(as) Am Pfingstsamstag beginnt ein neues Kapitel in der mehr als 120-jährigen Geschichte der Schlimbach-Orgel: Um 16.30 Uhr wird Ulrich Boom das generalüberholte, restaurierte, 20-registrige Instrument in der Ritterkapelle weihen. Ein Blick zurück zeigt die Verbindung der Lokalgeschichte mit der denkmalwerten Orgel auf.
Als Fürstbischof Rudolf von Scherenberg (1466 – 1495) die Westempore in die Ritterkapelle einziehen ließ, wurde vermutlich die erste Orgel in den Kirchenraum eingebaut. Erst viel später, und zwar in Briefwechseln des Bamberger Orgelbaumeisters Josef Wiedemann mit dem Haßfurter Stadtmagistrat aus den Jahren 1863 bis 1865 wird eine weitere „Vorgängerorgel“ detailliert beschreiben. Darin schlägt der Bamberger Orgelbauer vor, das Instrument gänzlich umzuarbeiten, da es dauerhaft nicht mehr zu reparieren sei. Der Schriftwechsel mit dem Magistrat bricht im Januar 1865 ab, ohne dass der Bamberger Orgelbauer einen Arbeitsauftrag erhielt.
Engelflügel flatterten beim Spiel
1890 baut die Würzburger Firma Balthasar Schlimbach im Rahmen der Innenrenovierung des Kirchraumes eine neue Orgel ein. Das alte, barocke, zweigeschossige Orgelgehäuse wird entfernt. Es soll eine wunderliche Mechanik besessen haben: Auf den Abschlussgesimsen befestigte Engel flatterten beim Spielen mit den Flügeln.
Der neue Prospekt der Schlimbach-Orgel ist im neugotischen Stil in zwei Eichengehäusen angelegt, zierlich, feingliedrig, mit Fialen, Kreuzblumen, Krabben und Zinnen besetzt. Der Spieltisch steht in der Mitte zwischen den Gehäusen. So lassen die gotischen Emporenfenster natürliches Licht in den Raum und kommen selbst zur Wirkung. Mehr als 100 Jahre später wird die katholische Kirchenverwaltung mit einem Schreiben vom 26. April 1917 aufgefordert, die Zinnprospektpfeifen aus der Ritterkapellen-Orgel zu entfernen und im Haßfurter Rathaussaal für den Kriegsbedarf abzuliefern. Den Antrag des Pfarramts, von der Ablieferungspflicht befreit zu werden, lehnt das Königliche Bezirksamt ab.
Der Hofheimer Orgelbauer Eduard Hofmann entfernt die beschlagnahmten Prospektpfeifen, verschließt die Ausblasöffnungen und liefert sie termingerecht im Rathaus ab. Das neue Zinkpfeifenprospekt liefert die Orgelbauanstalt Willibald Siemann & Co. aus München im Juli 1919. Sie übernimmt für 2100 Mark die notwendigen Reparaturen am Werk, an der Intonation und an der Stimmung.
Ein Wasserzuber in der Orgel
Im Sommer 1921 beklagt sich Andreas Roll, Pfarrer in Haßfurt von 1915 bis 1925, über die Hitze und ihre Wirkung auf die Orgeln: „Die andauernde Hitze machte das Holz porös und winddurchlässig, so dass der Winddruck des Blasbalgs auf ein Minimum herabsank. Die Orgeln sind kaum noch brauchbar. Es muss künftig feuchte Luft erzeugt werden durch Gießen und durch Aufstellen eines Wasserzubers in der Orgel.“ In den folgenden Jahren sind weitere Reparaturen an der Schlimbach-Orgel fällig, es sind Teile zu ersetzen und das Instrument ist erneut zu stimmen, wie aus den Rechnungen der beiden Orgelbauer Josef Bittner (Eichstätt) und Josef Friedel (Hofheim) hervorgeht.
In einem Gutachten aus dem Jahr 1990 kommt der Regionalkantor und Orgelsachverständige der Diözese Würzburg, Rainer Aberle, zu folgendem Ergebnis: Die Ritterkapellen-Orgel müsse abgebaut und in die Werkstatt transportiert werden, um überarbeitet und ausgereinigt zu werden.
Auch Norbert Krieger von der Retzbacher Orgelbaufirma, die seit 2001 die Schlimbach-Orgel wartet, schreibt in einem Kostenvoranschlag von gravierenden Mängeln, die nur nach Ausbau, Zerlegung und Neumontage behoben werden können.
2007 erhält Andreas Hemmerlein, Orgelbaumeister aus Cadolzburg, den Reparatur-Auftrag. Kostensumme: 70 600 Euro. Mit der technischen Überarbeitung der Orgel beginnen er und seine Mitarbeiter im Oktober 2010. Für die orgellose Zeit bis zur Orgelweihe am 11. Juni steht ein Tischpositiv bereit. Bis dahin muss die Ritterkapelle während der Woche für Besucher geschlossen bleiben, damit Orgelbaumeister Hemmerlein und seine Mitarbeiter ihre Restaurierungsarbeiten am Orgelwerk termingerecht abschließen können.