Heinz Braunreuther, ehrenamtlicher Leiter des Museums in Burgpreppach und leidenschaftlicher Sammler von Alltagsgegenständen aus vergangenen Jahrzehnten, wirkt nachdenklich. Nachdem mehrere Versuche gescheitert sind, seine Sammlung einer breiten Öffentlichkeit in einem geräumigen Museum zu präsentieren, macht er sich Sorgen um den Fortbestand des Lebenswerks. Denn: „Schließlich wird man ja nicht jünger.“
Das Erdgeschoss eines Wohnhauses in einer Seitenstraße in Neubrunn ist regelrecht vollgestopft mit Tausenden Gegenständen. Man würde Stunden brauchen, um sich auch nur einen groben Überblick zu verschaffen. Doch wer denkt, dass diese erdrückende Flut von Exponaten schon das Ende der Fahnenstange ist, der irrt.
Zahlreiche Depots
Quer über den Landkreis verteilt hat Braunreuther weitere Depots. Er muss sich konzentrieren, um beim Aufzählen noch den Überblick zu behalten: In Rentweinsdorf, „beim Baron“, hat der Sammler zum Beispiel seine Krippen und alle anderen Teile untergebracht, die irgendwie mit Weihnachten zu tun haben. In Obertheres lagert seine Sammlung mit alten Rundfunkgeräten. In Ostheim ist die komplette Einrichtung eines historischen Friseursalons untergestellt. In der alten Schule von Sulzbach hat der Museumsleiter vom Hofheimer Bürgermeister Wolfgang Borst ebenfalls Depoträume zur Verfügung gestellt bekommen. In Burgpreppach im öffentlich zugänglichen Museum werden Einrichtungsgegenstände und Kleidung aus den 50-er und 60-er Jahren gezeigt. „Ach ja“, fällt es Heinz Braunreuther wieder ein, „auch in Baunach ist noch Material von mir gelagert.“
Für das Zustandekommen des riesigen Sammelsuriums mit mehreren zehntausend Objekten ist Heinz Braunreuther letztlich aber nicht alleine verantwortlich. Die eigentliche Initiatorin war vor Jahren seine Tochter Carmen, die in Bamberg Volkskunde studierte. Während ihres Studiums hatte sie sich auf Objekte der Volksfrömmigkeit konzentriert und mit den Sammeln begonnen. „Jedes Wochenende waren wir auf Flohmärkten unterwegs“, erinnert sich ihr Vater. „Da haben wir jedes Mal Hunderte Mark ausgegeben.“ Auch keine Sperrmüllsammlung im Haßgau und in den angrenzenden Landkreisen verstrich, ohne dass Vater und Tochter an den Straßenrändern unterwegs waren, um unter dem achtlos Weggeworfenen nach Schätzen zu suchen.
Und so kam der Grundsockel der Sammlung zustande: Hunderte Andachtsbilder und gestickte Haussegen, Weihwasserkesselchen zu Dutzenden, Regale voller Heiligenfiguren und Stehkruzifixe, Rosenkränze und Kerzenständer, Eingerichte unter dem Glassturz, und und und...
Die Tochter hat ihn angesteckt
„Ich habe mich vom Sammelfieber mein Tochter anstecken lassen“, gesteht Heinz Braunreuther. Fortan war es seine Leidenschaft, alte Dinge aufzuheben, sie einzulagern und sie so für die Nachwelt zu bewahren. Und dies nicht nur zwei- oder dreifach, sondern immer gleich in mehreren Dutzend: Kinderspielzeug, vom Brettspiel bis zur Ritterburg; alte Küchen-Utensilien vom Fleischwolf bis zum Blech-Seier; Feuerwehrzubehör vom ledernen Löscheimer bis zu Feuerwehrhelmen; Geschirr vom Porzellan bis Steingut. An den verschiedenen Räumen seiner Depots gibt es meist nur noch schmale Gassen, wo man sich vorsichtig durch die aufgetürmten Seltenheiten bewegen kann.
„Meine Tochter wollte nach dem Studium die Sammlung zu ihrem Beruf machen“, erzählt Braunreuther, vielleicht einen Handel aufmachen. Doch alles kam anders. Ganz anders, als es sich Heinz Braunreuther vorgestellt hatte. Während Tochter Carmen noch an ihrer Doktorarbeit schrieb – sie befasste sich wissenschaftlich mit Schutzengel-Darstellungen – teilte sie ihren Eltern plötzlich mit, dass sie in ein Kloster eintreten wird. „Sie hat über Nacht alles hingeworfen.“ Heute lebt das einzige Kind der Braunreuthers als Nonne in einem Kloster im italienischen Assisi. Den Kontakt zu den Eltern hat sie stark zurückgefahren – weil es angeblich die Klosterregeln so vorschreiben. Man merkt: Das hat Heinz Braunreuther tief getroffen.
Und so macht sich der Neubrunner immer mehr Gedanken, was einmal mit seiner Sammlung passieren wird – dann, wenn er selbst nicht mehr ist. Ein großes Museum, wo ein Querschnitt seiner Sammlung gezeigt werden könnte, das wäre sein Traum. Jahrelang hat der inzwischen pensionierte Schneidermeister und Bekleidungstechniker dafür gekämpft, nachdem das von ihm 1998 gegründete Museum in Burgpreppach aus allen Nähten platzt. Eine aus seiner Sicht ideale Lösung wäre das ehemalige Stofflager im Untergeschoss von Erbelle in Zeil gewesen. 2000 Quadratmeter Ausstellungsfläche und 2000 Quadratmeter Lager – dort hätte Braunreuther seine Schätze optisch ansprechend ausbreiten können. „Mit dem Seniorchef war ich schon einig, doch seine Tochter hatte dann kein Interesse mehr.“
Eine zweite – zugegeben etwas verwegene – Idee verfolgte der 66-Jährige im Anschluss. Er sprach beim Haßfurter Bürgermeister Rudi Eck vor, ob der sich eine „Museen-Landschaft“ im leerstehenden EZO-Gebäude vorstellen könne. „Doch da waren die Würfel für den Abriss und Neubau des Amtsgerichts schon längst gefallen“, erzählt Braunreuther.
Macht sich allmählich Resignation breit? „Nein, ich hoffe immer noch“, macht sich der Sammler selbst Mut – um dann im gleichen Atemzug aber darüber nachzudenken, sich von einigen Sammlungsgebieten zu trennen. „Wenn Sammler oder Museen etwas wollen, dann bekommen sie es. Zum Selbstkostenpreis.“