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ESCHENAU: Heidi Marks im Fernsehen: „Ich will nicht mehr schweigen“

ESCHENAU

Heidi Marks im Fernsehen: „Ich will nicht mehr schweigen“

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    In das prunkvolle Ambiente des Barock-Schlösschens Favorite in Ludwigsburg bei Stuttgart kamen auf Einladung des SWR Menschen, um mit Nachtcafé-Moderator Wieland Backes über düstere, belastende Geheimnissen zu sprechen, die sich mit ihrer Person verbinden. Unter ihnen waren der Berliner Gerichtsmediziner Prof. Volkmar Schneider, der mehr als 50 000 Leichen untersucht hat, und Heilwig Weger, Adoptivtochter des hingerichteten SS-Generals Oswald Pohl.

    Heidi Marks spricht in der Sendung nach 46 Jahren bedrückten Schweigens über den sexuellen Missbrauch und die Vergewaltigungen, die ihr zwei Männer in ihrem Heimatdorf Eschenau angetan haben sollen – seit sie vier Jahre alt war. Mit 15 floh sie aus dem Ort.

    „Ich war mir nicht sicher, ob ich zum Nachtcafé kommen soll, weil ich nicht weiß, wie man in Eschenau meinen Beitrag aufnimmt.“ Doch dann hatte sich die 50-Jährige doch entschieden, die strapaziöse 20-stündige Anreise aus den USA, wo sie heute lebt, auf sich zu nehmen. Denn: „Ich will nicht mehr schweigen müssen, über das, was mir in Eschenau angetan wurde, ich will verhindern, dass ähnliches anderen Mädchen und Frauen angetan wird. Das Gerede des Dorfes tut mir nicht mehr weh.“

    Die freundlich lächelnde, dezent gekleidete Frau erweckt nicht den Eindruck, erneut die mediale Öffentlichkeit gesucht zu haben, um mit Eschenau abzurechnen. Trotz allem, was sie und Teile ihrer Familie dort an Gewalt und Anfeindungen erleiden musste. Sie und Moderator Wieland Backes erwähnen den Namen Eschenau nicht einmal während der Sendung, es ist immer nur die Rede von „einem fränkischen Dorf“.

    „Ich habe ein Leben lang Schuldgefühle aufgebaut, hatte nie Selbstvertrauen, kämpfte mit Minderwertigkeits- und Schuldkomplexen“, beschreibt Marks Gästen und Zuschauern der Sendung ihre Probleme. „Vor acht Jahren wurde mir erstmals bewusst: Ich bin unschuldig.“ Dennoch dauerte es bis März dieses Jahres, dass sie sich offenbarte. Bei einem Besuch in Eschenau hatte sie erfahren, dass es neben ihr mindestens weitere sechs Opfer ihres Peinigers gegeben haben soll. „Die sind heute zwischen zehn und 42 Jahre alt. Es hat also nie aufgehört. Ich war nicht das einziges Opfer, wie ich bis dahin dachte“, stellte Marks fest.

    „Meine Angst hatte es mir ermöglicht, zu schweigen“, sagt die 50-Jährige in der Sendung: ihre Angst als Kind, dass ihre Eltern sie weggeben würden, wenn alles rauskäme, ihre Angst, dass ihre erst zugezogene Familie im Dorf Schimpf und Schande ausgesetzt wäre. „Bei uns im Haus hieß es immer 'Was würden denn die Nachbarn denken!'.“ Ihre hilflosen Signale wurden nicht verstanden: „Ich war vorlaut, frech, immer anders als die anderen Kinder. Dabei wollte ich nur dazu gehören.“ Mit 18 scheiterte ein Suizidversuch von ihr.

    „Ein Geheimnis hat immer zwei Gesichter: es zerstört Leben, zugleich schützt es unsere Privatsphäre“, erläutert die Autorin und Psychologin Ursula Nuber, die ebenfalls Gast des Nachtcafés war. Zu Marks gewandt sagt sie, dass es ganz typisch sei, wenn ein Kind versuche, seine Familie zu schützen, indem Unangenehmes unausgesprochen bleibt. „Ich kann mit Geheimnissen leben, solange ich niemandem damit schade“, so Nuber. Gefährliche Geheimnisse müssten aber aufgedeckt werden. „Wir müssen damit aufhören, einfach wegzuschauen.“

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