„Bestürzt, geschockt, aber dennoch ruhig“ – so reagierten die Mitarbeiter, als sie beim Wechsel zwischen der ersten und zweiten Schicht, um 13.45 Uhr, über den Insolvenzantrag informiert wurden, berichtet der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Kaiser.
Mit dabei bei der Informationsveranstaltung: Vertreter der Agentur für Arbeit und der vorläufige Insolvenzverwalter Thomas Linse, sowie Vertreter der Geschäftsleitung. Wie Linse berichtet, stellt die Firma Kugelfertigung Eltmann GmbH Wälzlager für die Kugellagerindustrie her und gehört zur US-amerikanischen NN Inc. Gruppe. „Aufgrund der Wirtschaftskrise und des wettbewerbsintensiven Marktumfelds erlitt die Gesellschaft in den vergangenen beiden Jahren erhebliche Verluste, die das Eigenkapital aufbrauchten“, berichtet Linse weiter. Die Gesellschafter hätten nun erklärt, keine Mittel mehr zur Verfügung zu stellen. Damit habe beim Amtsgericht der Insolvenzantrag wegen Überschuldung gestellt werden müssen.
Laut Linse werden Produktion und Geschäftsbetrieb fortgeführt. Die Dezembergehälter sind laut Linse planmäßig gezahlt worden. Die Löhne der betroffenen 110 Mitarbeiter sind durch das Insolvenzgeld bis Ende März gesichert.
Auch wenn in den vergangenen Jahren immer wieder damit gedroht worden sei, dass der Betrieb geschlossen werde, seien die Mitarbeiter nun dennoch geschockt gewesen, berichtet stellvertretender Betriebsratsvorsitzender Wolfgang Kaiser. Zumal er gar kurz vor Weihnachten auf Nachfrage bei der Geschäftsleitung die Antwort erhalten habe, dass alles in Ordnung sei.
Krisenstimmung gab es im Werk seit langem, berichtet Kaiser weiter. Und die Belegschaft habe Opfer gebracht. So habe man drei Jahre lang jeweils 110 Stunden umsonst gearbeitet. Mit Sorgen habe man zudem die Entwicklung beobachtet, dass die Muttergesellschaft im vergangenen Jahr ein Werk in Irland geschlossen, dafür neue Werke in der Slowakei und China eröffnet habe. Zudem seien Teilbereiche der Fertigung aus Eltmann nach Italien abgezogen worden.
Was für Kaiser besonders schlimm ist: Es sind vor allem viele ältere Arbeitnehmer betroffen. Rund 53 Jahre beträgt das Durchschnittsalter, etliche Kollegen sind über 60 Jahre.
Eltmanns Bürgermeister Michael Ziegler hatte am frühen Donnerstagabend noch keine offiziellen Informationen. „Ich wurde vorhin von einem Bürger gefragt, ob ich das schon weiß“, erklärte er im Gespräch mit dem Bote vom Haßgau. Als Bürgermeister erfülle ihn eine solche Nachricht natürlich mit Sorge um die Beschäftigten. Allerdings müsse das Anmelden von Insolvenz ja nicht gleich bedeuten, dass der Betrieb geschlossen werde. „Ich werde mich am Freitag erst einmal so gut wie möglich informieren", erklärte Bürgermeister Ziegler.
Eine Prognose über die Zukunft der Kugelfertigung Eltmann GmbH will Insolvenzverwalter Thomas Linse unterdessen noch nicht abgeben. Man stehe erst am Anfang der Arbeit. Bislang habe man erst drei Stunden im Unternehmen verbracht.
„Wir standen schon so oft auf der Kippe. Wir hoffen einfach, dass es irgendwie weitergeht“, sagte ein Mitarbeiter am frühen Abend gegenüber dem Bote vom Haßgau. Eigentlich hatte er nicht an solch eine Katastrophe gedacht, denn der Weltmarkt hatte sich erholt, die Nachfrage stieg. „Mir ist es ein Rätsel, wie das passieren konnte.“
Ob er Hoffnung hat, dass es irgendwie weitergeht? Stellvertretender Betriebsratsvorsitzender Wolfgang Kaiser hat „immer gehofft, dass uns FAG zurückholt. Und die Hoffnung besteht weiter. Jetzt erst recht. Weil nicht nur 110 Arbeitnehmer betroffen sind, sondern das Schicksal vieler Familien.“
Die Geschäftsleitung der Firma Kugelfertigung Eltmann GmbH war am Donnerstagabend nicht mehr zu erreichen.