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Die Sprache der Pferde sprechen

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Die Sprache der Pferde sprechen

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    Auch solche Kunststückchen gehören zum Training: Die Stute "Dee Sandy Dee" hat vollstes Vertrauen zu ihrem Besitzer Bertram Reußenzehn. Pferde
legen sich nur dann freiwillig hin, wenn sie sich sehr sicher fühlen.
    Auch solche Kunststückchen gehören zum Training: Die Stute "Dee Sandy Dee" hat vollstes Vertrauen zu ihrem Besitzer Bertram Reußenzehn. Pferde legen sich nur dann freiwillig hin, wenn sie sich sehr sicher fühlen. Foto: FOTO JOHANNA KRUG

    "Sie muss so lange laufen, bis sie Zeichen von Unterwerfung zeigt", sagt Bertram Reußenzehn und scheucht die dreijährige Pinto-Stute "It's Showtime Sandy" im Round-Pen herum, einem runden, eingezäunten Sandplatz. Schließlich fängt sie an, ihr Maul zu lecken und zu kauen. So gibt sie zu verstehen, dass sie ihren Trainer als "Chef" anerkennt.

    Reußenzehn, hauptberuflich verleiht er Gerüste, ist schon seit 20 Jahren begeisterter Western-Reiter. Ihn faszinieren die ungewöhnliche Reitweise, die aus Elementen der Cowboy-Arbeit besteht, und die gescheckten Pferde, die Pintos. Das ist keine eigene Rasse, nur die Bezeichnung für Schecken, die Ponys, Araber und Warmblüter sein können.

    Seit zwei Jahren betreiben er und seine Partnerin Manja Mehner ihren Reitstall in der Sulzenmühle bei Goßmannsdorf, seit letzter Woche ist er vom Veterinäramt geprüft. Sie geben regelmäßig Reitstunden und veranstalten geführte Ritte. Daneben bilden sie junge Pferde aus, auch wenn sie später nicht im Western-Stil geritten werden sollen.

    Reußenzehn und Mehner züchten auch seit vielen Jahren die Pintos, eine Kreuzung aus Araber und Paints, gescheckten Quarter-Horses. Das sind die typischen nordamerikanischen Cowboypferde. Im Moment sind zwei Fohlen auf dem Hof. Jedes Jahr nehmen sie mit ihrem Nachwuchs auch an Zuchtschauen teil und werden immer hoch prämiert.

    Pferdebesitzer, die mit ihrem Tier Probleme haben, kommen zum Training vorbei. "Schwierigkeiten gibt es meistens mit der Dominanz, viele Leute verkennen, dass das Pferd ein Leittier braucht", so Reußenzehn. Kann der Mensch sich nicht als ranghöher etablieren, nimmt das Pferd die Zügel selbst in die Hand. "Wir bringen den Leuten die Pferdesprache bei. Nur so kann man mit dem Tier arbeiten, menschliche Gesten versteht es nicht." Wichtig ist vor allem, das Tier nicht als gleichgestellten Partner zu betrachten, sondern es sich unterzuordnen.

    Das ist auch Ziel der Übung mit der dreijährigen Stute. Sobald sie sich unterwirft, hört Reußenzehn auf, sie um den Round-Pen zu schicken. Als nächstes soll sie ihm ohne Führstrick nachfolgen. Heute hat sie nicht so recht Lust dazu, "dann muss sie eben nochmal laufen." Für den Trainer ist Konsequenz die Hauptsache, dafür braucht man natürlich Zeit und Geduld. Auch viel Erfahrung mit Pferden ist wichtig. Das meiste hat Reußenzehn bei den Cowboys selbst gelernt, Anfang der 90er Jahre arbeitete er für insgesamt drei Monate auf Ranches in Amerika.

    In Deutschland bildet er sich mit Partnerin Mehner bei Roger Kupfer weiter, einem sehr bekannten Western-Trainer. "Er ist unser Vorbild", sagt Mehner. Seit sechs Jahren lebt sie mit Reußenzehn zusammen, zehn Monate alt ist die kleine Tochter Tabea. Bald wird noch weiterer Familienzuwachs erwartet.

    Die Arbeit mit den Pferden lastet die beiden voll aus, über Mundpropaganda verbreitet sich schnell ihr guter Ruf. "Wir nehmen maximal zwei Problempferde auf. Der Besitzer muss auch am Training teilnehmen, es bringt nichts, wenn wir nur mit dem Pferd arbeiten. Oft liegt es auch am Reiter, dass das Tier Schwierigkeiten macht." Die Erfolge des gewaltlosen Trainings bestätigen seine Methoden. Bis jetzt hat sich noch keiner beschwert, dass nach dem Aufenthalt bei ihm Pferd und Reiter nicht "funktionierten".

    Reußenzehn bietet auch einen besonderen "Service" für echte Cowboys an: Die Reiter können ihr Pferd an Rindern ausbilden. Hier werden die Western-Techniken des "Cutting" und "Team-Penning" geübt. Beim Cutting geht es darum, ein bestimmtes Rind von der Herde abzutrennen, das Team-Penning beinhaltet zusätzlich das Treiben in ein Gatter. Im Winter kommt auch einmal im Monat eine Gruppe Lassowerfer zum Üben des "Ropings" vorbei.

    Das alles hat nichts mit Cowboy-Romantik zu tun. "Ich möchte mit Sicherheit auch nicht als 'Pferdeflüsterer' bezeichnet werden", sagt Reußenzehn, "unser Pferdetraining ist einfach nur grundsolide Arbeit, die auf jahrelanger Erfahrung und fundiertem Fachwissen beruht."

    "It's Showtime Sandy" ist mit dem Training fertig. Sie hat gut mitgemacht und darf sich jetzt endlich über ihr Abendessen her machen.

     
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