Die Familie Maar habe einen ausgeprägten Familiensinn, schreibt Johanna Maar an ihren Sohn Paul. Sie lernte ihn kennen, als sie Pauls Vater heiratete. Sie ist jedoch nicht – wie im Märchen – eine „böse Stiefmutter“. Im Gegenteil. Und sie bescherte dem kleinen Paul einen Großvater, der ebenfalls sehr wichtig in seinem Leben war – sein geliebter Opa Schorsch aus Obertheres im Landkreis Haßberge. Paul Maar beschreibt ihn als großartigen Geschichtenerzähler.
Von ihm dürfte sich der 1937 in Schweinfurt geborene Buchautor einiges „abgehört“ haben. Davon profitieren nicht nur ungezählte Kinder und erwachsen gewordene Kinder, die bis heute seine Werke verschlingen, sei es „Der tätowierte Hund“, sein erstes 1968 erschienenes Buch, die Geschichten vom „Sams“ oder „Lippels Traum“. Bereits als Student wurde Paul Maar selbst Vater. Er hat die Familientradition fortgeführt und in seiner Tübinger „Elternzeit“, als seine Frau Nele ihr Psychologie-Studium beendete, seinen drei Kindern großartige Geschichten erzählt – und aufgeschrieben. Seither hat er viele Geschichten und auch Theaterstücke ausgedacht, zu Papier gebracht und meist auch illustriert.
Schreiben und Malen gehören bei ihm zusammen. Ein früher Berufswunsch war, bildender Künstler zu werden. Aber das Geschichtenerfinden machte Paul Maar, der einige Zeit als Kunsterzieher seine Schüler zu kreativen Arbeiten motivierte, dann doch noch ein wenig mehr Spaß. Einige seiner Figuren sind eng mit seinem Leben verbunden. Lippel sei ebenso ein verträumter Junge, wie er selbst einer war, verriet er einst in einem Interview. Ebenso, dass er wie Lippel eingemachtes Obst liebt. Er kann sich noch genau an die Vorfreude erinnern, wenn „seine Mutter“, wie er Johanna nennt, ein Glas mit „Ringlos“ (für Nichtfranken: Reineclauden) geöffnet hat. Fiktion und Leben vermischen sich auch in „Kartoffelkäferzeiten“. Darin geht es um das Mädchen Johanna, das nach dem Zweiten Weltkrieg in Franken aufwächst. Er bezeichnet das Buch als sein persönlichstes und hat mit der Namensnennung seiner Mutter damit ein Denkmal gesetzt.
Zu Johannas 100. Geburtstag am heutigen Mittwoch hat ihr Paul Maar, der in Bamberg und Birkenfeld (Lkr. Haßberge) lebt, einen öffentlichen Liebesbrief geschrieben, der zuerst in der „Zeit“ erschienen ist und den wir auf dieser Seite veröffentlichen. Die Worte haben seine Mutter sehr gerührt und zu einem Antwortbrief inspiriert, der ihrem Sohn auf dieser Seite exklusiv zugestellt wird. Eine Überraschung, die auch dem Sams gefallen würde.