden abzustatten.
„Wir haben die Dorfbevölkerung als ,Mitarbeiter‘ kennen und schätzen gelernt, ihre Hilfsbereitschaft war beispielhaft“, so Gabriele Hofmann zurückblickend. Die Verbindung zu den örtlichen Vereinen wird an dieser Stelle besonders hervorgehoben, hierbei waren die Bewohner nicht nur bei Festen immer gern gesehene Gäste. Man war als behinderter Mensch in Ditterswind einfach integriert – auch ohne UN-Behindertenkonvention.
Die Dorfbevölkerung wünscht den Bewohnerinnen und Bewohnern nun „rasches Eingewöhnen“ und „alles Gute“.