Auf dem alt-ehrwürdigen Schreibtisch steht nur das Notwendigste. Auch in den ehemaligen Ställen des weitläufigen "Hofgutes Heil" im Herzen von Gelchsheim ist alles an seinem Platz. Ja, er sei ein Perfektionist, gibt Fenner zu. Selbst in der Freizeit. Denn auf der Skipiste zum Beispiel sei er jemand, "der versucht, schön zu fahren". Rasend, aufbrausen, wild - das passe nicht zu ihm.
Seit wenigen Tagen ist er einer der einflussreichsten Männer in der süddeutschen Zuckerrüben-Landschaft. Aber das scheint ihn nicht aus jener Ruhe zu bringen, die er selbst als eine seiner wesentlichen Charaktereigenschaften bezeichnet. Allenfalls mit Blick auf die Tatsache, dass er fortan mehr Reden halten und repräsentieren muss, "macht mich ein bisschen aufgeregt".
Fenner ist Landwirt von der Pike auf. An das Ende seines Studiums in Weihenstephan setzte er die Doktorarbeit. Thema: "Wettbewerbssituation zwischen Zucker und Isoglukose." 1990 übernahm Fenner von seinem Vater Gerd den elterlichen Betrieb in Gelchsheim. Das Hofgut geht auf Georg Heil zurück, Jochen Fenners Urgroßvater. Heil war ein bekannter Saatgutzüchter. Auch die seit vielen Jahren nicht mehr existierende Brauerei im Ochsenfurter Stadtteil Tückelhausen trug seinen Namen. Eng verbunden war die Familie zudem mit dem Schloss in Gelchsheim, das Heil aber 1930 verkaufte und das bis vor kurzem wegen seiner Verbindung zum Universellen Leben (UL) Schlagzeilen machte.
Noch heute zählt das Hofgut Heil - und damit auch Dr. Jochen Fenner - im Ochsenfurter Gau zu den ganz großen Adressen, wenn es um den Rübenanbau geht. Fenner bewirtschaftet zusammen mit einem festen Mitarbeiter sowie Aushilfskräften nach eigenen Angaben 200 Hektar Ackerland. 45 Prozent davon bestellt er mit Winterweizen, 28 Prozent mit Zuckerrüben. Der Rest entfällt auf andere Getreidesorten oder sind Stilllegungsflächen.
Weiteres betriebliches Standbein von Fenner ist die Saatgutvermehrung für Weizen, Sommergerste und Roggen. Bis 2002 war Fenner zehn Jahre lang Vorsitzender der Saatgetreide-Erzeugervereinigung Unterfranken und acht Jahre lang Vorsitzender des Landesverbandes gewesen. Die Erzeugung alternativer Energie sieht er für die Landwirte als Wachstumsmarkt der Zukunft. "Das ist ein unglaublich wichtiger Bereich."
Wie bei anderen Landwirten bringen auch bei Fenner die Zuckerrüben das Geld. 50 Prozent seines Umsatzes mache er mit der "Königin der Feldfrüchte". Kein Wunder, dass der 53-Jährige schon in seiner bisherigen Funktion als Vize-Vorsitzender des fränkischen Rübenbauer-Verbandes gegen die von Brüssel vorgeschlagene Öffnung der Zuckermarktordnung gekämpft hat.
Der Kampf wird weitergehen. Den Schatten, den der verstorbene Verbandspräsident Paul Freitag dabei wirft, sieht Fenner nicht als hinderlich: "In manchen Dingen waren wir uns ja gar nicht so unähnlich."
Bei all den Verhandlungen, die auf ihn zukommen, setzt Fenner auf Kompromisse. Das sagen viele Menschen in führenden Positionen, doch der Verbandsvorsitzende hat eine Begründung: "Extreme führen selten zum Ziel." Ihn in Diskussionen von Ruhe und Besonnenheit weg zu bringen, schaffe nur der, der nicht die richtigen Argumente habe. "Denn was ich gar nicht vertragen kann, ist Unsachlichkeit."
Anders als Freitag ist Fenner über den Verband hinaus auffallend wenig ehrenamtlich engagiert. Allenfalls sein Sitz im Gelchsheimer Gemeinderat - seit 1996 - wäre zu nennen. Und natürlich seine Liebe zur Reiterei. Sein Vater gründete 1955 den Gelchsheimer Reitverein. Sohn Jochen stieg schon in jungen Jahren in den Sattel.
Mit einigem Erfolg. Denn Fenner war nach eigener Aussage einst im deutschen Juniorenkader der Vielseitigkeitsreiter und wurde bayerischer Vize-Juniorenmeister. Noch heute nimmt er die Zügel in die Hand, wenngleich in ruhigerer Weise. Die Dressur liege ihm und seiner Frau Elke mittlerweile näher. In die mittlerweile sieben Jahre als Vorsitzender des Reitvereins fällt der Bau einer in der der Region bekannten Reithalle in Gelchsheim (2001).
Ob er als ranghöchster Rübenbauer Frankens noch in ausreichendem Maße Zeit für Pferde und Hof haben wird, bezweifle er. Denn das neue Amt bringe mit Sicherheit eine große Veränderung: "Ich werde deutlich mehr unterwegs sein."