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KREIS HAßBERGE: Im Dunkeln zu Fuß in die Schule nach Zeil

KREIS HAßBERGE

Im Dunkeln zu Fuß in die Schule nach Zeil

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    Drei Schulkinder auf dem Weg von Ziegelanger nach Zeil. In den Wintermonaten herrscht oft noch Dunkelheit, wenn die Kinder morgens den Weg entlang der Bahnlinie von Ziegelanger nach Zeil  benutzen müssen. Oder die Eltern übernehmen die Kosten für die Busfahrkarte.
    Drei Schulkinder auf dem Weg von Ziegelanger nach Zeil. In den Wintermonaten herrscht oft noch Dunkelheit, wenn die Kinder morgens den Weg entlang der Bahnlinie von Ziegelanger nach Zeil benutzen müssen. Oder die Eltern übernehmen die Kosten für die Busfahrkarte. Foto: Foto: Wolfgang Sandler

    Es ist frühmorgens, beinahe noch stockfinstere Nacht, mitten im kalten Winter. Einige zehn-, elfjährige Kinder laufen mit dem Ranzen auf dem Rücken in freier Wildbahn von Sand nach Zeil. Außerhalb jeglicher bebauter Fläche. An ihnen fährt ein Bus vorbei mit ihren Klassenkameraden. Die sitzen im Trockenen, im Warmen und winken ihren Freunden zu. Der Unterschied? Die Kinder im Bus wohnen ein bisschen weiter weg von Zeil. Deshalb bekommen diese Schüler die Fahrt zur Schule vom Landkreis bezahlt. Die näher an Zeil beheimateten Knirpse fallen durch die gesetzliche Zwei-Kilometer-Regelung für Mittelschüler (für Grundschüler drei Kilometer) und müssen bei Wind und Wetter ihren Schulweg zu Fuß gehen oder die Eltern bezahlen.

    „So weit wird es nicht kommen“, sagt der Sander Bürgermeister Bernhard Ruß. Der Finanzausschuss der Gemeinde habe bereits grünes Licht dafür gegeben, hier einzuspringen und die Busfahrkarten für die betroffenen Kinder aus Sand zu übernehmen. „Das wäre dem Bürger nicht vermittelbar. Es ist für uns kein Thema, dass auch die Kinder, die unter die Zwei-Kilometer-Regelung fallen, mit dem Bus fahren. Schließlich führt der Weg in dem Fall ja in eine andere Ortschaft und über die Bundesstraße.“

    Jahrelang hat das System funktioniert. Die Kinder aus Sand sind mit dem Bus nach Zeil in die Schule gefahren, die Schulwegkosten wurden vom Landkreis erstattet. Ebenso verhält es sich in Zeil. Dort sind die Kinder aus dem Stadtteil Ziegelanger von dieser Regelung betroffen. Auch hier gilt die harte Linie. Entweder die Eltern bezahlen, oder die Kinder laufen zu nachtschlafender Zeit auf dem Weg entlang der Bahnlinie oder neben der Bundesstraße außerhalb der geschlossenen Ortschaften in die Schule.

    In Zeil kommt allerdings erschwerend hinzu, dass die Stadt finanziell nicht auf Rosen gebettet ist. Da es keinen verfassungsmäßigen Anspruch auf die Kostenfreiheit des Schulwegs gibt, wäre die Übernahme der Kosten durch die Stadt eine sogenannte freiwillige Leistung. Und hier sind finanziell gebeutelten Kommunen, die entsprechend gefördert werden, die Hände gebunden. Derzeit werden noch die Zahlen ermittelt, mit denen es die Stadt zu tun bekommen wird. Es geht zum einen darum, wer künftig die Kosten für die Busfahrten übernimmt. Und zum anderen müssen wohl auch vom Landkreis erhaltene Leistungen zurückerstattet werden. Laut Bürgermeister Ruß belaufen sich die Summen, um die es für Sand und Zeil hier geht, auf mehrere Zehntausend Euro.

    Ans Licht gekommen ist diese Situation durch die Rechnungsprüfung, für Zeil durchgeführt vom Kommunalen Prüfungsverband, für Sand vom Landratsamt. Grundlage für die neue Einschätzung war die genaueste Überprüfung der jeweiligen Schulweglängen durch einen eifrigen Revisor vom Landratsamt. Dabei kam es zu teils kuriosen Ergebnissen. In Sand endet zum Beispiel die Zwei-Kilometer-Grenze für Mittelschüler mitten in einer Straße. Das heißt, die Schüler, die auf der Südseite wohnen, dürfen mit dem Bus fahren, die auf der Nordseite müssen zu Fuß gehen oder selber zahlen.

    „Da fühlt sich das Land einfach abgehängt.“

    Bernhard Ruß, Bürgermeister von Sand

    Nicht viel besser ergeht es anderen Kommunen. Zum Beispiel sind auch in Eichelsdorf Schüler, die nach Hofheim in die Schule fahren müssen, von dieser Regelung betroffen. Ein Teil darf umsonst in die Schule fahren, ein Teil muss bezahlen. Auch Königsberg mit seinen Stadtteilen kann ein Lied von diesen Verhältnissen singen. Im Steigerwald kommt es im Gemeindebereich von Rauhenebrach zu ähnlichen Situationen.

    „Es kann aber nicht sein, dass Kinder auf dem Weg zur Schule aus dem Ort hinausgehen oder die Eltern bezahlen müssen“, sagt Bernhard Ruß. Der Sander Bürgermeister möchte allerdings „keine Einzelaktion starten“, sondern noch in dieser Woche diese kuriose Situation zusammen mit seinen Amtskollegen aus den ILEK-Gemeinden (Breitbrunn, Ebelsbach, Eltmann, Kirchlauer, Knetzgau, Oberaurach, Rauhenebrach, Sand, Stettfeld und Zeil, die Red.) erörtern, da es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Danach wenden sich die Bürgermeister gemeinsam an die Mandatsträger in der Landespolitik, um etwas „gegen diese Ungerechtigkeit zu unternehmen“.

    Ruß sieht in dieser Regelung eine eindeutige Benachteiligung der Bevölkerung auf dem Land, die hinter den mit öffentlichem Verkehr besser versorgten Großstädtern das Nachsehen habe, denn „dieses Schulsystem zwingt ja die Kinder zum Fahren“. Bernhard Ruß, auch Mitglied des Bezirkstags Unterfranken, kritisiert: „Bildung ist angeblich unser höchstes Gut. Aber es geht nicht, dass die Kosten für die Schulwegfreiheit immer mehr auf die Kommunen draufgesattelt werden.

    “ Nach Aussage von Bernhard Ruß würden nur 60 Prozent der Kosten erstattet, der Rest bleibe an den Gemeinden hängen: „Da fühlt sich das Land einfach abgehängt.“

    Eine Hoffnung bleibt. Im Gesetz über die Kostenfreiheit des Schulwegs (siehe Infobox) heißt es: „Bei besonders beschwerlichen oder besonders gefährlichen Schulwegen kann auch bei kürzeren Wegstrecken die Notwendigkeit der Beförderung anerkannt werden.“

    Schulwegkostenfreiheit Auszug aus dem Gesetz über die Kostenfreiheit des Schulwegs in Bayern: Eine Beförderung durch öffentliche oder private Verkehrsmittel ist notwendig, wenn der Schulweg in einer Richtung mehr als drei Kilometer beträgt und die Zurücklegung des Schulwegs auf andere Weise nach den örtlichen Gegebenheiten und nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht zumutbar ist. Bei besonders beschwerlichen oder besonders gefährlichen Schulwegen kann auch bei kürzeren Wegstrecken in widerruflicher Weise die Notwendigkeit der Beförderung anerkannt werden. Die Beförderung der Schüler von öffentlichen Volks- und Förderschulen, öffentlichen oder staatlich anerkannten privaten Realschulen, Gymnasien, Berufsfachschulen, zweistufigen und drei- bzw. vierstufigen Wirtschaftsschulen bis einschließlich der Jahrgangsstufe 10 sowie öffentlichen oder staatlich anerkannten Berufsschulen mit Vollzeitunterricht muss von den Aufgabenträgern der Schülerbeförderung organisiert und finanziert werden. Solche Aufgabenträger sind für die öffentlichen Volks- und Förderschulen die Gemeinden und Schulverbände, für die übrigen Schulen die Landkreise und kreisfreien Städte, in denen der Schüler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Diese Regelungen über die Schülerbeförderung sind zum einen im Gesetz über die Kostenfreiheit des Schulweges und zum anderen in der Verordnung über die Schülerbeförderung festgehalten. Wie in den meisten anderen Gesetzestexten auch, werden hier ebenfalls Ausnahmeregelungen definiert. Damit die Schulwegkosten übernommen werden, muss es sich um die Pflichtschule des Kindes handeln. Das bedeutet, dass die Fahrkosten nur übernommen werden, wenn das Kind die sogenannte Sprengelschule besucht. Ausnahmen sind hier möglich, falls die Pflichtschule eine bestimmte Ausbildungsrichtung oder einen Zweig nicht anbietet. Außerdem muss der einfach zurückzulegende Schulweg, wenn er nicht besonders beschwerlich oder gefährlich ist, länger als drei Kilometer entfernt sein, sonst werden auch hier keine Fahrtkosten erstattet. Schüler mit Behinderung erhalten generell eine Schulwegkostenerstattung.

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