Die Mediziner, die im Ärzteverein Haßberge zusammengeschlossen sind, schlagen Alarm. Das Impfen im Landkreis Haßberge gegen Covid-19 müsse effektiver werden, so ihre Botschaft. Bereits im Juli beklagten sie eine gewisse Impfmüdigkeit der Bevölkerung und starteten deshalb schon vor vier Monaten einen Aufruf, sich gegen das Virus impfen zu lassen.
Dass ihre Sorge nicht unbegründet war, zeigt sich an der gegenwärtigen explosionsartigen Ausbreitung des Virus Covid-19. Deshalb lud der Ärzteverein mit seinem Vorsitzenden, dem Haßfurter Kinderarzt Dr. Arman Behdjati-Lindner, am Sonntagabend zu einer Gesprächsrunde in den kleinen Saal der Frauengrundhalle nach Ebern ein. Im Juli des Jahres bedauerte der Ärzteverein, dass bis dato nur insgesamt 77 000 Impfungen vorgenommen waren. Viel zu wenig, so die Ärzteschaft.
Zu langsam geht es auch den Bürgermeistern von Ebern und Knetzgau, die der Gesprächsrunde beiwohnten und die Eigeninitiative ergriffen haben, um das Impftempo zu erhöhen, beziehungsweise um mehr Gelegenheiten zum Impfen anzubieten. Landrat Wilhelm Schneider (CSU) und sein zuständiger Mitarbeiter André Kuhn, Leiter der Verwaltungsgruppe Impfzentrum, diskutierten und berieten mit.
Dr. Arman Behdjati-Lindner sagte bei der Begrüßung, dass das Impfgeschehen im Landkreis mehr Fahrt aufnehmen müsse. "Wir brauchen einen gemeinsamen Kraftakt", so der Vorsitzende. Die Covid-19-Infektionen steigen rasant und derzeit ungebremst. "Ich habe Angst, dass das im Februar und März noch schlimmer wird", sagte der Vorsitzende des Ärztevereins Haßberge.
Kraftakt nötig
Auch in den Praxen mache sich das bemerkbar. Man stecke in einem Dilemma, da in der momentan intensiven Erkältungs- und Krankheitswelle die Praxen der niedergelassenen Ärzte nicht nur sehr viele Patienten zu versorgen, sondern zudem noch Covidabstriche und Impfungen vornehmen müssen. Jetzt sei ein Kraftakt nötig und es gelte, mit der Politik zusammen zu arbeiten. Landrat Wilhelm Schneider gab dem Mediziner in allen Belangen recht. "Ja, wir müssen schneller werden". Es habe ihn sehr geschmerzt, dass das BRK nicht den Zuschlag erhalten hat, weiter das Impfzentrum zu betreiben. Mit dem BRK wäre es ideal gewesen. "Wir müssen die Kapazitäten hochfahren und sind deshalb dabei, ein neues Impfzentrum auszuschreiben." Auf eine entsprechende Frage sagte Schneider, dass es etwa drei Wochen dauere, bis diese "hochgefahren" sei.
Jetzt müsse weiter geimpft werden, auch in der Fläche. Jene, die nicht zu den Impfzentren gehen, müssten mit mobilen Teams aufgesucht werden. Hier dankte er den Bürgermeistern für ihre Unterstützung. Künftig würden in die Arbeit Soldaten mit eingebunden, denn die Landkreisverwaltung sei überlastet, sagte Andrè Kuhn. Schneider bekräftigte, dass Tempo aufgenommen werden müsse; vieles sei schon in Angriff genommen aber es müsse noch mehr möglich werden.
Organisation ist aufwändig
"Wie soll das alles passieren? Die Organisation ist aufwändig. Dezentrale Aktionen werden angeboten, die einen enormen planerischen Aufwand bedeuten und: Wir haben keine Zeit", sagte Christina Bendig, Impfärztin beim ehemaligen Impfzentrum in Hofheim. Erschwerend komme die Terminvereinbarung und Dokumentation hinzu. "Der Betrieb des Impfzentrums ist ungenügend, und es muss dringend erweitert werden. Der frühe Abbau der Impfzentren in Hofheim und Zeil war ein politischer Fehler, verstärkt durch den ungünstigen Betreiberwechsel", sagte Christina Bendig mit Blick auf Landrat Schneider. Dieser entgegnete, dass dies nicht aus freien Stücken geschah, man habe sich an politische Vorgaben halten müssen.
Bürgermeister Stefan Paulus aus Knetzgau stieß eine rege Diskussion an, als er danach fragte, wer hafte, wenn die Gemeinde Impftermine mit Ärzten, die eventuell auch schon im Ruhestand sind, organisiere. Hier wurde deutlich, dass sich ein Arzt "als selbstständiger Unternehmer" entsprechend versichern müsse. Paulus und auch Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann kritisierten die bürokratischen Hemmnisse, die eine effektive Arbeit beim Impfen nicht leicht machen. Hennemann: "Räume zur Verfügung zu stellen, dürfe kein Problem sein, die Frage ist: Haben wir genügend ärztliches Personal und genügend Impfstoffe?"
Pool von etwa 60 Ärzten
Im ehemaligen Impfzentrum Zeil gäbe es einen Pool von etwa 60 Ärzten, sagte Dr. Arman Behdjati-Lindner und wies darauf hin, dass das geplante neue Impfzentrum stark aufgestellt werden müsse. Boosterimpfungen wären 700 am Tag nötig, um schnell auf ausreichende Zahlen zu kommen und dem derzeitigen Impfwillen der Bevölkerung zu entsprechen. Dr. Diethelm Schorscher mit Praxis in Pfarrweisach meinte, dass die ehemaligen Impfzentren in Hofheim und Zeil wieder schnell hochgefahren werden sollten, was kein Problem sein dürfte. Es müsse ausgeschrieben werden, das gehe nicht anders, man müsse sich an die "Spielregeln" halten, sagte Schneider, sicherte aber zu, alles zu verkürzen, wo dies möglich sei.
Die Ärztevereinigung drängte auf eine erhebliche Ausweitung der Impfzentren-Kapazitäten im Landkreis vor. Zu Impfstoffen sagte Andrè Kuhn vom Landratsamt, dass Bestellungen eine Woche dauern würden. "Impfstoffe sind bisher in keiner Weise limitiert", so Kuhn.
Das neu geplante Impfzentrum könne vermutlich zum 12. Dezember starten, sagte Andrè Kuhn, mit einer Kapazität von 180 Impfungen pro Tag nach heutigem Stand. Landrat Schneider ergänzte dazu, dass man "nach dem Gespräch heute" sich bemühen wolle, mehr Impfungen pro Tag vornehmen zu können.