„Ein großartiges Erlebnis – gelöst, fröhlich, auf Augenhöhe!“ Christina Bendig und Heinrich Goschenhofer geraten ins Schwärmen, wenn sie von der Freizeit mit 50 Teilnehmern im Haus Berghof im Spessart erzählen. Zusammen mit Familien aus Afghanistan und Syrien und acht weiteren Deutschen waren die beiden Vorsitzenden des Vereins Freundeskreis Asyl Hofheim im August eine knappe Woche in dem von Buddhisten geführten Selbstversorgerhaus zu Gast.
Gemeinsam kochen, essen, Zeit verbringen. „Ein Urlaub im Sinne von Loslassen, ohne Zweck und Termine“, beschreibt Bendig die erfolgreiche Aktion. Die Freizeit habe die Struktur Helfer – Geholfene aufgebrochen und eine ganz andere Art der Begegnung ermöglicht. „Die Kinder hatten eine Riesenfreude, alle Erwachsenen haben sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten eingebracht“, lässt die Erinnerung Heinrich Goschenhofer strahlen. „Ein Mönch, der dort spazieren ging, bezeichnete den ungeheuren Lärmpegel der Kinder tatsächlich als positive Energie“, lacht er. „Gemeinschaft, Begegnung und Zuwendung, menschliche Nähe – genau da wollen wir hin“, beschreibt die erste Vorsitzende das Ziel des gemeinnützigen Vereins.
Reaktion auf Flüchtlingsdramen
Die Flüchtlingsdramen im Herbst 2013 ließen den engagierten Arzt Professor Dr. Eike Uhlich – er starb im Oktober 2017 – aktiv werden. Er mobilisiert den Hofheimer Bürgermeister Wolfgang Borst und den Stadtrat. Leer stehende Häuser und Wohnungen werden renoviert. Unter dem Motto „Die Tore von Hofheim sind offen“ organisiert Uhlich Bürgerversammlungen, gewinnt Mitstreiter, knüpft Netzwerke. Schließlich gründet er im Februar 2014 den Verein Freundeskreis Asyl Hofheim, dessen erster Vorsitzender er wird.
Der Landkreis Haßberge schlägt den Weg der dezentralen Unterbringung und direkten Betreuung vor Ort ein. Etwa 90 Asylbewerber werden in Hofheim und Umgebung aufgenommen und über den Verein von Paten willkommen geheißen. Der Verein wächst rasch auf über 60 Mitglieder, die zusammen mit einem Kreis von etwa 20 Helfern die Geflüchteten unterstützen. Von der anfänglichen Grundversorgung über Verwaltungs- und Verfahrensfragen, intensivem Deutschunterricht bis hin zur Wohnungs- und Jobsuche reichen die Aufgabenfelder der ehrenamtlichen Helfer.
Christina Bendig, Gründungsmitglied und seit Juni 2016 erste Vorsitzende des Vereins, erläutert, warum ein Verein gegründet wurde: „Uns war von Anfang an eine verlässliche Struktur für die Ehrenamtlichen wichtig.“ Auch die Helfer brauchen Hilfe und Unterstützung, weiß sie aus Erfahrung. Die bietet der Verein in vielfältiger Weise: Supervisionsangebote, Vorträge, Workshops, Ehrenamtstag. Verdruss und Frust der Helfer werden immer wieder thematisiert und hinterfragt. Oft erwarte man zu viel von den Menschen, denen man hilft. Enttäuschungen seien schwer auszuhalten, wenn man sich mit viel Aufwand eingesetzt habe.
Im Laufe der Jahre habe sich die Arbeit des Helferkreises mit dem Aufbau offizieller Strukturen verändert. „Wir geben alles, was geht, an die öffentlichen Stellen ab“, sagt Bendig. Vor allem die Asylkoordinatorin der Hofheimer Allianz, Kerstin Brückner, sei für die Helfer ein absoluter Gewinn. Initiiert wurde das in Bayern erstmals realisierte Projekt vom früheren Vorstand des Vereins Eike Uhlich gemeinsam mit der Stadt Hofheim.
Neben fortwährenden Unterrichtsangeboten konzentriert sich der Verein nun auf das soziale Miteinander. Dafür ist der große Raum mit der Teeküche, der dem Verein Ende 2016 von der Stadt Hofheim zur Nutzung überlassen wurde, hervorragend geeignet. „Bürgermeister Borst hat uns immer wohlwollend unterstützt“, freut sich Bendig. Die Kooperation mit der Stadt sei hervorragend.
Gemeinsam renovierten Helferkreis und Asylbewerber ihr neues Domizil im früheren Schulhaus, das sie Café Diwan tauften. Längst ist das Café Diwan zum beliebten Treffpunkt geworden. Hier werden Integration und Miteinander der Kulturen gelebt.
Vorträge und Workshops zu Themen wie Energiesparen, Versicherungen, Finanzen, Zahnpflege, Gynäkologie, Traumabewältigung, Bewerbungen, Wohnungssuche, stehen auf dem Programm. Gemeinsam wird gefeiert, getanzt und musiziert.
„Der bisherige Betreuungscharakter sollte sich nach und nach in einen Kooperationscharakter wandeln“, wünscht sich Bendig. Die Helferebene verlassen und weg vom Niveau des Zettelausfüllens – daran müsse man nun arbeiten.
Unter anderem sei die Selbstverwaltung des Treffpunktes durch einen Zirkel aus verantwortlichen Helfern und Flüchtlingen wünschenswert. In Kooperation mit der Volkshochschule bieten Syrer und Afghanen inzwischen Koch- und Tanzkurse sowie Vorträge über ihre Heimatländer an, die auf großes Interesse stoßen.
„Es ist uns gelungen, in Hofheim ein tragbares Netz zu knüpfen und eine gute Atmosphäre aufzubauen“, zieht Bendig Bilanz. „Wir merken glücklichweise noch sehr wenig davon, wie sich Deutschland verändert.“ Ein ehemals in Hofheim betreuter Flüchtling, der inzwischen in Nürnberg studiert, brachte es bei einem Besuch unlängst auf den Punkt: „In Hofheim laufe ich durch die Straßen und werde gegrüßt.“
Weitere Informationen zum Freundeskreis Asyl Hofheim e.V. unter www.asylfreunde-hofheim.de