Bis Ende 2000 mussten sich Prostituierte im Abstand von drei Monaten auf bestimmte Geschlechtskrankheiten und HIV, den Erreger der Aids-Erkrankung, untersuchen lassen. Dann trat Anfang 2001 das Infektionsschutzgesetz in und damit die früheren Vorschriften außer Kraft.
Das neue Gesetz setzt auf die Freiwilligkeit und Eigenverantwortung bei den Damen und den Kunden. Bei den anonymen Aids-Beratungen im Schweinfurter Gesundheitsamt haben die Ärzte nun immer wieder festgestellt, dass den Freiern "nicht so recht bewusst ist, dass sie ein kalkulierbares Risiko eingehen", sagt sein Leiter Dr. Werner Arnholdt im Gespräch mit dieser Zeitung. Zudem habe sich in der Szene "einiges geändert".
In den Bordellen arbeiten die Frauen nicht mehr über Jahre hinweg. Mehr und mehr junge Frauen, oft aus Osteuropa, sind heute tätig, die nur kurze Zeit bleiben und dann in andere Städte weiterziehen. Unter den Frauen gibt es natürlich auch Drogenabhängige, die sich beispielsweise durch Spritzentausch mit HIV oder dem Hepatitis B- oder C-Virus infiziert haben, oft, "ohne es selbst zu wissen", sagt Dr. Alfred Wohfeil vom Amt.
Dem Gesundheitsamt ist kürzlich der Fall einer HIV-positiven Prostituierten bekannt geworden, die in Schweinfurt tätig war. Sie folgte zwar der Aufforderung zum Gespräch ins Gesundheitsamt und sie zeigte sich auch einsichtig. "Wir gehen davon aus, dass sie _ wie angekündigt _ nicht mehr weiter arbeitet", sagt Arnholdt. Ob sie Wort hält, wissen die Ärzte der Behörde natürlich nicht. Arnholdt und Wohlfeil bedauern, dass es es viele uneinsichtige Kunden gibt. 70 Prozent der Freier erhoffen sich im Bordell einen ungeschützten Sexualkontakt, einige fordern den nicht nur, sie setzen die Huren regelrecht unter Druck.
Umgekehrt bieten auch einige der Prostituierten in Kontaktanzeigen oder im Internet unverhohlen diese Möglichkeit an. "Tabulos", sagt Arnholdt, heißt nichts anderes. Beide, Hure und Freier gingen laut Wohlfeil "ein unvertretbares Risiko ein". Fälschlicherweise glaubten auch viele Männer, sie könnten sich beim Oralverkehr nicht anstecken. Diese Praktik sei zwar weniger riskant, sagen die Ärzte, aber ein geringeres Risiko bedeutet nicht "kein Risiko". Außerdem: Männer, die bei bezahlten Sex-Kontakten keine Kondome benutzten, gefährdeten damit auch ihr feste Partnerinnen oder Ehefrauen. Zur Zeit besucht eine Ärztin des Gesundheitsamtes alle Bordelle und Terminwohnungen und berät die Prostituierten vor Ort. Das Gesundheitsamt arbeitet dabei eng mit dem städtischen Ordnungsamt und der Polizei zusammen. Ein Drittel der etwa 30 Etablissements, in denen rund 70 Damen arbeiten, hat die Ärztin schon abgeklappert.
Die Reaktion der Prostituierten ist bisher positiv, viele seien zu einem anonymen HIV-Test in der Schrammstraße erschienen, sagt Arnholdt. Die Frauen seien sich ihres Risikos durchaus auch bewusst und begrüßten es, dass die Freier nachdrücklich auf den in Bayern bestehenden Kondomzwang hingewiesen werden. Seit Sommer 2006 muss in Räumen, die der Prostitution dienen, gut sichtbar auf diese Pflicht sogar hingewiesen werden.
Allen, die sich wegen Risikokontakten Sorgen machen, bietet das Gesundheitsamt Schweinfurt kostenlose und anonyme Aids-Beratungen und HIV-Tests an. Jeden Dienstag ohne Voranmeldung von 8 bis 12 und von 13.45 bis 15.45 Uhr im Gesundheitsamt, das sich im Landratsamt befindet.