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HASSFURT: Die kaum sichtbare Krankheit Depression

HASSFURT

Die kaum sichtbare Krankheit Depression

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    Tina Lenhart von der „Gesundheitsregion plus“, Klinik-Vorstand Stephan Kolck, Landrat Wilhelm Schneider und Herbert Ritter (von links) betrachten zusammen mit Teilnehmern Bilder mit von der Krankheit betroffenen Menschen.
    Tina Lenhart von der „Gesundheitsregion plus“, Klinik-Vorstand Stephan Kolck, Landrat Wilhelm Schneider und Herbert Ritter (von links) betrachten zusammen mit Teilnehmern Bilder mit von der Krankheit betroffenen Menschen. Foto: Günther Geiling

    „Obwohl oder gerade weil eine Depression kaum sichtbar für Außenstehende ist, stellt sie eine ernst zunehmende, aber auch behandelbare Krankheit dar. Mit der Ausstellung wollen wir dazu beitragen, über die Bedeutung der Erkrankung aufzuklären und Hilfen zu vermitteln.“ Dies betonte Landrat Wilhelm Schneider bei der Eröffnung der Ausstellung „Mut-Tour“ in der Haßberg-Klinik in Haßfurt.

    Die Ausstellung ist ein Baustein der aktuellen Schwerpunkt-Kampagne des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege, die unter dem Motto „Bitte stör mich – Aktiv gegen Depressionen“ steht. Landrat Schneider freute sich über die anwesenden Teilnehmer aus dem Kreistag und der Gesellschaft, darunter auch betroffene Mitbürger. Es sei schön, dass sie sich mit dem wichtigen Thema Depression auseinandersetzten.

    „Die Erkrankung ist leider häufig immer noch ein Tabuthema“

    Wilhelm Schneider, Landrat

    „Die Erkrankung ist leider häufig immer noch ein Tabuthema, obwohl bei rund einem Drittel der Erwachsenen in Deutschland im Laufe eines Jahres psychische Störungen festgestellt wurden. Dies zumindest ergab eine Studie des Robert-Koch-Instituts“, betonte Schneider. Auf Bayern bezogen bedeute dies, dass rund 4,2 Millionen Menschen von Depressionen sowie Angst- oder alkoholbedingten Störungen betroffen seien. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation zählten in den vergangenen Jahren depressive Störungen zu den weltweit häufigsten Krankheiten.

    Zu berühmten Personen, die unter dieser Krankheit gelitten hätten, hätten Wolfgang von Goethe, Pablo Picasso, Lady Diana, Robert Enke und Siegmund Freund gezählt. Mit der Ausstellung in der Haßberg-Klinik wolle man nun erreichen, dass alle hinsähen, nachfragten und Betroffenen Mut und Beistand gäben. Man habe bewusst die Haßberg-Klinik als Ausstellungsort für die „Mut-Tour“ gewählt, um möglichst viele Menschen anzusprechen und für dieses Thema zu sensibilisieren.

    Vielleicht gelinge es, durch Veranstaltungen wie diese, eine neue Form der Auseinandersetzung mit der Krankheit zu finden.

    Die „Mut-Tour“ mit dem Titel „Deutschland, eine Reise . . .“ zeige anschaulich, welche Möglichkeiten sich beispielsweise über gemeinsame sportliche Aktivitäten mit Betroffenen ergäben. Die sehr ansprechenden Fotos machten deutlich, dass Menschen mit Depressionen nicht nur dunkle Momente erlebten, sondern auch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen könnten. Im Landkreis gebe es zum Glück bereits ein dichtes Netz an Hilfen, die Betroffene und Angehörige dabei unterstützten, ihren Alltag zu meistern. So gebe es beispielsweise Selbsthilfegruppen oder den Sozialpsychiatrischen Dienst des Caritasverbandes.

    Die „Mut-Tour“ sei Deutschlands erstes Aktionsprogramm auf Rädern, das seit dem Jahre 2012 durch Deutschland rolle und einen Beitrag zur Entstigmatisierung der Depression als Krankheit leiste. Depressionserfahrene und -unerfahrene Menschen radelten in Etappen und mit Zeltbetrieb durch ganz Deutschland. Die Grundidee sei dabei, mit Betroffenen und Nicht-Betroffenen gemeinsam Sport, Struktur und Natur zu erleben und täglich Öffentlichkeitsarbeit zu leisten.

    So werde das schwere Thema leicht verpackt. Mit der Begegnung gegen Vorurteile erreiche man Millionen Menschen.

    2016 führte die „Mut-Tour“ auch über Haßfurt. Herbert Ritter aus Erlangen war einer der Teilnehmer. Er bezeichnete Haßfurt als einen der „urigsten Plätze“ auf der Tour von Bremen über Mainz nach Haßfurt. Man habe nämlich auf dem Flugplatzgelände die Zelte aufgeschlagen. Bei dieser Tour führen Betroffene und Nicht-Betroffene gemeinsam auf einem Tandem. Und man wisse am Morgen noch nicht, wo man am Abend lande. „Mit 60 Jahren im Zelt unter einem Sternenhimmel zu übernachten, ist Natur pur. Ich war am Ende völlig begeistert.“

    Herbert Ritter erzählte auch aus seinem Leben als Betroffener. „Schließlich bin ich sogar als Ingenieur tätig. Aber mein Chef weiß Bescheid und findet alles okay. Mit einer Depression kann man nämlich auch arbeiten. Zwar fällt man manchmal in eine besondere Phase, aber man arbeitet auch völlig normal.“ Dies sei eine Botschaft an die Arbeitgeber. Denn oft erlebe man auch, dass sie Leuten mit Depressionen einfach kündigten und dann entließen. Das werde der Krankheit nicht gerecht.

    „Kleine Engel“

    Auf den Rad-Etappen über tausende Kilometer sei man vielen Leuten begegnet und habe wunderbare Menschen als Helfer oder „kleine Engel“ erlebt. Die „Mut-Tour“ finde auch im Jahre 2017 statt. Sechs Personen führen dabei auf drei Tandems durch Deutschland, träfen täglich Journalisten und zeigten, dass auch Depressionserfahrene „sehr wohl etwas auf die Kette kriegen.“

    Herbert Ritter lud Betroffene zum Mitmachen in Selbsthilfegruppen ein, weil man dort frei miteinander sprechen könne. Mut treffe dort auf Verständnis, wenn man sage: „Ich habe Depressionen.“ Mit einer Depression könne man nämlich in ein tiefes, dunkles Loch fallen, in dem man sich wie eingemauert fühle. Aber man könne dann auch wieder die bunte, schöne Welt erleben.

    Monika Strätz-Stopfer, die Leiterin der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe am Landratsamt, wies darauf hin, dass es vier Selbsthilfegruppen im Landkreis gebe und ein dichtes Netz von Hilfen.

    Tina Lenhart, die Geschäftsstellenleiterin der „Gesundheitsregion plus“ am Landratsamt, erläuterte die Ausstellung. Die ist im Krankenhaus Haßfurt in den Gängen zwischen der Patientenaufnahme und der Bereitschaftspraxis bis 1. Mai zu sehen.

    Alexander Müller und Peter Schmitt begeisterten mit ihren „Liedern für die Seele“, wobei Gitarrist Alexander Müller nicht verschwieg, dass er seit 19 Jahren von dieser Krankheit betroffen sei und seit zehn Jahren nicht mehr arbeite. Über eine Selbsthilfegruppe mit Musik habe er viel für sich selbst erreicht, aber auch für andere. Auch wenn die Krankheit nicht weg sei, habe sich die Psyche doch zusehends erholt.

    Internet-Kontakt: www.mut-tour.de

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