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HASSFURT: Intensive Vorbereitung für die Europameisterschaft

HASSFURT

Intensive Vorbereitung für die Europameisterschaft

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    „Alle Neune!“ – das ist ein Glücksspruch auf der Kegelbahn. Dabei erfordert die Präzisionssportart vor allem eine kontrollierte Körperbewegung für den perfekten Schwung, auch die Sehkraft ist ein wesentlicher Bestandteil für den Erfolg auf der Bahn. Dass der traditionelle Sport auch ohne Anlauf und Sehvermögen funktioniert, zeigten am vergangenen Wochenende elf vollblinde und hochgradig sehbehinderte Kegler aus ganz Deutschland – darunter Weltmeister, Europameister und Deutsche Meister – bei der SKK Haßfurt auf internationalem Niveau.

    Alle Vereinsspieler von Rot-Weiß Neuenhagen, Magdeburg SV 90, SV Jena-Zwätzen, ESV Lok Chemnitz, SC Riesa, Chemie Wolfen, CSV Siegmar 48 und BSG Eschweiler, die das letzte Auswahltraining in der Kreisstadt vor der anstehenden Europameisterschaft im kroatischen Koprivnica (21. bis 29. Mai) absolvierten, bilden das 13-köpfige deutsche Nationalteam.

    Aus der Region nahmen die Kegelsportler Britta Pöschk (BSVG Dittelbrunn) und Gerhard Thumser (TG Schweinfurt) teil. Die beiden Unterfranken verstärken nicht ohne Grund und nicht zum ersten Mal die Nationalmannschaft. Die Ausnahmekegler aus Schweinfurt holten schon schon viele Titel und Medaillen bei Deutschen, Europa- und Weltmeisterschaften.

    Bereits zum dritten Mal in Folge fand das Auswahltraining für die deutsche Kegel-Classic-Nationalmannschaft für Blinde und Sehbehinderte am Untermain statt. Co-Nationaltrainerin Petra Löffler (FV 09 Sulzheim) mit Regionalligaerfahrung unterstützt Stephan Mai aus, den Kegel-Cheftrainer des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) und deutschen Vertreter der International Blind Sports Federation (IPSA) aus Wesel. Für die 52-jährige Sulzheimerin ist „Haßfurt ein optimaler Standort mit guter Anbindung.“ Neben den kurzen Strecken von der Unterbringung zur Sportstätte ist auch die kostengünstige Miete der Kegelbahnen von Vorteil. Die blinden und extrem sehgeschwächte Spitzenkegler fahren größtenteils mit dem Zug nach Unterfranken – und das auf eigene Kosten.

    Für 120 Kugeln, aufgeteilt auf vier Bahnen, brauchen die Ausnahmesportler ungefähr eine Stunde Spielzeit. Was sich für den „Normalen“ nicht viel anhört, erfordert außerordentliche Kondition, Konzentration, Kraft und vor allem Fingerspitzengefühl. Das Sehhandicap der Sportler wird in drei Schadensklassen aufgeteilt: B1 bedeutet vollblind, B2 steht für Sicht bis maximal drei Meter (sieht keine Kegel), hinter B3 steht eine Sicht bis maximal 5 Meter (sieht eventuell unscharfe Kegelumrisse). Die B1- und B2-Kegler „müssen“ pro Bahn circa eine Viertelstunde auf einem millimetergenauen gewählten Standort stehen bleiben, um die Kugel mit beiden Händen auf eine präzise Reise schicken zu können. Jeder Spieler wird von einem Betreuer unterstützt. Für jeden Schub reicht der Betreuer dem Spieler die knapp drei Kilogramm schwere Kugel. Es sind auch Tipps und Hinweise im Wettkampf erlaubt, wie zum Beispiel „linke Gasse, rechte Gasse oder kleine Gasse“ oder bei einer Fehlkugel „Ratte“.

    Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) stellt nach der erfolgreichsten Weltmeisterschaft mit zahlreichen Medaillen im letzten Jahr im slowakischen Rakovice 3000 Euro mehr, also insgesamt 20 000 Euro, für das „Projekt Europameisterschaft“ zur Verfügung. Somit muss das Team „nur“ noch die An- und Abreise aus der eigenen Tasche bezahlen. Wer den Blindenkegelsport unterstützen möchte, kann seine Spende an den DBS sportartgebunden „Nationalmannschaft Kegeln Classic“ richten. Die Co-Trainerin aus Sulzheim ist zuversichtlich, dass ihre Nationalmannschaft wieder einige Podestplätze und vielleicht auch Meisterschaften holt. Für die nächsten vier Wochen bis zum internationalen Wettkampf bekam jeder Nationalspieler seinen eigenen Trainingsplan mit nach Hause. „Der Plan beinhaltet auch andere Sportarten wie Schwimmen.

    In den letzten Tagen dürfen die Sportler nicht mit voller Leistung spielen, um kein Ergebnis, egal ob schlecht oder gut, mit nach Kroatien mitzunehmen“, so die Co-Trainerin Petra Löffler.

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