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HASSFURT: Durchblick für die Justiz

HASSFURT

Durchblick für die Justiz

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    Das neue Gericht soll am Eingang frei einsehbar und frei begehbar sein. Die Ecke wird mit Glas verkleidet.
    Das neue Gericht soll am Eingang frei einsehbar und frei begehbar sein. Die Ecke wird mit Glas verkleidet. Foto: Sabine Meißner

    Am Donnerstagnachmittag stand nichts Historisches auf dem Programm der Sommerreisen, die der Historische Verein Landkreis Haßberge jedes Jahr veranstaltet. Denn es wurde die zukünftige Arbeitsstätte der Justiz in der Hofheimer Straße aus nächster Nähe beäugt. Fast 50 Personen hatten sich eingefunden. Sie lauschten zuerst den Worten des Organisators Burkhard Hauck und danach den Ausführungen der Leute vom Bau.

    „Der Bau des neuen Amtsgerichtes war eine Herausforderung“, begann Christian Krafft, beratender Ingenieur und Planer aus Würzburg. Er meinte damit den Baugrund und schilderte, dass ein verfestigtes Schotterpaket eingebracht werden musste, um eine sichere Grundfläche von 30 mal 30 Metern zu schaffen. „Das war erforderlich“, sagte er, „damit sich das Gebäude später nicht schief stellt.“ Diese Bodenplatte, eine bis zu einem Meter dicke Stahlbetonplatte, bildet die Gründung. „Das Haus, ein komplettes Stahlbetonbauwerk, ist damit für die nächsten 100 Jahre sicher“, stellte er fest.

    „Das Haus, ein komplettes Stahlbetonbauwerk, ist damit für die nächsten 100 Jahre sicher“

    Christian Krafft, beratender Ingenieur und Planer

    Für das große Foyer im Erdgeschoss sind laut Architekt keine Stützen vorgesehen. Und die spätere, dann mit Glas verkleidete Front an der zum Kreisel ausgerichteten Ecke des Gebäudes solle optisch freitragend sein, so dass sich ein Durchblick ergebe.

    Man habe der Statik entsprechende Unterzüge eingebaut, erläuterte Krafft, „die das Gewicht der oberen Geschosse halten.“ Das ganze Gewicht verteile sich über die Außenwände auf die Bodenplatte, erklärte er. Damit das funktioniere und nicht während des Baus zusammenbreche, habe man das Gebilde bis zur Fertigstellung des Skeletts mit Baumstämmen gestützt – eine wohl eher ungewöhnliche Methode, wie er auf Nachfrage aus dem Zuhörerkreis bestätigte. Ungewöhnlich deshalb, weil diese stützende Konstruktion quasi „mit null Materialaufwand“ geschaffen worden sei.

    „Der Architekt, David Chipperfield, ist ein Brite“, bemerkte Krafft. „Womöglich hat er mit seiner Installation in der Berliner Neuen Nationalgalerie das Unternehmen Riedel Bau aus Schweinfurt inspiriert.“ Mit 144 imposanten Baumstämmen hatte Chipperfield in der Bundeshauptstadt die offene Glashalle der Galerie in eine dicht gestellte Säulenhalle verwandelt. Die Installation „Sticks and Stones“, die Anfang 2015 zahlreiche Besucher anzog, wollte er als Auseinandersetzung mit der Architektur der Neuen Nationalgalerie und als Prolog auf die denkmalgerechte Sanierung des Berliner Museums verstanden wissen.

    Der Betrieb Riedel Bau, zuständig für die Rohbauarbeiten des neuen Amtsgerichtes in Haßfurt, verwendete 90 Baumstämme als Stützen. Der Durchmesser der jeweils vier Meter langen Nadelholzstämme betrug 22 Zentimeter. Jeder Stamm konnte 15 Tonnen Last tragen und hatte ein Eigengewicht von etwa 90 Kilo. „Bevor die Stämme nach Abschluss der Arbeiten entfernt wurden, sah es auf der Baustelle in Haßfurt eine Zeit lang fast so aus wie in der Nationalgalerie der Bundeshauptstadt“, so der Ingenieur.

    Dem Ausflug in die Kunstszene folgten weitere technische Details, zu denen Reiner Flöhl, technischer Gebäudeausrüster aus Würzburg, Ausführungen machte. „Das neue Amtsgericht wird ein Passivhaus sein“, sagte er.

    „Es wird eines der innovativsten Justizgebäude sein, die es zurzeit in Bayern gibt“

    Reiner Flöhl, technischer Gebäudeausrüster

    Und er und fügte scherzhaft hinzu, dass das nichts mit der Arbeitsweise der darin wirkenden Personen zu tun habe. Ein Passivhaus müsse einem Standard gerecht werden. Darunter verstehe man ein Gebäude, das aufgrund besonderer Wärmedämmung und aufgrund des Funktionsprinzips, mittels Wärmetauscher Lüftungswärmeverluste zu vermeiden, keine herkömmliche Gebäudeheizung benötige. In die Stahlbetondecken seien Rohre eingezogen worden, ähnlich wie man es von einer Fußbodenheizung kenne. Damit werde je nach Jahreszeit die Heizung oder Kühlung geregelt.

    „Das Passivhaus packt das Gebäude gut ein, vergleichbar mit einer Thermoskanne, die den Kaffee warm hält“, beschrieb er, „damit so gut wie keine Wärme verloren gehen kann.“ Als wesentliche Merkmale nannte er die besagte Hülle, die Dachdämmungen, gute Fenster, die wenig Energie hinauslassen, sowie entsprechende Be- und Entlüftungsanlagen.

    Flöhl abschließend: „Es wird eines der innovativsten Justizgebäude sein, die es zurzeit in Bayern gibt.“

    Elf-Millionen-Euro-Bau Für rund elf Millionen Euro entsteht in Haßfurt nach dem Entwurf des Architektenbüros Nieto Sobejano Arquitectos (Sitz: in Spanien mit einer Dependance in Berlin) auf einer Nutzfläche von rund 1800 Quadratmetern ein barrierefreies Amtsgerichtsgebäude, das allen aktuellen Standards für die Sicherheit in Justizgebäuden entspricht. Es wird voraussichtlich ab 2017 bestmögliche Arbeitsbedingungen für 42 Bedienstete bieten. Der Neubau soll das alte Amtsgericht ablösen, das auf drei Standorte verteilt ist. Quelle: www.bayern.de/ neubau-amtsgericht-hassfurt

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