„Inzwischen ist es cool, sowas zu rauchen und dann umzufallen. Aber immer mehr stehen nicht mehr auf, wie kürzlich eine 16-Jährige in einer Toilette in Schweinfurt“ – Robert Soto-Löwenthal von der Fachklinik Schloss Eichelsdorf wertet nicht, nimmt aber auch kein Blatt vor den Mund, als er an der Heinrich-Thein-Berufsschule zum Thema „Legal Highs“ referiert. Mit dabei hat er zwei Klienten, die persönlich von ihrer „Drogenkarriere“ berichten.
Sie heißen „Spice“, „Kräutermischung“, „Räuchermischung“ oder „Badesalz“, klingen harmlos, die Tütchen tragen manchmal sogar Zeichentrickfiguren wie Bart Simpson, doch die Gefahren der sogenannten „Legal Highs“ sind groß, so der Fachmann, der als Diplom-Psychologe die Folgen von Drogenkonsum unmittelbar kennt. Bei Alkohol und Zigaretten gehen die „Legal Highs“ eigentlich los, richtig gefährlich aber sind die sogenannten Kräutermischungen, die mit synthetischen Cannabinoiden versetzt werden. Damit könne eine Zigarette 60 bis 120 Mal stärker sein als ein Haschisch-Joint, so Soto-Lowental. Er leitet die Therapieeinrichtung, die vor einigen Jahren von der Bettenburg nach Schloss Eichelsdorf umgezogen ist.
Eingeladen worden war er von den Schulsozialarbeiterinnen, da das Thema in der Schülerschaft durchaus relevant sei. Soto-Löwenthal setzt nicht auf den erhobenen Zeigefinger, sondern auf schonungslose Fakten. So erklärt er, dass natürlich „jeder Volljährige entscheiden kann, dass er einen Rausch haben möchte“, gleich mit welchem Rauschmittel. Nicht alles was legal ist, ist aber auch gesund beziehungsweise nicht gesundheitsschädlich. Weil in Deutschland nur verboten werden kann, was klar beschrieben ist, kann es kein Generalverbot geben. So werden ständig neue Rezepturen auf den Markt geworfen, was aber das Risiko für die Konsumenten erhöht.
So berichtete Danny, dass er 21 Jahre lang drogenabhängig gewesen sei. Nach dem Genuss von Spice habe er im vergangenen Jahr das Bewusstsein verloren und ohne das Eingreifen seiner Mutter hätte er nicht überlebt. Große Betroffenheit in der Aula, als er erklärt, dass in den letzten Jahren 50 seiner Bekannten gestorben sind, „die auf Spice waren“. Er selbst geht jetzt in der Therapie sein Drogenproblem an.
Die Sterblichkeit unter den Drogenkonsumenten sei durch die „Legal Highs“ deutlich angestiegen, bestätigt auch Robert Soto-Löwenthal. Er ist nicht überrascht, wie viele der anwesenden Berufsschüler schon Kontakt mit den verschiedensten Drogen hatten. Oft stehe er vor Gruppen, in denen kaum einer Zigaretten raucht, aber alle irgendwelche Party-Drogen konsumieren. So wie Dominik, der das sogenannte „Crystal“ nimmt. Bei einer Party habe er erstmals was genommen, berichtet der 26-Jährige, dann jedes Wochenende, schließlich wurde er kriminell, um das nötige Geld zu beschaffen. Heute ist er auf dem Weg aus der Sucht, doch seinen Körper hat er dauerhaft geschädigt: „Die Nase ist zerfressen, ich habe Gedächtnis- und Sprachstörungen“, erklärt er rundheraus.
Solche unverblümten Aussagen machen Eindruck. Doch eigentlich weiß doch jeder, dass Drogenkonsum schädlich ist, auf den Zigaretten steht es sogar plakativ drauf. Robert Soto-Löwenthal zeigt daher auf, warum „man das trotzdem macht. Nichtmal die Warnung vor Impotenz schreckt die Männer ab“. Wegen des Dopamins. Damit macht sich das Gehirn eigentlich selbst einen Rausch – einen Glücksrausch. Diesen Rausch erzeugen Drogen künstlich, schalten schlechte Laune oder Stress sofort ab.
Doch irgendwann fehlt der Dopamin-Nachschub, der Mensch empfindet auf normalem Weg überhaupt keine Freude mehr. Deshalb geht es vielen Patienten in der Therapie erst einmal sehr schlecht, denn es dauert sehr lange, bis der Körper wieder selbst Dopamin herstellt. Damit sich ein Mensch gar nicht erst die scheinbare Hilfe durch Drogen holt, sei es wichtig, „zu lernen, dass man manchmal Dinge einfach aushalten muss – Stress, Trauer oder Frustration“. Am besten müsse das in der Pubertät gelernt werden und da sind auch die Eltern gefordert. „Wenn jemand Frustration nicht aushalten kann, wird er kein gutes Leben haben. Die Belohnung kommt eben oft erst später. Aber wir haben ja heute ständig das Bedürfnis nach sofortiger Erfüllung“, so der Psychologe.
Im Dialog mit den Schülern bespricht er auch, wie man erkennt, ob man selbst oder ein Freund ein Drogenproblem hat – und wie man am besten eingreift. Dennoch könne man niemanden zur Therapie zwingen. „Zuzuschauen, wie sich jemand zu Grunde richtet, ist schwer, vor allem für die Eltern. Aber sechs bis zehn Prozent aller Abhängigen sterben. Drogensucht ist in Deutschland tödlicher als Aids“, zitiert Soto-Löwenthal die Statistik.
Aber es gebe doch auch Langzeitkonsumenten, meint ein Schüler. Ja, die gibt es, aber mit den entsprechenden Schäden: „Wenn Sie so viel verdient haben wie Ossi Osbourne, dann können Sie vielleicht auch mit 50 auf ihr Gehirn verzichten“, kommentiert er dessen Auftreten in der Öffentlichkeit. „Der kann doch nicht mehr klar denken, wenn man seine Interviews sieht.“