Parole: Niemals aufgeben! Noch immer hängt die Zeichnung mehrfach im Feuerwehrhaus von Fitzendorf, das an diesem Tag als Wahllokal dient. Der Frosch, der, obwohl ihn der Storch schon im Schnabel hat, selbigen entschlossen an der Gurgel packt: Die Fitzendorfer Bürger sehen darin ihren Widerstand gegen die Gemeinde dargestellt.
Kurz vor Schließung des Wahllokals gibt sich Ortssprecher Matthias Wernthaler verhalten optimistisch, was die Aussichten des Bürgerbegehrens betrifft. „Sehr positiv“ sieht er die hohe Wahlbeteiligung in Fitzendorf. Und zumindest hier rechnet er mit einem eindeutigen Ergebnis zugunsten der Eigenständigkeit. „Es spricht schon einiges dafür, dass Fitzendorf dahinter steht.“
Natürlich ist ihm klar, dass Fitzendorf und Leuzendorf zusammen zu wenig Wahlberechtige haben, um eine Mehrheit zu erreichen, aber eine Zahl macht ihm Hoffnung: 400 000 Euro, die geschätzten Kosten für die Sanierung der Abwasseranlagen in Fitzendorf und Leuzendorf zusammen, die im Lauf der Woche bekannt gegeben worden waren. 400 000 Euro, die die Grundstückseigentümer in Burgpreppach, Ibind und Hohnhausen nicht mittragen müssten, wenn Fitzendorf und Leuzendorf selbstständig würden.
Die Wahlhelfer sind um diese Zeit unter sich. Die letzten Wähler, berichten sie, waren um 16 Uhr da. Das Radio läuft, der genauen Uhrzeit wegen. Bei den Meldungen der Sechs-Uhr-Nachrichten hört schon keiner mehr hin. Roland Schmidt und sein Sohn Daniel hieven die Urne hoch, und es geht ans auszählen. Volle Konzentration.
Das Ergebnis bestätigt die Hoffnung von Wernthaler – zumindest für Fitzendorf: 56 Wahlberechtigte, 56 Ja-Stimmen für das Bürgerbegehren, 100 Prozent. Manfred Fuchs, Sprecher der Bürgerinitiative für die Eigenständigkeit, ist ebenfalls nicht überrascht. Aber: „Die anderen Ergebnisse sind entscheidend.“ Darauf wartet man nun gemeinsam, immer mehr Bürger finden sich ein. Während die Stimmzettel im versiegelten Umschlag ihre Reise nach Hofheim antreten, wird am Feuerwehrhaus der Grill angeschürt.
Etwas mehr als eine Stunde später steht das Gesamtergebnis fest. Trotz der Mehrheit für das Ratsbegehren war der Kampf der Fitzendorfer nach Ansicht von Wernthaler nicht vergeblich. „Die Bürger haben versucht, sämtliche Möglichkeiten auszuschöpfen.“ Und: „Das eine ist geklärt“, sagt Wernthaler, in einem zweiten Punkt sieht er noch „Diskussionsbedarf“. Er spricht von „Missständen“ an der Fitzendorfer Kläranlage, die schon länger bekannt, aber seitens der Gemeinde nicht beseitigt worden seien.
Hermann Niediek, Initiator des Ratsbegehrens, zeigt sich zufrieden mit dem Votum zugunsten des Ratsbegehrens: „73 Prozent, das ist schon gut“. Und jetzt „muss es vorwärts gehen. Das heißt für den dritten Bürgermeister vor allem: „Wir müssen dran arbeiten, dass die Leute wieder zusammenfinden.“
Dass das Bürgerbegehren wohl kaum zum Zuge kommen wird, das schwante bereits geraume Zeit vor dem Schließen des Wahllokals auch einer „verspäteten Frühschoppen-Runde“ in Leuzendorf. „Mit Sicherheit wird es nicht durchgehen. Es wird bleiben wie es ist“, sagt einer der Männer. „Alles andere wäre eine riesige Überraschung“, ist sich die Runde einig. Und führt zugleich auch ihre Gründe ins Feld. Zum einen: Die Stimmen aus Fitzendorf und Leuzendorf sind einfach zu wenig. Und außerdem, mit Bitterkeit: „Selbst die Leuzendorfer sind doch gespalten. Ich schätze, hier wird das Ergebnis Fifty-Fifty sein“.
Dass das Bürgerbegehren zu wenige Stimmen aus den anderen Ortschaften mobilisieren kann, um erfolgreich zu sein, das zeigte sich im Viertelstundentakt in der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim, wo bei Siegfried Schneider und seinem Team die Wahlhelfer die Ergebnisse ablieferten. Allein Burgpreppach selbst und die Gemeindeteile Hohnhausen und Ibind sprachen sich beinahe geschlossen – jeweils weit über 90 Prozent – für das Ratsbegehren aus.
Aber zumindest das von der Leuzendorfer Frühschoppen-Rund befürchtete Fifty-Fifty in der Gemeinde wurde nicht wahr: Gut 80 Prozent der Leuzendorfer sprachen sich für das Bürgerbegehren aus. Lagen aber damit immer noch weit unter den 100 Prozent, mit dem Fitzendorf für die Eigenständigkeit gestimmt hatte.
Bemerkenswert – und dieses Urteil war in fast allen Wahllokalen am Nachmittag zu hören: die hohe Wahlbeteiligung. Öfters hieß es dort trotz der Flaute zur Kaffee-Zeit: „Wir haben schon mehr wie bei einer Landtagswahl“.
Dass man allein mit eigener Kraft nicht erfolgreich sein werde, das sei allen klar gewesen, sagte bei der abschließenden Sitzung des Abstimmungsausschusses in der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim Frank Fischer von der Bürgerinitiative für die Eigenständigkeit von Fitzendorf und Leuzendorf. Schade sei es, so Fischer, „dass unsere Arbeit nicht belohnt wurde“, denn man habe mit viel Herzblut gekämpft. „Traurig“ sei es, so Fischer, dass es überhaupt so weit habe kommen müssen. „Das Bürgerbegehren war unsere letzte Option“.
Heftige Vorwürfe in Richtung Bürgermeister Karlheinz Denninger gab es von Stefan Fuchs. „Wir sind links liegen geblieben und als Querulanten bezeichnet worden“, so Fuchs. Er kritisierte zudem: „Ihr tut nichts für das Miteinander, das ist traurig“. Eigentlich „seid Ihr doch da, um die Solidargemeinschaft aufrecht zu erhalten“. Er spüre nichts von Bürgernähe.
Zum Ausgang des Bürgerentscheids erklärte Fuchs: Dass die anderen stärker sein würden, das sei klar gewesen, „aber wir wollten zeigen, dass man so nicht mit uns umspringen kann“. Froh sei er, dass es solch ein Instrument wie das Bürgerbegehren gebe.
Die Vorwürfe von Fuchs seien „eine große Lüge“, erwiderte Bürgermeister Denninger. Man habe vielmehr den Dialog gesucht. Denninger erinnerte dabei unter anderem an ein Gespräch im Landratsamt.
Ergebnis Bürgerbegehren
Das Ergebnis für das Bürgerbegehren, aufgegliedert nach den einzelnen Gemeindeteilen und Briefwahl. Burgpreppach: 12 Ja, 186 Nein Ueschersdorf/Birkach: 45 Ja, 9 Nein Gemeinfeld: 47 Ja, 31 Nein
Ibind: 0 Ja, 110 Nein Leuzendorf: 66 Ja, 14 Nein Fitzendorf: 56 Ja, 0 Nein Hohnhausen: 2 Ja, 79 Nein Urnenwahl gesamt: 228 Ja, 429 Nein Briefwahl: 31 Ja, 156 Nein Gesamtergebnis: 259 Ja, 585 Nein.
Ergebnis Ratsbegehren
Das Ergebnis für das Ratsbegehren, aufgegliedert nach den einzelnen Gemeindeteilen und Briefwahl. Burgpreppach: 207 Ja, 12 Nein Ueschersdorf/Birkach: 8 Ja, 45 Nein Gemeinfeld: 34 Ja, 43 Nein
Ibind: 119 Ja, 1 Nein Leuzendorf: 15 Ja, 63 Nein Fitzendorf: 1 Ja, 53 Nein Hohnhausen: 88 Ja, 2 Nein Urnenwahl gesamt: 472 Ja, 219 Nein Briefwahl: 188 Ja, 26 Nein Gesamtergebnis: 660 Ja, 245 Nein.
Bürger- und Ratsbegehren in Burgpreppach
Der Stimmzettel enthielt am Sonntag in Burgpreppach drei Fragen.
Zum einen ging es um den „Erhalt der Solidargemeinschaft Abwasser“ (Ratsbegehren) und zum anderen um die „Eigenständigkeit der jeweiligen Kläranlagen der Ortsteile Leuzendorf und Fitzendorf mit eigenen Gebührensatzungen“ (Bürgerbegehren). Beide Fragen waren entweder mit Ja oder mit Nein zu beantworten.
Für die erfolgreiche Annahme eines Begehrens, egal ob Bürger- oder Ratsbegehren, ist natürlich erst einmal die Mehrheit der Abstimmenden notwendig. Allerdings sind an diese Mehrheit noch Voraussetzungen geknüpft. Es gibt eine wichtige Hürde: das so genannte Quorum. Das heißt: Ein Begehren ist nur dann tatsächlich „mehrheitlich“ mit Ja angenommen, wenn (in einer Gemeinde mit bis zu 50 000 Einwohnern, wie in der Marktgemeinde Burgpreppach) diese festgestellte Mehrheit auch noch aus mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten besteht. Damit soll verhindert werden, dass etwa bei einer sehr geringen Wahlbeteiligung eine verschwindend kleine, einfache Minderheit sich plötzlich in der Mehrheit befindet und Entscheidungen treffen kann, die dann für alle bindend wären.
Zumindest theoretisch hätte es in Burgpreppach sein können, dass beide Begehren erfolgreich gewesen wären und sich gegenseitig aufgehoben hätten. Für diesen Fall des „Unentschiedens“ mussten die Wähler mit einem Kreuzchen vorsorglich auch noch die dritte Frage, gleichsam die Stichfrage beantworten. „Welche Entscheidung soll dann gelten?“, lautete diese Frage. kv