Ein Strompreis von rund einem Euro für die Kilowattstunde (kWh). Was wie Wucher klingt, ist zur Jahreswende in Deutschland Realität geworden. Auch im Geschäftsbereich des Stadtwerks Haßfurt mussten Neukunden plötzlich 95 Cent pro kWh bezahlen und dachten - so ein Betroffener im Gespräch mit der Redaktion - zunächst an einen Tippfehler in der Rechnung, da Bestandskunden weiterhin ihre 33,78 Cent berechnet bekamen. Stadtwerks-Geschäftsführer Norbert Zösch begründet das Procedere damit, dass das Stadtwerk verpflichtet sei, die Grundversorgung auch von Neukunden sicherzustellen. Für diese habe eigens kurzfristig teurer Strom an der Börse gekauft werden müssen. Dieser Preis wurde dann an diese Kunden weitergegeben. Würde man den Preis für diesen teuren Strom auf alle Kunden umlegen wollen, hätte man vertraglich vereinbarte Konditionen mit langfristig gebundenen Kunden nicht einhalten können.
Welche Absicherung gibt es für gekündigte Kunden von Strom-Discountern?
Bei diesen Neukunden handelte es sich zum Großteil um vorherige Kunden von Billiganbietern, denen die Verträge gekündigt wurden, weil diese Strom-Discounter aufgrund der an der Strombörse exorbitant gestiegenen Strompreise nicht mehr liefern wollten oder konnten. Davon betroffene Kunden "stehen aber keineswegs ohne Strom da", sagt Eva Gerhart, Pressesprecherin der ÜZ Mainfranken in Lülsfeld. "Die Versorgung geht nahtlos in die Ersatzversorgung über und die Kunden können sich auf eine zuverlässige Stromlieferung ihres örtlichen Grundversorgers verlassen." Aber dafür mussten sie einen hohen Preis bezahlen.

"Die 95 Cent im Dezember waren durchaus realistisch", sagt Norbert Zösch. Während des Gesprächs der Redaktion mit dem Stadtwerks-Geschäftsführer verfolgen wir den pendelnden Strompreis: "Er liegt gerade bei 34,36 Cent/kWh. Vormittags war er noch bei 47,78 Cent. Im vergangenen Jahr hatte sich der Preis auf durchschnittlich 35 Cent eingepegelt. Derzeit kostet die Kilowattstunde in Haßfurt 33,87 Cent, "das bleibt das ganze Jahr gleich", so Zösch. Dieser Preis werde durch den Umstand möglich, dass das Stadtwerk die geplante Strommenge bereits ein bis zwei Jahre vorher kaufe. Je kürzer die Frist vor dem Kauf, umso höher der Preis, so Zösch. Deshalb die 95 Cent im Dezember für kurzfristige Neukunden.
Warum ist der Strompreis so stark gestiegen?
Seit etwa einem Jahr, erklärt Eva Gerhart, sei ein "stetiger Anstieg zu verzeichnen", ab Mitte des Jahres sprunghaft. "Die Börsenpreise reagieren auf sämtliche Geschehnisse weltweit." Ein Grund sei die Gasknappheit in Mitteleuropa. Die Nachfrage nach Erdgas sei ungewöhnlich hoch. Der daraus resultierende Engpass schlage sich in Form einer enormen Steigerung auf die Energiepreise nieder. Ebenso herrsche ein starker Bedarf an Flüssigerdgas vor allem in China. Die Unsicherheit über die Inbetriebnahme der Pipeline "Nord Stream 2" mache sich ebenfalls an den Energiemärkten bemerkbar. Nicht zuletzt die vergleichsweise schwachen Erträge der Erneuerbaren Energien im abgelaufenen Jahr hätten ihren Teil zum hohen Preis beigetragen.
Warum sind die Tarife für Neukunden deutlich teurer?
"Je länger die Vertragslaufzeit eines Stromlieferungsvertrages ist, desto langfristiger kann ein Energieversorger planen und die benötigte Strommenge vorausschauend an der Börse einkaufen", erklärt Eva Gerhart in Übereinstimmung mit Norbert Zösch. "Dadurch sind Verträge mit langer Vertragsbindung meist günstiger. Je kurzfristiger der Strom an der Börse eingekauft werden muss, desto abhängiger ist man in der Beschaffung von der aktuellen Kursentwicklung." Kunden, die nun aufgrund von Insolvenzen oder außerordentlichen Kündigungen in die Ersatzversorgung fielen, hätten vom zuständigen Grundversorger vorher nicht eingeplant werden können. Das heißt, der zusätzlich benötigte Strom musste kurzfristig eingekauft werden – und das zum aktuellen, ungewöhnlich hohen Börsenpreis. Deshalb entspreche der Energiepreis in der Ersatzversorgung dem aktuell hohen Preisniveau.
Ist ein Wechsel in einen attraktiveren Tarif möglich?
"In der Ersatzversorgung", so Zösch, "kann der Neukunde vorzeitig wechseln." Das heißt, er kann in den Grundversorgungstarif (33,78 Cent/kWh) wechseln. Der habe dann zwar eine gewisse Vertragslaufzeit, sei vielleicht auch nicht der günstigste Tarif, "aber immerhin kein Neukundentarif", sagt Zösch. Die ÜZ Mainfranken habe ebenfalls ihr Tarifangebot für Neukunden vorübergehend ausgesetzt. "Ein Tarifwechsel ist für die Kunden in der Grundversorgung zum aktuellen Zeitpunkt daher nicht möglich", erläutert Eva Gerhart.

"Mittelfristig haben die Neukunden dann selbstverständlich wieder die Möglichkeit, in einen Vertrag zu attraktiveren Konditionen zu wechseln. Die Strompreise an der Börse sind nach wie vor extrem hoch, so dass mit weiteren Insolvenzen von Billiganbietern zu rechnen ist. Das hohe Preisniveau und das vorübergehend reduzierte Angebot erschweren den Anbieterwechsel aktuell. Schnäppchen gibt es im Moment nicht und die betroffenen Kunden müssen sich darauf einstellen, tiefer in die Tasche greifen zu müssen."
Was rät der Grundversorger betroffenen Kunden?
"Betroffenen Kunden empfehlen wir", so Eva Gerhart, "sich an den zuständigen Grundversorger zu wenden und sich dort nach den Tarifen zu erkundigen. Als Übergangslösung sollte auch der Grundversorgungstarif in Betracht gezogen werden, da man hier kurze Kündigungsfristen hat und schnell reagieren kann, sobald sich die Lage entspannt. Man sollte darauf achten, die Abschlagszahlungen bei seinem Energieversorger anzupassen, damit es bei der Endabrechnung keine böse Überraschung gibt."
Wie sollten sich die Stromkunden aktuell verhalten?
"Bestandskunden, die bisher keine drastische Preiserhöhung erhalten haben, sollten bei ihrem Tarif bleiben", rät Eva Gerhart. "Langfristig gesehen ist ein regionaler und zuverlässiger Energieversorger zu fairen Preisen mit Energiepreisgarantie meist die bessere Wahl." Die "verbraucherzentrale.de" bläst ins gleiche Horn: "In einigen Städten ist momentan der Grundversorgungstarif der günstigste Tarif. Die Ersparnis beim Anbieterwechsel ist in vielen Liefergebieten gering. Es ist teilweise schwierig, attraktive Tarife zu finden. Insbesondere dann, wenn der Tarif eine Preisgarantie haben soll. Von einem teuren Tarif mit Preisgarantie sollten Sie absehen. Maximal sollten Sie sich ein Jahr binden."
Was sollte in der Region getan werden?
"Auch uns treffen natürlich die Preiserhöhungen an den Energiemärkten", sagt Stadtwerk-Chef Zösch. "Wir versuchen mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zumindest mittelfristig unabhängiger zu werden. Unser Ziel gemeinsam mit dem Landkreis Haßberge ist es, eine dezentrale Energieversorgung auf- und auszubauen. Das ist hier sicher die zielführende Strategie. Energiesparen und Errichten von eigenen PV-Anlagen auf dem eigenen Dach mit Batteriespeicher ist dringend zu empfehlen. Wo dies nicht möglich ist, werden Energiegemeinschaften - sogenannte energy-communities - Entlastung schaffen. Dazu sind allerdings entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen seitens des Bundes notwendig. Denn: Je mehr Erneuerbare Energie, desto günstiger der Strompreis."
Energiesparen im Haushalt: Tipps zum StromsparenDer günstigste Strom ist immer noch der, der gar nicht verbraucht wird. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Umweltschutz hat dazu eine Sammlung von Stromspartipps zusammengestellt:Kühlschrank: Temperatur um ein Grad erhöhen und so Energiesparen im Haushalt.
In vielen Haushalten ist der Kühlschrank zu kalt eingestellt. Sieben Grad reichen aus, damit die Lebensmittel frisch bleiben. Vor allem, wenn Sie den Kühlschrank richtig einräumen.Spülmaschine: Das Energiesparprogramm (Eco-Programm) nutzen.
Obwohl es länger dauert, ist es sparsamer. Grund: Das Wasser wird weniger erhitzt und das spart Strom.Backofen: Mit Umluft statt mit Ober-/Unterhitze backen.
Denn Sie können mit einer niedrigeren Temperatur backen; außerdem können Sie im Backofen mehrere Ebenen gleichzeitig nutzen.Gefrierfach: Regelmäßig abtauen.
Auch wenn es lästig ist: Denn eine einen Zentimeter dicke Eisschicht verdoppelt den Stromverbrauch des Gefrierfachs.Waschmaschine: Die Maschine ganz, statt nur halb voll machen.
Moderne Geräte können Sie ruhig richtig voll machen. Auch wichtig: Die Wäsche vor dem Waschen richtig sortieren.Herd: Beim Kochen den Deckel nutzen.
Klingt einfach, machen trotzdem viele Hobbyköche nicht – obwohl sich so viel Strom sparen lässt. Auch wichtig: Die Topfgröße sollte zum Kochfeld passen.Beleuchtung: Halogenlampen durch LED-Lampen ersetzen.
Übrigens lohnt es sich auch, Energiesparlampen durch LED-Lampen zu ersetzen.Wasserkocher: Immer nur die Menge Wasser kochen, die Sie auch wirklich benötigen.
Trotzdem gilt: Wasser im Wasserkocher erhitzen ist deutlich stromsparender als auf dem Herd.Computer: In den Ruhezustand versetzen, statt den Bildschirmschoner zu aktivieren.
Auch sinnvoll: den Energiesparmodus verwenden.Herd: Eier und Gemüse mit nur zwei Zentimeter Wasser im Topf garen, anstatt sie komplett mit Wasser bedeckt zu kochen.
Das spart nicht nur Strom, da weniger Wasser heiß gemacht werden muss, sondern auch Zeit.Allgemein: Den Standby-Modus vermeiden und alle Haushaltsgeräte mithilfe einer Steckerleiste immer komplett ausschalten.Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz