Wem ist das noch nicht passiert? Lieschen Müller kauft gerade in einem Geschäft in der Innenstadt ein, gönnt sich und ihren Lieben etwas oder sitzt beim Friseur unter der Trockenhaube - und plötzlich fällt ihr siedendheiß ein, dass die Parkuhr abläuft. Je nach Servicekraft des Geschäftes kann ein Kunde nun einen un- oder willigen Auszubildenden mit etwas Kleingeld auf die Reise zu seinem Fahrzeug schicken, dessen Standort er ihm zuvor möglichst detailliert beschrieben haben sollte, oder selbst alles stehen und liegen lassen, zur Karre hasten und Münzen nachwerfen, so er denn welche hat. Das kann sehr unangenehm, in der Kreisstadt aber bald nicht mehr nötig sein. In einem solchen Fall würde es nämlich künftig genügen, sein Smartphone zu zücken und ein paar Knöpfe zu drücken.
"In einem Jahr sieht man, wie das Handy-Parken von den Bürgern akzeptiert wird."
Günther Werner, Bürgermeister
Dieser Service des sogenannten Handy-Parkens soll jetzt für ein Jahr den Probebetrieb in Haßfurt aufnehmen. Der Bauausschuss stimmte dem zwar in seiner Sitzung am Dienstag schon einhellig zu und sprach eine Empfehlung aus, doch die endgültige Entscheidung liegt noch beim Stadtratsgremium. Man darf allerdings damit rechnen, dass der Rat der Stadt Grünes Licht geben wird. In diesem einen Jahr, so Bürgermeister Günther Werner auf Anfrage dieser Redaktion, könne man dann sehen, "wie das Handy-Parken von den Bürgern akzeptiert wird".
Das Handy-Parken bietet "die Möglichkeit, per Mobiltelefon die gewählte Parkgebühr bargeldlos zu entrichten", erläuterte Sachbearbeiter Harald Bauer vom Bauamt dem Bauausschuss, "ohne dass man einen Parkscheinautomaten benutzen muss". "Das soll ein Stück Erleichterung für die Bürger bringen", ergänzt Bürgermeister Werner, "aber natürlich bleiben die Automaten weiter bestehen. Es besitzt ja nicht jeder ein Smartphone." Die weitere Nutzung der Parkscheinautomaten ist also uneingeschränkt möglich.
Es handelt sich um ein Smart-Green-City-Projekt
Die Umsetzung dieser im Rahmen des Smart-Green-City-Prozesses angestoßenen Projekts übernimmt für die Stadt Haßfurt ein Komplettanbieter für digitales Parken. Die Firma Parkster GmbH - Bürgermeister Werner: "Wir hatten Kontakt zu verschiedenen Unternehmen" - ist ein in Schweden im Jahre 2010 gegründetes Unternehmen, das seit 2018 in Deutschland mit Sitz in München tätig ist. Dieses Unternehmen bietet der Kreisstadt eine Pilotphase über einen Zeitraum von einem Jahr ohne Berechnung von Transaktionsgebühren an. Nach Ablauf dieser Pilotphase muss das Bauamt der Stadt, das als Partner des Unternehmens fungiert, beurteilen, wie gut das neue System von den Verkehrsteilnehmern angenommen wird. Erst danach fallen für die Stadt Transaktionsgebühren bei einer Akzeptanzquote von 20 bis 100 Prozent an. Diese beträgt fünf Prozent aus dem Erlös von den mit dem Handy gelösten Parkvorgängen.
Digitale Brötchentaste
Der Verkehrsteilnehmer benötigt für das Lösen eines digitalen Parkscheins die "Parkster App" auf seinem Smartphone. Die kostenlose App ist für Android-Geräte auf Google Play sowie für das iPhone im App Store erhältlich. Für den Parkvorgang gibt der Verkehrsteilnehmer sein Kennzeichen und die Parkdauer in der App auf seinem Handy ein. Die Parkdauer und die Parkgebühr sind mit den Parkscheinautomaten identisch. Auch das kostenlose Parken wie mit der Brötchentaste - eine halbe Stunde - kann über die App gelöst werden.
Schummeln ist nicht möglich
Dauert es einmal länger als geplant, kann der Verkehrsteilnehmer seinen Parkvorgang einfach mit dem Smartphone verlängern. "Kehrst du früher zu deinem Auto zurück, beendest du deinen digitalen Parkschein vorzeitig. So vermeidest du Überzahlen und sparst unnötige Parkgebühren", heißt es auf der Website des Anbieters. Und weiter: "Du findest deine aktiven Parkvorgänge und Parkscheine in der App unter ,Parkscheine'. Dort wählst du deinen laufenden Parkvorgang aus, wenn du deine Parkzeit ändern möchtest. Gilt für deinen Parkplatz eine Höchstparkdauer, so kannst du diese auch mit der Parkster App nicht überschreiten." Beschummeln lässt sich das System also mit dem Handy nicht.

Der Verkehrsteilnehmer kann auch beliebig viele Kennzeichen in der Parkster App speichern. Das ist dann von Vorteil, wenn der Fahrer zum Beispiel mal mit dem eigenen Auto, mal mit dem Firmen- oder Mietwagen unterwegs ist. Der kann dann beim Parkscheinkauf in der App entweder ein schon gespeichertes Kennzeichen auswählen oder ein weiteres eingeben. Er kann sogar für verschiedene Kennzeichen gleichzeitig Parkscheine lösen, in der App einsehen und verwalten.
Übersicht per App
Mit dem Button „In deiner Nähe“ sieht der Autofahrer in der App die Parkplätze, die sich in seiner Umgebung befinden. Die Parkplätze werden auf einer Karte und mit den jeweiligen Adressen angezeigt. Wenn der Fahrer auf den Parkplatz seiner Wahl tippt, erhält er übersichtlich die Infos zu kostenpflichtigen Parkzeiten, Parktarif und Höchstparkdauer sowie einen Zonencode angezeigt. In dem Zusammenhang weist Bürgermeister Werner darauf hin, dass man später auch verschiedene Parkzonen mit unterschiedlichen Preisen ausweisen könnte, zum Beispiel Stellplätze für Wohnmobile. Aber das ist Zukunftsmusik.
"Es entstehen keine zusätzlichen Kosten für die Bürger."
Harald Bauer, Sachbearbeiter
Durch die Nutzung der Parkster App fallen keine höheren Parkgebühren an. Die Eingabe sensibler Kontodaten in die App, so Harald Bauer, sei nicht erforderlich. Bezahlt wird auf Rechnung oder per Kreditkarte. Der Verkehrsteilnehmer erhält hierzu von Parkster per Post oder Email - das kann der Autofahrer festlegen - eine monatliche Rechnung, die detailliert seine Parkvorgänge auflistet. "Es entstehen keine zusätzlichen Kosten für die Bürger", unterstreicht Harald Bauer.
Kontrolle in Echtzeit
Was macht aber künftig die kommunale Parküberwacherin bei ihrem Kontrollgang? Es liegt ja nun kein Parkschein mehr hinter der Windschutzscheibe, wenn digital geparkt wird. Ist auch gar nicht nötig, denn die Kontrolleurin kann alle digitalen Parkvorgänge in Echtzeit überprüfen. Eine einfache Eingabe des Kennzeichens an ihrem Handgerät genügt, um die Gültigkeit eines digitalen Parkscheins zu kontrollieren. Denn Beschummeln lässt sich das System auch mit dem Smartphone nicht.
