Für Jürgen Schwarz heißt es Abschied nehmen. Am Freitagabend hält er seinen letzten Gottesdienst an seiner alten Stelle. Bisher war der katholische Pfarrer für die Pfarreiengemeinschaft Knetzgau zuständig, nun wechselt er nach Bad Neustadt, wo er Klinikpfarrer des Rhön-Klinikums wird. Ein Nachfolger für die Pfarreiengemeinschaft Knetzgau ist bisher nicht gefunden. So springt vorerst der Zeiler Pfarrer Michael Erhart als Pfarradministrator ein.
„Ich bin jetzt seit 20 Jahren im Pfarrdienst und wollte noch mal was anderes machen“, begründet Jürgen Schwarz seine Entscheidung. So hatte er Interesse an einer Stelle entwickelt, in der die Einzelseelsorge eine größere Rolle spielt als in einer normalen Pfarrei, in der ein Pfarrer viel Zeit mit Verwaltungsaufgaben verbringt. Die Auswahl an derartigen Stellen sei begrenzt, berichtet Schwarz. Neben der Krankenhausseelsorge komme noch die Alten- und die Jugendseelsorge in Frage. „Zur Jugendseelsorge fühle ich mich nicht mehr berufen. Ich werde nächstes Jahr 50“, sagt er.
Bereits vor einigen Jahren habe er Interesse an einer Stelle als Krankenhausseelsorger in Würzburg bekundet, die jedoch schon vergeben war, bevor er dazu kam, sich zu bewerben. Allerdings habe die Verwaltung in Würzburg auf diesem Weg erfahren, dass er prinzipielle Interesse an einer Klinik-Stelle hätte und ihm entsprechende Ausschreibungen zukommen lassen. Einen konkreten Wunsch, Knetzgau zu verlassen, habe er nicht gehabt, berichtet der Pfarrer, der im Jahr 2011 von Euerdorf nach Knetzgau wechselte. Doch als die Stelle in Bad Neustadt frei wurde, sei ihm klar gewesen: „Wenn ich vertieft Einzelseelsorge machen will, muss ich jetzt wechseln.“
Auf die Zeit in Knetzgau blickt Jürgen Schwarz zufrieden zurück: „Ich bin dankbar für die Zeit. Es waren sechs gute Jahre.“ So hofft er, dass auch für seine alte Stelle bald ein Nachfolger gefunden wird.
„Das ist mal eine ganz andere Aufgabenstellung für einen Priester“, sagt Michael Erhart über den Wechsel seines Knetzgauer Kollegen in die Krankenhausseelsorge. „Das ist eine Herausforderung. Die nimmt er jetzt wahr.“
Was seine eigene Rolle als Pfarradministrator angeht, betont Erhart: „Es ist nicht so, dass ich mich dort so einbringe wie in Zeil.“ Dazu hätte der Zeiler Geistliche auch keine Zeit, denn auch in seiner eigenen Pfarrei herrscht Personalnotstand: Während Knetzgau nun der Pfarrer fehlt, hat Zeil schon seit mehreren Jahren keinen Gemeindereferenten.
So wird Erhart in Knetzgau vor allem Verwaltungsaufgaben übernehmen. „Es gibt zum Beispiel Sachen, die nur ein Pfarrer unterschreiben darf“, erklärt Erhart, warum es nötig ist, dass der Pfarrer einer anderen Pfarrei einspringt während der Vakanz. Sämtliche Gottesdienste und seelsorgerischen Aufgaben von Jürgen Schwarz mit zu übernehmen, wäre dabei aber eine nicht zu leistende Aufgabe.
Dennoch betont Pfarrer Schwarz mit Blick auf die Katholiken in der Pfarreiengemeinschaft Knetzgau: „Ich lasse sie nicht alleine.“ Denn immerhin gebe es mit Pastoralreferent Volker Krieger und Gemeindereferentin Ilse Waldenmeier zwei Mitarbeiter, die sich weiterhin um die Kirchengemeinde kümmern. Auch Pfarrvikar Michael Weck aus Eltmann und der Pfarrer im Ruhestand Siegfried Vogt haben sich bereit erklärt, einige Gottesdienste zu übernehmen. Dazu kommt eine große Zahl an ehrenamtlichen Mitarbeitern.
Trotzdem erklärt Pfarrer Michael Erhalt, ihm sei durchaus klar, dass während einer Vakanz gewisse Einschränkungen nötig sind. „Das ist ein Umbruch, der nicht bei allen gut ankommt“, meint er. Um weiterhin den Gottesdienst als „Versammlung der Gemeinde“ erhalten zu können, schlägt Erhart für Knetzgau vor, manche Eucharistiefeier durch einen einfachen Wortgottesdienst zu ersetzen, da mehr Personen gibt, die berechtigt sind, diesen zu halten.
Zwar könne es vorkommen, dass er oder einer seiner Mitarbeiter einmal in Knetzgau aushelfe. Eine „Vermischung“ sei aber nicht geplant. „Eine Verknüpfung kostet Energie. Im Moment ist jeder froh, wenn er seine eigenen Aufgaben schafft“, meint Erhart. Für ein gegenseitiges „Kennenlernen“ der beiden Pfarreiengemeinschaften wolle er die Zeit aber dennoch nutzen. Beispielsweise könne in den Pfarrbriefen auch auf Angebote in der jeweils anderen Gemeinde hingewiesen werden.
Einer kompletten Vermischung stünden aber auch unterschiedliche Regelungen und Gebräuche in den verschiedenen Pfarreien im Weg. Als konkretes Beispiel dafür nennt Michael Erhart das Firmalter. Während die Zeiler Jugend das Sakrament in der 9. Klasse erhält, wird es in Knetzgau bereits ab dem zwölften Lebensjahr, also üblicherweise in der 6. Klasse gespendet.
Insgesamt ist Erhart nun als Pfarrer für mehr als 11 200 Katholiken zuständig: 6250 leben in seiner eigenen Pfarreiengemeinschaft „Am Weinstock Jesu“, zu der Sand, Zeil und die dazugehörigen Stadtteile gehören. Mit der Pfarreiengemeinschaft Knetzgau kommen nun noch einmal knapp 5000 dazu. Wie lange eine solche Vakanz dauern kann, sei sehr unterschiedlich, berichtet Erhart. Sollte innerhalb eines Jahres kein Nachfolger gefunden sein, stelle sich auch die Frage, ob er die Administration in Knetzgau an einen anderen Kollegen abgebe.
Ein Wechsel der Pfarrstelle, so wie jetzt bei Jürgen Schwarz, sei durchaus üblich und erwünscht, berichtet Erhart. „Früher war das anders. Da ist man in jungen Jahren in einen Ort gekommen und auch hier in den Ruhestand gegangen“, erklärt er. Mittlerweile ist ein Stellenwechsel dagegen auch von Seiten der Kirche angeraten. „Man nutzt sich ab“, beschreibt Michael Erhart das Problem, das entstehen könne, wenn ein Pfarrer zu lange auf der gleichen Stelle sitzt. „Um es biblisch zu sagen: Alles hat seine Zeit.“ Auch Erhart hat bereits einen Wechsel der Pfarrei hinter sich: Seit 13 Jahren ist er Pfarrer, vor sechs Jahren kam er von seiner ersten Stelle in Diebach bei Hammelburg nach Zeil.
Dabei gebe es immer eine Eingewöhnungszeit, sowohl für den Geistlichen, der eine neue Stelle antritt, als auch für die Gläubigen vor Ort, die sich an einen neuen Pfarrer gewöhnen müssen. Dennoch betont Erhart: „Wenn man mit der notwendigen Offenheit rangeht, dann gelingt es, Vertrauen zu fassen.“
Abschließend sagt er mit Blick auf die Katholiken in Knetzgau: „Mir ist bewusst, dass ein Wechsel Angst erzeugt.“ Wichtig sei aber die Frage, was die Menschen daraus machen und wie sie ihren Glauben leben. „Die Gemeinde ist nicht der Pfarrer. Der Pfarrer wechselt, die Gemeinde bleibt.“