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KLEINSTEINACH: Grabsteine erzählen Geschichten

KLEINSTEINACH

Grabsteine erzählen Geschichten

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    Christliche Steinmetze, die jüdische Grabsteine angefertigt haben: Dieses Thema interessiert den Zeiler Heimatforscher Heinrich Weisel. Auf der Suche nach konkreten Spuren ist er unter anderem im israelitischen Friedhof bei Kleinsteinach fündig geworden.  Unten: Die rotbraune Maserung ist charakteristisch für den Zeiler Schilfsandstein.
    Christliche Steinmetze, die jüdische Grabsteine angefertigt haben: Dieses Thema interessiert den Zeiler Heimatforscher Heinrich Weisel. Auf der Suche nach konkreten Spuren ist er unter anderem im israelitischen Friedhof bei Kleinsteinach fündig geworden. Unten: Die rotbraune Maserung ist charakteristisch für den Zeiler Schilfsandstein. Foto: Fotos: Beate Dahinten

    Die Beschäftigung mit den Spuren jüdischen Lebens in der Region hat in jüngster Zeit mehr Gewicht bekommen. Das Museumsprojekt in Kleinsteinach, der dazugehörige Arbeitskreis und die Idee eines Themenweges in der Hofheimer Allianz sind Hinweise darauf. Schließlich waren Menschen jüdischen Glaubens voll integriert, und es gab vielfältige geschäftliche Beziehungen. Daraus entwickelte sich ein Thema für den Zeiler Heimatforscher Heinrich Weisel.

    Steine können Geschichten erzählen. Für Grabsteine gilt das ganz besonders. Sie berichten von Menschen aus der Vergangenheit, führen aber auch zu Menschen in der Gegenwart. Die Namen, nach denen Heinrich Weisel sucht, sind nicht in der Inschrift zu finden, sondern meist am unteren Rand oder seitlich angebracht, und manchmal auch zugewachsen. Weisel interessiert sich für die Steinmetze, unter deren Händen die Grabsteine entstanden sind.

    Die Zeiler Steinhauer im 17. und 18. Jahrhundert sind sein Schwerpunktthema. In diesem Zusammenhang hatte er bereits erfahren, dass ein Steinmetz Sauerteig aus Kleinsteinach Steine aus Zeil bezogen hatte. Dessen Namen entdeckte er dann auch auf dem jüdischen Friedhof in dem Riedbacher Gemeindeteil. Und es zeigte sich, dass dort 50 bis 60 Grabsteine aus Zeiler Schilfsandstein gefertigt sind, weit mehr als die der elf Juden aus Zeil, die dort bestattet sind. „Der dortige Steinmetz hatte dieses Material also bevorzugt verwendet“, schloss Weisel daraus. Dazu kam der hochwertigere Granit. Neben der Signatur von Sauerteig, der auch das Kriegerdenkmal auf dem israelitischen Friedhof angefertigt hatte, stieß Weisel auf die Namen des Bamberger Bildhauers Philipp Dorsch sowie des Maurer- und Steinmetzmeisters Hans Manger aus Hofheim.

    Die Spurensuche ging weiter: anhand von Adressbüchern und alten Zeitungsnotizen, in persönlichen Kontakten mit Fachleuten, die Weisel unter anderem bei den Exkursionen des Kooperationsprojekts Landjudentum knüpfte, und in Gesprächen mit Nachkommen der Steinmetze, wie zum Beispiel Trude Mees, einer Enkelin von Adolf Sauerteig (Artikel unten).„Ein Mosaiksteinchen kommt zum anderen“, beschreibt Weisel den spannenden Prozess, „zum Schluss kommt ein Bild raus, und man hätte nicht gedacht, was für Informationen es gibt.“

    Bisweilen entstanden daraus Aktivitäten in Sachen Familienforschung. Im Fall eines Enkels des Kleinsteinacher Steinhauers Wilhelm Weiß etwa. Heinrich Weisel fand heraus, dass Weiß der Lehrmeister von Adolf Sauerteig gewesen war. Ob Weiß auch jüdische Grabsteine angefertigt hat, ließ sich nicht belegen. Doch das muss nichts heißen: Wie der Heimatforscher erfahren hat, haben die Steinmetze nicht von Anfang an ihre Namen hinterlassen, sondern erst, als Konkurrenz aufgekommen sei.

    Freilich beschränkte Heinrich Weisel seine Suche nicht auf Kleinsteinach. Auf dem jüdischen Friedhof bei Ermershausen beispielsweise fand er mehrere Signaturen. „Gg. Link Burgpreppach“ lautet eine davon. Und quasi die Bestätigung dazu entdeckte Weisel auf dem jüdischen Friedhof des Marktfleckens: Ein Grabstein trägt auf der Rückseite den Schriftzug „Link v. hier“.

    Juden durften nicht als Steinmetze arbeiten und mussten daher auch für die Grabsteine die Dienste christlicher Handwerker in Anspruch nehmen. Wie aber konnte ein einfacher Steinmetz, der drei Jahre gelernt hat und im Steinbruch arbeitet, die hebräischen Inschriften korrekt anbringen? Diese praktische Frage beschäftigte Weisel besonders.

    Eine Antwort darauf bekam er von Israel Schwierz aus Würzburg. Demnach könnten hebräische Texte oder sogar Schablonen als Vorlagen gedient haben, angefertigt von jüdischen Lehrern. Mit der Zeit hätten die Handwerker auch immer mehr Routine darin bekommen, die hebräischen Schriftzeichen auf die Grabsteine zu übertragen, nimmt Weisel an. Israelische Austauschschüler aus Kiryat Motzkin haben allerdings aufgedeckt, dass die Übertragung bisweilen nicht ohne Fehler geschah.

    Fasziniert hat Weisel auch die kunstvollen Ausführung vieler jüdischer Grabsteine. Vielleicht, so möchte man meinen, kommt es ja nicht von ungefähr, dass etwa ein Adolf Sauerteig im Adressbuch für das Bezirksamt Haßfurt von 1926 als Bildhauer bezeichnet ist.

    Beim Fototermin übrigens zeigte sich, dass gerade wieder Steinmetze auf dem Kleinsteinacher Friedhof arbeiten: Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern hat konservierende Maßnahmen an den Grabsteinen in Auftrag gegeben.

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