Max Göller wird nicht müde zu betonen, dass Jammern in der aktuellen Situation keine Option sei. Natürlich, der Ausnahmezustand aufgrund des Coronavirus macht auch der Brauereibranche mächtig zu schaffen. Gaststätten bleiben geschlossen, eine Veranstaltungsabsage jagt die nächste, Brauer bleiben auf ihren vollgefüllten Fässern sitzen. Dennoch: "Die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen hat oberste Priorität, das ist doch ganz klar. Da darf man nicht nur auf sich selbst schauen", sagt der Juniorchef der Zeiler Brauerei Göller.
Brauerei Göller beantragt Kurzarbeit
Dass das Familienunternehmen an den Auswirkungen der Pandemie zu knapsen hat, ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. Für einige der 135 Angestellen – vornehmlich die in der Gaststätte tätigen Mitarbeiter – hat das Unternehmen bereits Kurzarbeit beantragt. "Das ist uns alles andere als leicht gefallen. Es ist hart für uns und noch härter für die Mitarbeiter - aber wenn ich meine Leute nicht beschäftigen kann, ist diese Option alternativlos", sagt Göller. An der Stimme des Juniorchefs ist sogar durch die Telefonleitung zu hören, dass die Einzelgespräche mit den Beschäftigten nicht spurlos an ihm vorübergegangen sind.
Mit der Schließung der Gaststätte ist bereits ein wichtiges Standbein weggebrochen. Entscheidend für die Branche ist, inwiefern Feste und Veranstaltungen im Frühjahr und Sommer betroffen sein werden. "Veranstaltungen spielen eine sehr große Rolle. Wir hoffen auf eine halbwegs normale Festsaison", sagt Göller. "Dass wir in diesem Jahr nicht an die 100 Prozent kommen, ist natürlich klar." Bereits abgefüllte Fässer – in der Zeiler Brauerei sind das geschätzt um die 300 – stehen bis dahin auf Halde. Zu lange? "Mein Bruder Fritz könnte das genauer sagen, aber das Bier hält sich bei richtiger Lagerung schon einige Monate."
Was noch läuft, ist der Einzelhandel. Der Flaschenabsatz sei gut und halte den Betrieb über Wasser, brächte aber ein neues Problem mit sich: fehlendes Leergut. "Damit haben wir jedes Jahr zu kämpfen und sorgen entsprechend vor. Aber die Pfandproblematik ist noch einmal ein ganz eigenes Thema."

Trotzdem hat die Krise in Unterfranken bereits das erste Opfer der Branche gefordert. Die Brauerei aus Werneck hat die Reißleine gezogen und wird ihren Betrieb zum 30. September einstellen – was die Branchenkollegen aus Zeil in doppelter Sicht trifft: Abgefüllt wird das Wernecker Bier in Zeil, das Unternehmen der Familie Lang ist der größte Kunde des Göller-Betriebs. "Die Nachricht hat uns sehr getroffen", sagt der Zeiler Juniorchef. "Wir haben seit Jahren ein gutes Verhältnis zur Familie Lang." Ein weiterer Einschnitt, den die Zeiler Brauerei im Herbst zu erwarten hat.
Dennoch will man in Zeil erhobenen Hauptes durch die Krise marschieren. "Ich will hier nicht jammern. Fast jedes Unternehmen ist betroffen, wir können nicht nur an uns denken. Ja, diese Situation ist ein massiver Dämpfer für uns. Aber wir stehen das gemeinsam durch. Wir werden nicht zulassen, dass dem Betrieb etwas passiert. Kein Festangestellter soll seinen Job bei uns verlieren."
Brauerei Raab hofft auf Feste im Sommer
Mit einem blauen Auge kommen Michael Raab und seine Hofheimer Brauerei wohl nicht mehr davon. Der Einzelhandel laufe zwar noch normal, "alles andere ist aber regelrecht zusammengebrochen". Etwa zehn Gaststätten und etliche Vereinsheime beliefert Raab normalerweise, inzwischen hat sich die Lieferkette umgekehrt: Viele Wirte bringen ihre Getränke wieder zur Hofheimer Brauerei zurück.
"Es geht aktuell noch einigermaßen", erzählt Raab am Telefon. "Der Handel läuft und wir können unseren Heimdienst fahren." Bleibt es dabei, käme die Privatbrauerei "mit zwei blauen Augen" davon. Ähnlich wie bei seinen Zeiler Kollegen sitzt Raab auf bereits abgefüllten Fässern, die einige Monate im Lager überdauern könnten - um dann für Feste oder Hochzeiten ausgeliefert zu werden.
Was davon stattfinden wird, weiß jedoch niemand. "Der Knackpunkt wird sein, ob und wie viele Feste stattfinden werden. Dauert diese Situation bis in den Hochsommer an, wäre das schon heftig für uns", sagt Raab. Seine acht Mitarbeiter befänden sich derzeit allesamt in Kurzarbeit: "Uns blieb keine andere Möglichkeit." Soforthilfe hat der Betrieb auch schon beantragt, doch die wird aufgrund der drohenden Verluste wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein bleiben.
Weil die Zapfhähne in der Gastronomie trocken bleiben und die Nachfrage nach Flaschenbier steigt, erwartet man auch in Hofheim Knappheit beim Leergut. "Die Auswirkungen des veränderten Konsumverhaltens sind für uns schon jetzt zu spüren", sagt Raab, der in den kommenden Wochen und Monaten "mit einem Riesenproblem" rechnet und seine Kunden bittet: "Bringen sie ihr Leergut zurück!"

Brauerei Adler trotzt der Ausnahmesituation
Etwas ruhiger geht es derzeit bei der Brauerei Adler-Bräu in Stettfeld zu. Zwar hat auch hier die Gaststätte geschlossen, dennoch verläuft der Arbeitsalltag für Elisabeth Merklein, die die Brauerei zusammen mit ihrem Mann führt, noch recht normal. "Die Gaststätte ist nur ein kleiner Teil unseres Betriebs", sagt die Stettfelderin. "Ansonsten sind wir aber noch ganz gut aufgestellt."
Der Löwenanteil der Produktion liege beim Adler-Bräu sowieso auf der Flaschenproduktion, das Unternehmen beliefert keine Gastronomiebetriebe. Alle sechs Mitarbeiter sind noch im Einsatz, Kurzarbeit habe der Betrieb noch nicht angemeldet. "Bis jetzt haben wir noch keine allzu großen Probleme", sagt Merklein. "Die Situation ist noch auszuhalten."
Doch auch für die Stettfelder gilt, was die Kollegen aus Zeil und Hofheim fürchten: Fallen reihenweise Feste und Veranstaltungen im Sommer aus, wird es auch für Adler-Bräu eng. "Das würde uns sicher extrem wehtun."
