Freilaufende Hunde im Naturschutzgebiet sind für Jäger oft ein Ärgernis. Die Haustiere scheuchen das Wild auf, das panisch und unkontrolliert wegrennt. Glaubt man den Angaben von Jagdpächtern, sind nicht selten Hunde, die nicht an der Leine geführt werden, für Wildunfälle verantwortlich. Und das, obwohl in Naturschutzgebieten absolute Leinenpflicht gilt. An Zufahrtswegen stehen zudem oft Schilder, die Spaziergänger darüber aufklären, was erlaubt ist und was nicht.
Besonders erschreckend erscheint allerdings, was sich im Naturschutzgebiet zwischen Haßfurt und Augsfeld zugetragen hat. Innerhalb von wenigen Wochen wurden dort in der Umgebung des Aussichtsturms, der von Spaziergängern und Wanderern gerne genutzt wird, um Landschaft und Tiere zu beobachten, zwei tote Rehe und ein toter Schwan gefunden. Alle drei Tiere hatte laut Hermann Degel offenbar ein Hund gerissen.
„Das muss ein größerer Hund gewesen sein, mindestens so groß wie mein Jagdhund“, sagt der Jagdpächter. Am 30. Dezember hatte er das erste gerissene Reh gefunden. Die Spuren zeigen, dass der Hund das Tier von hinten gepackt hatte. Offenbar hatte er sich in den Hinterbeinen des Rehs verbissen, das sich zunächst befreien konnte und versuchte, zu flüchten. Ein paar Meter weiter erlegte der Hund seine Beute.
Zunächst hatte der Jäger das Reh liegen lassen, denn er hoffte, dann werde der Hund vielleicht zurückkommen. Zwar wolle Degel eigentlich kein Haustier töten. „Aber wenn ein Hund so was macht, dann muss ich ihn erschießen“, sagt Degel. Dennoch betont der Waidmann, dass es auch an ihm nicht spurlos vorbei geht. „Mir tut es schon weh, wenn ich einen Hund erschießen muss“, erzählt er dem Haßfurter Tagblatt. „Ich habe selber mein Leben lang Hunde. Und mein Hund ist mein Freund.“
Dann, am 5. Februar, riefen zwei Spaziergänger den Jagdpächter an. Sie hatten ein weiteres totes Reh gefunden und zudem einen toten Schwan. „Es waren die gleichen Verletzungen wie beim ersten Mal“, berichtet Degel. Auch das zweite Reh war von hinten gerissen worden. „Es gibt sicher nicht viele Hunde, die so was machen“, begründet der Jäger, warum er annimmt, dass es sich in allen Fällen um denselben Hund handelt.
Bei der Suche nach dem Übeltäter hofft der Jagdpächter nun auf die Mithilfe der Bevölkerung. „Ich habe auch schon am Flugplatz bei der Flugaufsicht gesagt, sie sollen mich anrufen, wenn sie dort Hunde rumlaufen sehen“, berichtet er. „Aber die haben gemeint: ,Da müssten wir dich ja ständig anrufen!'“
Er appelliert an die Einsicht der Hundehalter: „Es gibt ja viele vernünftige, die ihren Hund an die Leine nehmen“, sagt er. Auch mit Leuten, die ihren Hund erst an die Leine nehmen, wenn er sie darauf anspricht, hat der Jäger kein Problem, so lange sie sich einsichtig zeigen.
Wütend macht ihn allerdings die Unbelehrbarkeit mancher Spaziergänger: „Ich bin halt der große Böse, wenn ich die Leute anschreie“.
„Ich appelliere immer an den Tierschützer, denn das sind die meisten Hundehalter ja auch“, sagt Dietmar Will von der Stadt Haßfurt. Der Diplombiologe ist zuständig für die Liegenschaften im Außenbereich und für den Naturschutz. Schon öfter hat er in den Mainauen Hundehalter angesprochen, die ihre Hunde im Naturschutzgebiet frei laufen ließen. „Ich versuche es immer im Guten“, sagt er und gibt an, die meisten Leute zeigten sich dann auch einsichtig.
Dass diesmal wohl tatsächlich zwei Rehe von Hunden gerissen wurden, sieht Will als „eine absolute Ausnahmeerscheinung“. Der Hund oder die Hunde müssten wohl unbeaufsichtigt gewesen sein. „Da war sicher in einem großen Umkreis niemand“, meint er.