Manfred Wolff konnte bei der Präsentation des Baums seine Freude kaum zügeln. Er ist einer der wenigen, der eine Nachzucht der wieder entdeckten Bäume für den von ihm geplanten botanischen Garten erhalten hat: „Es war eine Sensation, als ein Rancher 1994 im Wollemi Nationalpark in Australien in einem 200 Meter tiefen Canyon diesen Baum fand.“ Die Art sei aus Fossilien-Funden bekannt gewesen, doch hätten diese ein Alter von 90 Millionen Jahren gehabt. „Somit waren diese Bäume Zeitgenossen der Dinosaurier.“ Die jüngsten Fossilien seien zwei Millionen Jahre alt, seitdem galt der Baum als ausgestorben.
Die natürliche Population des von dem David Noble gefundenen Baums umfasst weniger als 100 Exemplare und existiert anscheinend nur noch in diesem Canyon. Diese weltweit wohl älteste Baumart gehört zur Familie der Araucariacae, die seit 200 Millionen Jahren die Erde besiedeln. Sie wird bis zu 40 Meter hoch, 1,20 Meter dick und 1000 Jahre alt. Ihre Standorte zählen seit dem Jahr 2000 zum Weltnaturerbe. Weltweit haben Pflanzenfreunde darauf gewartet, von diesem „Pinosaurier“, so der deutsche Name, Jungpflanzen zu erwerben. „Doch erst im Oktober 2005 wurden die ersten 300 Nachzuchten im Botanischen Garten Sydney von Sotheby's versteigert und erbrachten 600 000 Euro“, sagte Wolff.
Nur wenigen botanischen Gärten in Europa, wie den Gärten in London, Monaco, Hamburg, Frankfurt, Bayreuth und Stuttgart, erhielten eine der raren Pflanzen. Die Firma Kientzler aus Gensingen schließlich, die eine Lizenz zur Vermehrung der Wollemia in Europa erhalten hatte, schenkte ein Exemplar an „Xenos“, einem Partner von M&M Orchideen. Der Baum soll den im Aufbau begriffenen botanischen Garten bereichern und im Feldversuch die Kältetoleranz dieser Art testen.
Wie Wolff weiter mitteilte, sei die Wollemia ein immergrüner Nadelbaum mit säulenförmig schmaler Krone. Sie bilde drei unterschiedliche Blätter, was einmalig in der Botanik sei, sie sei zweigeschlechtig, bilde aber männliche und weibliche Zapfen auf demselben Baum aus. Ebenso einzigartig sei, dass der Baum bei tiefen Temperaturen an den Spitzen der Zweige ein weißes, dickes Harz abscheide, das die Knospen wie eine Kappe umgebe und vor Frost schütze.
Die Pflanze gebe den Botanikern sehr viele Rätsel auf. So würden durch Dürre und Feuer oberirdischen Triebe oft absterben, der Baum aber neue Stämme austreiben. Eine DNA-Analyse der Stämme habe gezeigt, dass sie genetisch identisch seien, ebenso wie die jungen Pflanzen aus den Samen der Alt-Bäume.
„Man ist daher der Meinung, dass durch Inzucht über Hunderttausende von Jahren die Unterschiede im Erbmaterial verschwunden sind.“ Es werde befürchtet, dass die Bäume aufgrund ihrer Abgeschiedenheit gegenüber Krankheiten und Schädlinge besonders anfällig seien. „Ich gebe zwar zu bedenken, dass dann eigentlich besonders die Nachkommen in fernen Landen extrem gefährdet wären“, so Wolff. Doch sei von vielen anderen Pflanzen bekannt, dass die Nachkommen aus Samen in der neuen Heimat robuster seien als Importpflanzen. „Wäre das auch bei der Wollemia nobilis so, wäre das auch ein Hoffnungsschimmer für das Überleben der Art.“
Die Wollemia nobilis ist noch zwei Wochen in der Gärtnerei in Steinsfeld zu sehen, bevor sie in den „Xenos“ integriert wird.