
Haben Sie schon mal in weiser Voraussicht einen Termin bei der Autowerkstatt ausgemacht, lieber Leser, weil Ihnen in einem Vierteljahr ein Lastwagen den hinteren Kotflügel wegfahren wird? Sie meinen, das könnten Sie nicht vorhersehen? Da haben Sie recht, das wäre ja reinste Hellseherei. Dennoch wird diese Fähigkeit bei unseren Behörden in manchen Fällen vorausgesetzt.
In der zurückliegenden Woche ist der Messelausee bei Knetzgau umgekippt. Das Wasser im See war zu sauerstoffarm für die darin lebenden Fische geworden. Worauf Hunderte von ihnen ihr Leben ließen. Nach Ansicht der Angler hätten aber viele Zander, Brassen und Hechte überleben können, wenn die heimischen Feuerwehren Mainwasser in den See hätten pumpen dürfen. Da hierfür die Genehmigung des Landratsamtes aber fehlte, spritzten lediglich die Knetzgauer Floriansjünger drei Stunden sauerstoffhaltiges Wasser in den See – und das widerrechtlich, wofür Bürgermeister Paulus aufgrund der Notsituation die Verantwortung übernommen hat. Die anderen Wehren standen Schlauch bei Fuß, durften aber nicht eingreifen.
Die Petrijünger waren darüber mindestens so stinkig wie die Kadaver der toten Fische. Vor allem deshalb, weil das aus dem Main entnommene Wasser ihrer Meinung nach als Uferfiltrat wieder in den Fluss zurückgesickert wäre, der See ist ja gerade einmal rund 50 Meter entfernt. Das Wasser wäre für den Main also nicht verloren gewesen.
Das Landratsamt hat daraufhin eindeutig erklärt, dass nicht einfach Wasser aus dem Main entnommen werden kann, Notlage hin oder her. Was ohnehin allen Beteiligten klar war. Dafür ist eben eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich und die gibt es nicht mal so schnell zwischendurch mit einem Spontanbesuch im Herrenhof. Vielmehr ist es unumgänglich, dass ein solcher Antrag erst einmal ein „komplexes Wasserrechtsverfahren mit einer Reihe von zu beteiligenden Fachbehörden“ durchläuft, so die Verlautbarung des Amtes auf Anfrage dieser Redaktion. Und das dauert – laut Behörde – eben zwei bis drei Monate.
Und jetzt, lieber Leser, sind wir wieder bei der oben erwähnten Glaskugel. Die Behörde macht den Angelvereinen nämlich Mut, dass es schon gelingen könnte, eine solche wasserrechtliche Genehmigung zu bekommen. Denn Wasserwirtschaftsamt und Obere Naturschutzbehörde hätten grundsätzlich ihre Zustimmung zur Wasserentnahme „unter bestimmten Rahmenbedingungen signalisiert“. Die Sache hat nur einen Haken. Laut Behörde ist es „zumutbar und erforderlich“, von den Anglern aufgrund offenbar alljährlich auftretender ähnlicher „Probleme gerade mit älteren Baggerseen“ zu verlangen, dass die Petrijünger rechtzeitig, also mindestens ein Vierteljahr vorher, einen Antrag zur Wasserentnahme aus dem Main stellen unter genauer Darlegung, wo und in welchem Umfang die Entnahme erfolgen soll.
Auf gut Behördendeutsch: Hätten die Angler pflichtgemäß schon im Juni daran gedacht, dass ihr See Mitte September umkippen wird und die Fische darin ihr Dasein jämmerlich beenden, dann hätten sie rechtzeitig einen den formellen Erfordernissen gerecht werdenden Antrag an die zuständigen Behörden stellen können. Da hätten die Angler aber drauf kommen können. Künftig gilt: jedes Frühjahr ein Prophylaxe-Antrag ans Landratsamt.