Am Ende des Prozesses vor dem Amtsgericht Bamberg war gar nicht mehr so wichtig, wie hoch die Haftstrafe ausfallen würde. Strafrichter Fahr verhängte 22 Monate ohne Bewährung. Entscheidender war die Unterbringung des 50-jährigen Brandstifters aus Haßfurt in einer Entziehungsanstalt, die ihn von Alkohol und Drogen retten soll. Hatte er das Feuer in Ebern doch im Rauschzustand gelegt, weshalb er nicht wegen schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung, sondern wegen fahrlässigen Vollrausches angeklagt war.
Helle Aufregung herrscht am Nachmittag des 2. August 2019 im beschaulichen Unterpreppach. 52 Feuerwehrleute der Wehren Ebern, Eyrihshof, Jesserndorf und natürlich Unterpreppach sind im Einsatz. In einem Mehrfamilienhaus brennt es. Der dichte Qualm dringt aus einer der fünf Mietwohnungen. Es dauert nicht lange, bis die Brandbekämpfer die drei Brandherde in einer der Wohnungen gelöscht haben. Einen Großteil haben die Flammen selbst erledigt. Denn bei geschlossenen Türen und Fenstern fehlte ihnen der Sauerstoff, um sich weiter durch Wände und Decken zu fressen. Die anderen Hausbewohner hatten rechtzeitig evakuiert werden können, so dass kein Pesonenschaden entstand. Der Sachschaden für die völlig verrußten Räume und die verkokelten Gegenstände wird auf rund 25 000 Euro beziffert.
Brandmittel-Spürhund wird fündig
Schon bald ist den Kriminalbeamten aus Schweinfurt klar, dass da jemand seine Finger im Spiel hatte. Die Kleidungsstücke in der Waschmaschine und in einem Türrahmen sowie die Kartonagen in einer Zimmernische hatten sich nicht von selbst entzündet. Ein Brandmittel-Spürhund hatte eine feine Nase bewiesen. Der Verdacht fällt beinahe sofort auf den Untermieter, der eine schillernde Vergangenheit aufweist. Einige seiner Vorstrafen wie versuchter Totschlag und Körperverletzung, die vor 28 Jahren zu einer Einweisung in die Bezirkskrankenhäuser Parsberg und Lohr am Main sowie zu einem Gefängnisaufenthalt in der Jugendstrafanstalt Ebrach geführt hatten, waren inzwischen wieder aus den Akten gelöscht worden. Es blieben zwei Vorfälle aus den vergangenen vier Jahren. Das Amtsgericht Kitzingen hatte ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, das Amtsgericht Haßfurt wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt.
Erinnerungslücken
Der arbeitslose Mann aus Haßfurt, seit dem Tattag bereits in die Psychiatrie eingewiesen, konnte sich im Gerichtssaal nicht mehr an alles erinnern. Zwei Flaschen Wodka hatte er intus, mehrfach Amphetamine (Speed) und Badesalz geschnupft, außerdem Kräutermischungen ungewissen Inhaltes geraucht. Es ist nur das Ende einer „Rauschgift-Karriere“, die auch schon literweise Rum, Tabletten, Cannabis und Heroin gesehen hatte. Hernach war er, wie der psychiatrische Sachverständige Hans-Peter Volz vom Bezirksklinikum Schloss Werneck erläuterte, nicht mehr ganz Herr seiner Handlungen. „Obwohl er ganz genau weiß, was passiert, wenn er diese Substanzen nimmt.“ Er gefährde dabei sich und andere Menschen.
Unbeherrschbarer Drogen-Cocktail
Im Hintergrund taten sich gleich zwei Beweggründe auf: zum einen Eifersucht auf seine Ex-Frau, mit der er noch immer zusammenwohnte. „Du Schlampe hast mich betrogen“, lautete eine Sprachnachricht. Der wollte er eins auswischen. Er verdächtigte sie, Geschlechtsverkehr mit ihrem Vermieter zu haben. Diesem zu schaden, sich an ihm zu rächen, scheint das zweite mögliche Motiv des Brandstifters gewesen zu sein. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass er durch einen unbeherrschbaren Drogen-Cocktail in eine Psychose geraten war. Er sah angeblich fremde Männer am Fenster, die ihn verfolgten, verdächtigte seine Nachbarin, ihn mit Läusen schaden zu wollen und spürte unter seiner Haut Insekten, die ihn von innen heraus auffräßen. Wahlweise drohte er, sich die Pulsadern zu öffnen oder seinen Verfolgern mit dem Brotmesser den Bauch aufzuschlitzen oder den Hals abzuschneiden.
Für den Angeklagten bedeutet das Urteil nun, dass er mindestens 18 Monate hinter verschlossenen Türen untergebracht wird. „Es ist eine seiner letzten Chancen“, sagte sein Rechtsanwalt Thomas Gärtner aus Bamberg. Jetzt gelte es, diese sicher nicht leichte Zeit durchzustehen. Die Therapie soll weitere schwere Straftaten verhindern helfen. „Sonst wird es irgendwann auf Sicherungsverwahrung hinauslaufen“, warnte Strafrichter Fahr. „Dann kann es sein, dass Sie gar nicht mehr rauskommen.“