Freuen würde dies ganz besonders Günther Worel. Er ist einer, dem die Liebe zu den Wildkatzen angewölft, also angeboren, scheint. "Diese Tiere sind der Mittelpunkt meines Lebens", sagt er. Im vorderen Bayrischen Wald betreibt Worel eine Aufzucht-Station für Wildkatzen. Jetzt ist er in die Haßberge gekommen, um in Bischofsheim bei Zeil darüber zu informieren, dass der Bund Naturschutz in den Wäldern des Staatlichen Forstamtes Ebern Auswilderungen von Wildkatzen plant. Obwohl nicht ausgesprochen, wurde doch bekannt, dass er schon einige seiner Tiere im Gepäck hatte, als er nach Bischofsheim kam und noch weitere Tiere bringen wird.
Die ersten warten jetzt irgendwo im Revier des Forstamtes in einem Gehege, bis sich das Tor zum Abenteuer Freiheit öffnet. Sie absolvieren sozusagen die Abschlussklasse ihrer Schule der Wildnis, durch die sie ihr Freund geführt hat. Er habe ihnen nie das Leben in Freiheit beibringen müssen, sagt Worel in seinem Vortrag über die Wiedereinbürgerung der lautlosen Jäger mit den samtenen Pfoten in den Haßbergen. Selbst wenn sie von Menschen mit Flaschen aufgezogen werden, blieben sie Wildtiere, wie es ihrer Natur entspricht. "Darin liegt auch der Schlüssel für den Erfolg", so der Experte.
Worel und andere Fachleute glauben, dass es hier gelingen könnte, eine gewisse Population aufzubauen, da es geeignete Lebensräume gebe. Ein Teil der hier ausgewilderten Kätzinnen und Kuder wird aber wahrscheinlich weiterziehen und ein eigenes Revier suchen, denn Wildkatzen leben als Einzelgänger in klar abgegrenzten Gebieten. Die weibliche Katze braucht ein 50 bis 300 Hektar großes Revier und der Wildkater beansprucht noch größere Flächen. Beide verteidigen ihr Revier gegen Eindringlinge der gleichen Rasse. Die in den Haßbergen ausgewilderten Tiere können so aber auch zu einem lebenden "Verbundnetz" zu anderen Gebieten, wie dem Steigerwald, dem Spessart, der Rhön oder dem Thüringer Wald beitragen.
Neben dem Rothebuch-Revier im Spessart, zu dem auch das landschaftliche Juwel Hafenlohrtal zählt, gibt es dort, wo Thüringen an Bayern grenzt, schon heute eine Population von Wildkatzen, erklärte Worel. "Deren Vorfahren sind wahrscheinlich unter den Wildkatzen zu finden, die in den 80-er Jahren von Dr. Sperber in den Wäldern um Ebrach ausgewildert wurden."
Worel schließt aus, dass die wilden Katzen an der bayerisch-thüringischen Grenze aus dem Hainich, einem Hügelrücken nördlich von Eisenach, stammen. Das heutige Naturschutzgebiet war einst Übungsgelände der Nationalen Volksarmee. Die Öffentlichkeit hatte keinen Zutritt, und kein Förster durfte Hand an die Bäume legen. Dies kam den scheuen Wildkatzen zugute. Die großen Agrarsteppen zwischen dem Hainich und dem Thüringer Wald hindern die Tiere aber daran, sich dort auszubreiten.
Ob sie aus den Haßbergen in andere Gebiet wandern, hängt auch davon ab, ob sie dem Verkehr entgehen könne. Denn auf der Straße kommen die meisten Katzen zu Tode. Es gelte, so Worel, geeignete Lebensräume zu finden, Forstleute und Jäger zum Mitmachen zu bewegen, Landwirte für die Natur zu begeistern und natürlich die betroffene Bevölkerung zu informieren.
Dazu gehöre auch, dass mit den alten Märchen von Wildkatzen, die von Bäumen herunter Leute anfallen oder Rehe und Rotwildkälber schlagen, aufgeräumt werden müsse. Dann könne die Botschafterin der Wildnis, wie die Wildkatze manchmal euphorisch genannt wird, in ganz Bayern wieder heimisch werden. Damit sie zurückkehrt in die Köpfe und Herzen der Menschen, wie es Heinz Sielmann einmal formulierte. Einer, der für dieses Ziel vorbildliche Arbeit leistet, ist Günther Worel. Dies wurde allen Zuhörern