Hans Stark, Leiter des Universitätsforstamtes Sailershausen, hat in seinem Forst nur an wenigen Bäumen Eigelege des Schwammspinners gefunden. Den Grund sieht der Forstmann in den geringfügig niedrigeren Temperaturen, die im Raum Sailershausen gegenüber den Waldgebieten im Maintal herrschen. Denn: „Der Schwammspinner mag's gern etwas wärmer“, sagt Hans Stark. Aber wie sieht es in den übrigen Wäldern des Landkreises Haßberge aus?
Permanente Gefahr
Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt (AELF) warnt in einer Mitteilung vor dem Insekt, das sich kräftig vermehren kann und dadurch eine permanente Gefahr vor allem für Eichenbestände darstellt. In Wäldern der Region sind vermehrt Eigelege des Schädlings gefunden worden. Die bevorzugte Nahrung des unscheinbaren Tierchens sind junge Eichenblätter. Und wenn die Raupen des Schmetterlings in Massen auftreten, können sie an Eichen- und Eichenmischwäldern erhebliche Schäden verursachen. Die Eiche habe zwar ein sehr hohes Potenzial zur Regeneration, so Hans Stark, nach einem Kahlfraß versuche der Baum oft sogar durch mehrfache Ersatztriebe wieder Laubmasse zu gewinnen. „Das ist der sogenannte Johannistrieb“, sagt Stark, „zu dem Zeitpunkt sind die Raupen schon verpuppt, so das sie das neue Grün nicht gefährden können.“ Aber dabei verbraucht die Eiche wertvolle Resourcen, die in den folgenden Jahren fehlen könnten. Wenn der Schmetterling und seine Raupen also mehrere Jahre hintereinander den Baum aufsuchen, kann das dessen Todesurteil bedeuten. Vor allem auch deshalb, weil er dann anfälliger für andere Schädlinge wird.
Bis 800 Eier im Gelege
Die Weibchen des Nachtfalters haben im vergangenen Sommer ihre Eier auf der Rinde von Eichen abgelegt und mit einem schwammartigen Haarpolster bedeckt. 300 bis 800 Eier finden sich in solch einem Eigelege, von dem sich auch der Name des Schmetterlings ableitet. Die geschlüpften Raupen wandern im Frühjahr in die Kronen der Eichen und fressen die jungen Blätter. Etwa einen Quadratmeter Blätter braucht eine Raupe als Nahrung, bis sie ihre volle Größe erreicht hat. Die Raupen entwickeln sich noch im Herbst in den Eiern und überwintern in den Gelegen. Sie schlüpfen Ende April und beginnen bereits an den aufbrechenden Knospen ihre Fraßtätigkeit. Eine besondere Eigenschaft der Jungraupen ist es, dass sie unmittelbar nach dem Schlüpfen Seidenfäden spinnen, mit deren Hilfe sie sich vom Wind verfrachten lassen. So verteilen sie sich über ganze Waldbestände und auch über weitere Strecken in neue Fraßgebiete. Die erste Pandemie (länderübergreifende Ausbreitung) des Schwammspinners in Europa ereignete sich in den Jahren 1992 bis 1995, damals im Landkreis Haßberge vor allem in Ebelsbach
Frühwarnsystem und Lockfallen
Seit vielen Jahren beobachtet Dr. Gabriele Lobinger die Entwicklung des Schwammspinners. Die Expertin der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising hat zu diesem Zweck ein „Frühwarnsystem“ in Mainfranken etabliert, teilt das AELF mit. Mithilfe von Sexualduftstoffen werden die männlichen Falter angelockt und in speziellen Fallen gefangen. Wird eine bestimmte Anzahl an Faltern überschritten, wie im vergangenen Jahr geschehen, führen die Förster vor Ort eine Stichprobenerhebung durch.
An über 2500 Bäumen haben die Revierförster des AELF die Eigelege des Schwammspinners gesucht und gezählt. „Da muss ich sehr sorgfältig hinschauen“, erklärt Förster Bernd Müller. „Die Eier sind oft versteckt in Rindenritzen abgelegt, häufig auch nahe am Boden im Bereich der Wurzelanläufe.“
Die Förster des AELF haben daher in den vergangenen Monaten über 3000 Hektar Eichenwälder intensiv kontrolliert und dabei gezählt, in welcher Dichte Eigelege des Schwammspinners an den Eichen zu finden sind. Dabei wurden im Sommer 2017 vermehrt Eigelege auf größeren Flächen in den Wäldern der Landkreise Haßberge und Schweinfurt entdeckt.
Vielleicht muss der Hubschrauber ran
„Das muss noch nichts aussagen über den Gefährdungsgrad für den Wald“, sagt Forstdirektor Thierfelder im Gespräch mit dieser Redaktion. Es könne schon ab und zu einmal zu einer höheren Zahl von Eigelegen kommen. Fest stehe, dass derzeit lokal eine größere Dichte an Gelegen auftrete. Darüber benötige man eine genaue Prognose, ob Maßnahmen zu ergreifen sein werden. Im Klartext heißt das: Wenn der Schwammspinner zu massiert auftritt, dann muss der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erfolgen. Und zwar bei diesem Schädling aufgrund der größeren Waldbestände, die er befällt, per Hubschrauber aus der Luft. Die Untersuchungsergebnisse werden derzeit an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft ausgewertet. Sobald die Ergebnisse vorliegen, damit wird im Laufe des Monats März gerechnet, informiert die Forstverwaltung die betroffenen Waldbesitzer.
Der Schädling hat auch natürliche Feinde. Es gibt verschiedene Vogelarten, bei denen der Schwammspinner auf der Speisekarte steht. Aber bei plötzlich auftretender Massenpopulation des Schädlings können seine Fressfeinde nicht mithalten. Die stellen sich dann meist quantitativ im nächsten Jahr Gewehr bei Fuß auf, um dann vielleicht erkennen zu müssen, dass diesmal das Auftreten des Schmetterlings und seiner Raupen nur verhalten ausfällt.
Insekten mit Frostschutzmitteln
Wer übrigens Hoffnungen darauf setzte, dass die derzeit herrschende Frostperiode den Schädlingen den Garaus macht, wird enttäuscht. „Der Frost tut dem Schwammspinner nichts“, sagt Hans Stark. „Die Tiere sind an den Winter angepasst.“ Dies gelte nicht nur für den Schwammspinner. Insekten hätten eine Art Frostschutzmittel, um über die Wintermonate zu kommen. Denen sei es völlig egal, ob die Temperaturen minus fünf oder minus zehn Grad oder noch kälter erreichen. Vielmehr seien es die feuchten, milden Winter, die für die Schädlinge schädlich werden könnten. Bei Plusgraden und Regen drohten tödliche Pilzkrankheiten, Viren und Bakterien. Oder vereinfach ausgedrückt: Je milder der Winter, umso schlechter für Schädlinge.
Schwammspinner Die Schäden werden durch die grauen, aschgrauen oder graugelben Raupen verursacht. Diese sind fein gepunktet und mit blauen und roten Warzen versehen. Darauf tragen sie feine lange Warzenhaare, manchmal auch Brennhaare. Die Raupen bleiben nach dem Schlupf erst einige Tage in Nähe des Nestes. Danach ziehen sie in die Baumkronen, wo sie anfangs in junge Blätter Löcher fressen. Mit zunehmendem Alter und Größe verzehren sie die Blätter nahezu vollständig. Der Schaden ist dann weithin sichtbar; bei Massenbefall sind Bäume teilweise völlig entlaubt. Die meisten geschädigten Bäume ergrünen wieder, wenn die Raupen Ende Juni den Fraß einstellen. Vereinzelt sterben vor allem Eichen ab.