Als sich der fast erwachsene, aber noch fluguntüchtige Spatz zu weit aus dem Nest lehnte, fiel er heraus, blieb mit seinem Bein an einem Plastikfaden hängen und baumelte flatternd an der Kirchenwand.
War es nun die Nähe der Kirche oder schlichtweg Glück? Als Marion Gick bei ihrem täglichen Spaziergang an der Kirche vorbei kam, sah sie das flatternde Bündel unterhalb des Daches und seitdem ließ dieser kleine Vogel ihr keine Ruhe mehr. Der junge Spatz wurde in seiner misslichen Lage von seinen Eltern weiter gefüttert und flatterte an seinem Faden verzweifelt weiter.
Zwei Tage lang schaute Marion Gick dem Drama zu, in der Annahme, der Spatz würde sich irgendwann aus seiner Lage befreien. Dann konnte sie diesen Zustand nicht mehr ertragen. Und so wurde zunächst die Feuerwehr in Sailershausen informiert, die jedoch nicht über das richtige Werkzeug verfügte. Und so fragte der Kommandant der Sailershäuser Feuerwehr, Axel Schmid, seine Haßfurter Kollegen, und die rückten mit ihrer Drehleiter zur Tierrettung an.
Axel Schmid ließ es sich nicht nehmen, selbst den Spatz aus seiner Lage zu befreien. Am Boden befreiten die Feuerwehrmänner den Spatz von seinem Plastikfaden. Dabei stellten sie fest, dass der Spatz sich nie aus eigener Kraft hätte befreien können und einen qualvollen Tod gestorben wäre.
Wie sich die Zeiten doch ändern. Noch anno 1838 musste entsprechend der Landesordnung vom 19. Februar 1748 jede bürgerliche Familie ohne Ausnahme jährlich drei Spatzenköpfe abliefern. Diese durften weder durch Schießgewehre noch mit Schlingenstellen auf dem Felde, sondern mussten mit Töpfen oder auf sonst eine Weise gefangen oder getötet werden. Die Gemeindevorsteher wurden vom Königlichen Landgericht beauftragt, die Einlieferung der Spatzenköpfen von jeder Familie in ihrer Gemeinde sofort anzuordnen, die eingelieferten Köpfe zu verbrennen, und über den Vollzug binnen 14 Tagen Anzeige zu erstatten.
Heute sind unsere Ernten so gut, dass wir sie auch mit unseren tierischen Nachbarn teilen können. Und da sage noch einer, die Welt wird immer schlechter.