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BAMBERG: Es wird wieder Süßholz geraspelt

BAMBERG

Es wird wieder Süßholz geraspelt

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    Süßholztriebe: Nur die Wurzeln des Süßholz werden verwertet. Die oberirdischen Triebe der Pflanze werden jedes Jahr im Herbst abgekappt.
    Süßholztriebe: Nur die Wurzeln des Süßholz werden verwertet. Die oberirdischen Triebe der Pflanze werden jedes Jahr im Herbst abgekappt. Foto: Foto: Kevin witzenberger

    In der Nürnberger Straße in Bamberg herrscht reger Verkehr, zwischen den Häusern befindet sich kaum eine Lücke. Nur einzelne Seitengassen befinden sich hier und da zwischen den Häusern. Die Seitengassen sind die einzigen Einschneidigen zwischen den endlosen Hausreihen. In einem dieser Häuser befindet sich ein großer hölzerner Hofeingang, dahinter die Kräutergärtnerei Mussärol. Gertrud Leumer steht hinter der Pforte und wartet auf die Gäste, genauer auf die Gäste der Bamberger Süßholz-Gesellschaft. Diese möchten heute etwas präsentieren, ihr erstes Süßholz-Produkt. Ein Souvenir für die zahlreichen Bamberger Touristen.

    Die Bamberger Süßholz-Gesellschaft wurde 2010 im Rahmen des Modellprojekts „Urbaner Gartenbau im Welterbe Bamberg“ gegründet. Ziel des Projekts ist es, Gärtnerbetriebe und Gärtnerflächen als wesentlichen Teil des innerstädtischen Welterbes zu erhalten. Die Rekultivierung des Süßholzes in Bamberg war dabei ein primärer Bestandteil des Projekts. Seit dem Mittelalter war Süßholz ein beliebtes Gewächs innerhalb der Bamberger Gärtner Tradition. Innerhalb Deutschlands wird Süßholz seit dem Ende des zweiten Weltkrieges nicht mehr angebaut.

    Letzte Ernte vor 60 Jahren

    „Vor zirka 60 Jahren wurde in Bamberg das letzte Süßholz geerntet. Das gesamte Wissen über den Anbau ist aber verloren gegangen, daher mussten wir das Rad neu erfinden“, erklärt Gertrud Leumer, die selbst eines von den insgesamt vier Süßholzfeldern in ihrem Garten betreibt. „Aber wir machen Fortschritte“, fügt sie hinzu. Einzelne Arbeitsschritte des Anbaus konnten innerhalb der letzten drei Jahre wieder experimentell erschlossen werden. „Der Aufwand war extrem hoch.“, sagt Markus Schäfer, Geschäftsführer der Bamberger Süßholz-Gesellschaft: „Die Wurzeln müssen immer noch von Hand ausgegraben werden.“

    Umso erfreulicher ist es für die Helfer das erste Produkt ihrer Ernte präsentieren zu können. Eine schwarz- weiße Papierschachtel im Format einer Zigarettenpackung. Darin befinden sich 25 Gramm geschnittene Süßholzwurzeln. Das Süßholzsouvenir wird zum Preis von 4,80 Euro verkauft und wird nur sehr begrenzt verfügbar sein. Mitarbeiter der Lebenshilfe Bamberg übernahmen das Schneiden und Verpacken der Wurzeln.

    750 Schachteln sollen in den freien Verkauf geraten. „Es ist das erste Süßholzprodukt nach über 60 Jahren“, sagt Gertrud Leumer. Das Produkt ist in Deutschland nahezu konkurrenzlos, da es kaum jemanden gibt der heute noch Süßholz anbaut, vor allem nicht in diesem Umfang. Helmut Müller, Stadtrat und Fraktionsvorsitzender der CSU Bamberg unterstützt das Projekt im Stadtrat. Er sagt: „Es ist mir sehr wichtig das immaterielle Kulturerbe und die Gärtnertradition in Bamberg zu schützen.“ Ziel der Süßholz-Gesellschaft war es, ein Bamberg spezifisches Produkt für die fast zwei Millionen Touristen im Jahr anzubieten und durch den Süßholzanbau brachliegende Gärtnerflächen in der Stadt zu reaktivieren.

    Mit dem Beginn des Projekts „Urbaner Gartenbau“ und der Ausschreibung ließ sich jedoch kein Gärtner finden, der bereit war das Risiko des Süßholzanbaus für sich alleine zu tragen, denn der Anbau gestaltet sich zu Beginn äußerst schwierig. Gertrud Leumer erläutert die Probleme: „Es ist ein bisschen wie mit Spargel. Es dauert sehr lange bis die Pflanzen einen Ertrag bringen. Davor muss man sehr behutsam mit ihnen umgehen und sie von Unkraut frei halten.“ Der Geschäftsführer der Süßholz-Gesellschaft, Markus Schäfer, fügt ein weiteres Problem hinzu: „Innerhalb der Literatur lassen sich sehr unterschiedliche Angaben über die Erträge finden. Zwischen 100 Kilogramm und 15 Tonnen Süßholz pro Hektar Anbaufläche war bisher alles dabei. Wir schauen dabei auch in andere Anbaugebiete nach Spanien, Persien und China, aber wir haben hier ganz andere Bedingungen.

    „Süßholz-Genussschein“

    Um das wirtschaftliche Risiko einzudämmen, wurde ein „Süßholz-Genussschein“ im Wert von 100 Euro angeboten, um genügend privates Kapital zu erzeugen. Mit dem Geld werden in Bamberg Felder angepachtet und die ehrenamtlich beteiligten Gärtnereien erhalten im Gegenzug einen Kostenersatz. Die Rendite des Genussscheins wird jährlich in verschiedenen Produkten rund um das Süßholz ausgezahlt. Letztes Jahr gab es eine Teetasse und dieses Jahr durften alle Anwesenden ein Bamberger Süßholzsouvenir mit nach Hause nehmen. Das sind zirka fünf Prozent Rendite. Ein lukratives Geschäft für Süßholz-Freunde.

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