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Die Stimme des Papstes

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Die Stimme des Papstes

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    Die Redakteurin: Birgit Pottler aus Zeil bei ihrer Arbeit im Studio von Radio Vatikan in Rom.
    Die Redakteurin: Birgit Pottler aus Zeil bei ihrer Arbeit im Studio von Radio Vatikan in Rom. Foto: FOTO PRIVAT

    Birgit Pottler (28) aus Zeil ist die unterfränkische Stimme des Papstes. Seit zwei Jahren arbeitet sie als Redakteurin in der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan (RV) in Rom. In dieser Zeit hat sie Momente erlebt, auf die andere Journalisten ein Leben lang warten.

    FRAGE: Welches war der bewegendste Augenblick, Frau Pottler?

    BIRGIT POTTLER: Es gab viele, jeder zu seiner Zeit und jeder anders: Ganz besonders und aufregend waren natürlich der Tod von Johannes Paul II. und die Wahl des neuen Papstes.

    Wie haben Sie die erlebt?

    POTTLER: Als das Konklave begann, wurde mit einem Ergebnis Mittwoch früh gerechnet. Dass schon am Dienstag um 1750  Uhr weißer Rauch aus dem Kamin der Sixtinischen Kapelle kräuseln würde, ahnte ich nicht. Ich trat entspannt um 1745  Uhr aus meinem Büro im dritten Stock und nahm den Aufzug zum Studio im fünften Stock. Als der Techniker mich da um 1751  Uhr hektisch mit den Worten empfing "Wo bleibst du denn! Es kommt Rauch!?!", fielen mir erst alle Manuskriptseiten aus der Hand. Er sagte: "Setz dich, das Mikro ist schon an!" Ich parierte. Ausgerechnet in dem Moment funktionierte die Telefon-Schalte zum Kollegen auf dem Petersplatz nicht. Ich konnte nur auf einem kleinen Fernsehbildschirm sehen, was draußen passierte. Das alles werde ich nie vergessen! Ich fühle den Adrenalinstoß heute noch. Damals hieß es: Rede um dein (Berufs-) Leben! Also legte ich los.

    Ist Papst Benedikt eigentlich Ihr Chef?

    POTTLER: Nein, genau genommen ist das der Kardinalstaatssekretär, also so etwas wie in Bayern der Leiter der Staatskanzlei. RV ist eine Abteilung des Staatssekretariats.

    Kennen Sie den Papst überhaupt persönlich?

    POTTLER: Ich bin ihm, als er noch Kardinal Ratzinger war, zweimal begegnet. Er kam mitunter zu Interviews zu RV. Kurz nach seiner Wahl war ich bei der großen Audienz für alle Medienleute. Im März besuchte er anlässlich des 75. Geburtstages kurz jede RV-Redaktion. Er wirkte sehr interessiert, gleichzeitig zurückhaltend, bescheiden, freundlich.

    Was würden Sie ihn gerne mal fragen?

    POTTLER: Wem er im WM-Halbfinale wirklich die Daumen gedrückt hat.

    Haben Sie ihn bei seinem Bayern-Besuch begleitet?

    POTTLER: Ich war im Korrespondenten-Team von RV dabei. Das reist allerdings immer alleine, nicht wie andere Korrespondenten in der Papstmaschine. Neben der Arbeit für meine Redaktion war meine Sonderaufgabe als Halb-Bayerin: den Kollegen aus Honduras, Polen oder Texas zum Beispiel erklären, warum in München kein Gebäude mehr höher als 99 Meter gebaut werden darf, ihnen die Speisekarten zu übersetzen und bei der Wahl der Biersorte behilflich zu sein. Kurz: ihnen helfen, die Heimat des Papstes zu verstehen. Zurück in Rom, musste ich dann Apfelstrudel für alle backen, den hatten sie als Lieblingsgericht entdeckt.

    "Ich würde den Papst gerne mal fragen, wem er im WM-Halbfinale wirklich die Daumen gedrückt hat"

    Birgit Pottler Radio Vatikan

    Der Papst als "Popstar", als Medienereignis - wie stehen Sie dazu?

    POTTLER: Erstens: Ich lebe zurzeit davon. Zweitens: Unsere Welt, wird von den Medien, vor allem von Bildern bestimmt. Und eine bessere Kulisse als den Petersplatz findet wohl auch der findigste Kameramann schwer. Der Papst und die katholische Kirche sind also schon ohne eigenes Zutun ein Medienereignis. Drittens: Die Medien sind eine große Chance - manchmal vielleicht sogar die einzige -, Menschen heute noch zu erreichen. Und je offener und professioneller die Kirche mit ihnen umgeht, desto besser. Der Papst als Popstar ist mir zu wenig. Der Papst als einer, der Interviews gibt, klare Mitteilungen an die Presse geben lässt, und die Korrespondenten nicht bei jeder Kleinigkeit auf Rauchzeichen warten lässt, ist unverzichtbar.

    Dürften Sie sich auch kritisch über ihn äußern?

    POTTLER: Auch im Vatikan gilt: Wes Brot ich ess', des Lied ich sing'. Direkte Zensur habe ich noch nicht erlebt. Ich halte uns für mindestens so frei im Arbeiten wie etwa Journalisten bei Nachrichtenmagazinen oder Illustrierten, die Herausgeber- und Sponsoren-Interessen gerecht werden müssen.

    Sie sagten mal, Sie reden bei RV über alle Themen - durch die christliche Brille gesehen. Wie sieht die deutsche Politik dadurch aus?

    POTTLER: Politik durch die christliche Brille gesehen kann einfach heißen, den deutschen Sozialbischof nach seiner Meinung zur Großen Koalition zu fragen. Für mich heißt das vor allem, auf den Menschen hinter der Nachricht beziehungsweise die sozialen Auswirkungen eines Ereignisses zu schauen. Bei der Fußball-WM habe ich zum Beispiel einen italienischen Pfarrer in Berlin interviewt, der Fan-Seelsorge betrieben hat. Wir haben auch über Zwangsprostitution gesprochen und natürlich das Phänomen Fußballgott. Häufige Themen im politischen Bereich sind etwa Familie, Bioethik, Menschenrechts- und Kriegsfragen oder Diskussionen um die Todesstrafe.

    Wird bei RV Musik gespielt? Wenn ja, welches sind die "Top Ten"?

    POTTLER: Die einzelnen Sprachprogramme wie wir bereiten reine Magazin- oder Nachrichtensendungen vor. Musik läuft nur als Erkennungsmelodie oder zu Untermalung. Anders auf der UKW-Frequenz, die man nur in Rom und Umgebung hören kann. Die Italiener und Engländer machen Radio, wie der Hörer von Radio Primaton es kennt. Da laufen dann die italienischen Charts oder englische und italienische Oldies.

    Gibt es im Vatikan und bei RV eine Kleiderordnung?

    POTTLER: Im Vatikan gilt: Knie und Schultern bedeckt. Touristen kennen das. Beim Radio sehen wir das etwas lockerer.

    Wie oft gehen Sie in die Kirche?

    POTTLER: Regelmäßig. Ich bin in der Pfarrei meines Viertels heimisch geworden, samt Firmkatechese und Chor.

    Wollen Sie ewig in der ewigen Stadt bleiben?

    POTTLER: Als ich zwei Monate vor meinem Umzug nach Rom zum letzten Mal die legendäre Münze in den Trevi-Brunnen geworfen habe, habe ich nicht das Wasserbecken getroffen, sondern nur den Marmor. Ich bleibe also zumindest solange, bis ich herausgefunden habe, was das bedeutet.

    Stichwort

    Radio Vatikan

    Radio Vatikan (RV), 1931 gegrün-
    det, ist "der Sender des Papstes
    mit dem Auftrag, die Lehre der
    katholischen Kirche zu verbreiten,
    über die Tätigkeiten des Vatikans
    zu berichten, das Leben der Katho-
    liken in aller Welt widerzuspiegeln
    und Fragen der Zeit aus dem Glau-
    ben zu beantworten", heißt es auf
    der Homepage. Er hat rund 210
    Redakteure/-innen und ist in
    Europa über Mittel- und Kurz-
    welle, über Satellit und im Internet
    zu hören. RV sendet in 47 Spra-
    chen aus rund 35 Sprachredaktio-
    nen - täglich insgesamt über 64
    Stunden. Die deutsche Abteilung
    hat etwa 300 000 Hörer.
    www.radio-vatikan.de

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