Amelie Fried, Jahrgang 1958, wurde als TV-Moderatorin bekannt. Alle ihre Romane waren Bestseller. „Traumfrau mit Nebenwirkungen“, „Am Anfang war der Seitensprung“, „Der Mann von nebenan“, „Liebes Leid und Lust“ und „Rosannas Tochter“ wurden erfolgreiche Fernsehfilme. Für ihre Kinderbücher erhielt sie verschiedene Auszeichnungen, darunter den „Deutschen Jugendliteraturpreis“. Zusammen mit ihrem Mann, dem Drehbuchautor Peter Probst, schrieb sie den Sachbuch-Bestseller „Verliebt, verlobt – verrückt?“ Sie lebt mit ihrer Familie in München.
HT: Frau Fried, Sie nehmen am Haßfurter Literatur-Festival teil. Sie lesen aus Ihrem neuesten Buch „Ich fühle was, was Du nicht fühlst“. Was ist das für ein Buch? Worauf dürfen sich die Zuhörer in Haßfurt freuen?
Amelie Fried: Mein Buch erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen, jungen Frau, die in den 70er-Jahren mit ihren Hippie-Eltern in der spießigen, schwäbischen Provinz aufwächst, also gewissermaßen zwischen zwei Welten. Es wirft einen ironischen Blick auf die Lügen einer Generation, erzählt aber auch vom Schweigen und der zerstörerischen Kraft von Familiengeheimnissen. Ich denke, es ist ein unterhaltsames Buch mit einem ernsten Hintergrund und einigen autobiographischen Elementen.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Passagen aus dem Buch, die Sie lesen?
Fried: Ich will die Zuhörer unterhalten und neugierig machen, aber nicht nur ein „Best of“ abliefern, das wäre langweilig. Die Dramaturgie der Lesung muss natürlich auch nachvollziehbar und verständlich sein, deshalb gebe ich zwischendurch einige Erläuterungen.
Sie sind seit vielen Jahren eine erfolgreiche Buchautorin. Wie alt waren Sie, als Sie zu schreiben begonnen haben?
Fried: Ich habe schon als Kind davon geträumt, Schriftstellerin zu werden, und mit elf Jahren angefangen, Tagebuch zu schreiben. Später habe ich viel journalistisch geschrieben, aber erst mit Mitte Dreißig habe ich mein erstes Buch veröffentlicht.
Sind die Handlungen Ihrer Bücher nur das Produkt einer lebhaften Phantasie? Oder veranlassen Sie auch persönliche Erlebnisse zum Schreiben?
Fried: Es ist eine Mischung. Manches habe ich erlebt, anderes beobachtet, erzählt bekommen oder gelesen. Ich glaube, jeder Autor schreibt auch über sich selbst und schöpft aus dem eigenen Leben, auch wenn die Bücher nicht erklärtermaßen autobiographisch sind.
Bei welchen Büchern war das Fall? Und was war der Auslöser?
Fried: Ich kann es vielleicht an einem Beispiel beschreiben: Als ich meine jüdische Familiengeschichte recherchierte, die später als Sachbuch erschien (Schuhhaus Pallas – Wie meine Familie sich gegen die Nazis wehrte), musste ich zeitgleich einen Roman schreiben. Ich konnte mir zuerst kein Thema vorstellen, das mich interessieren könnte, weil ich so damit beschäftigt war, die schockierenden Erkenntnisse meiner eigenen Familiengeschichte zu verarbeiten. Also musste ich versuchen, eine Übersetzung dafür zu finden, die im Roman funktionieren würde. So entstand die „Findelfrau“, die von einer Frau handelt, die mit Ende Dreißig erfährt, dass ihre Eltern nicht ihre Eltern sind und sie nicht die Person, für die sich sich bis dahin gehalten hatte. Diese Geschichte hat nichts mit meiner eigenen zu tun, aber die Emotionen waren ähnlich.
Martin Walser hat in seinem Roman „Tod eines Kritikers“ seinen gehassliebten Kritiker Marcel Reich-Ranicki gemeuchelt. Gab es auch in Ihrem Schaffen als Autorin die eine oder andere Versuchung, Ihr Mütchen literarisch zu kühlen?
Fried: Oh ja, diese Versuchung gibt es ständig! Aber als ich einmal einem Ex-Freund ein literarisches Denkmal setzte, merkte der das gar nicht. Jahre später fragte er mich, warum er eigentlich in keinem meiner Bücher vorkomme.
Wie gehen Sie – vielleicht anders als Walser? – mit Kritik um?
Fried: Ich bin es gewöhnt, dass meine Romane mit einer gewissen Herablassung betrachtet werden – Unterhaltung eben. Noch dazu für Frauen, jedenfalls denken das viele. Manchmal hat mich das geärgert, weil es Unterhaltungsliteratur in sehr unterschiedlicher Qualität gibt. In letzter Zeit hat sich die öffentliche Wahrnehmung aber verändert, insbesondere für „Ich fühle was, was du nicht fühlst“ habe ich sehr gute Besprechungen bekommen. Zuerst war ich ganz irritiert, aber nun freue ich mich natürlich darüber!
Sie haben schon früh – im Alter von 26 Jahren – ihre Karriere als Fernseh-Moderatorin in der damaligen Kultsendung „Live aus dem Alabama“ begonnen. Mit Kollegen wie Giovanni di Lorenzo und Günther Jauch, die beide ebenso wie Sie beeindruckende Karrieren gemacht haben. Verbindet Sie nach wie vor eine Freundschaft mit ihren Kollegen? Mit Giovanni di Lorenzo haben Sie ja auch elf Jahre lang sehr erfolgreich die Talkshow „3 nach 9“ moderiert.
Fried: Ja, mit Giovanni di Lorenzo bin ich immer noch befreundet, aber auch mit allen anderen ehemaligen Kollegen habe ich ein gutes Verhältnis.
Wie kamen Sie, obwohl schon seit Jahren im TV-Geschäft erfolgreich, zur Schreiberei?
Fried: Nachdem mein erstes Kind auf der Welt war, schrieb ich für die Zeitschrift ELTERN Kolumnen über den ganz normalen Wahnsinn in einer jungen Familie. Diese Texte kamen so gut an, dass daraus ein Buch wurde, später gab es noch eine Fortsetzung (Die Störenfrieds, Neues von den Störenfrieds). Irgendwann brachte mein Mann mich auf die Idee, es doch mal mit einem Roman zu versuchen. Ich schrieb 50 Seiten und gab sie einem befreundeten Literaturagenten. Wenig später konnte ich aus fünf Verlagen einen auswählen – alle wollten das Buch machen. Klingt wie in einem schlechten Film, oder?
Wie muss sich der Laie das Bücherschreiben vorstellen? Haben Sie eine plötzliche Eingebung und den unwiderstehlichen Drang, ihre Gedanken sofort zu Papier bringen zu müssen? Oder kommt völlig unromantisch der Verlag und sagt: Frau Fried, es wird Zeit für den nächsten Roman!?
Fried: Es ist eher die unromantische Variante: Ich habe einen Vertrag und einen Abgabetermin. Dann höre ich in mich hinein, ob da eine Idee wartet, und glücklicherweise hat mich die Fantasie bisher nicht im Stich gelassen. Während der Konzeption und des Schreibens kommen dann schon auch die Eingebungen, die ich schnell notiere, um sie nicht zu vergessen.
Welche Bedeutung hat für Sie Literatur? Sie moderierten ja schon einmal eine Literatursendung im Fernsehen.
Fried: Ich bin mit Literatur aufgewachsen. Meine Mutter war Buchhändlerin, mein Vater hatte ca. 50 000 Bücher in seiner Bibliothek. Ich konnte mit sechs Jahren lesen, noch bevor ich in die Schule kam. Noch heute verschlinge ich Bücher regelrecht.
Und was halten Sie von der Idee, die Literatur durch solche Veranstaltungen wie das Haßfurter Literatur-Festival „aufs Land“ zu bringen?
Fried: Ich finde, das ist eine tolle Idee! Auch auf dem Land leben Leser, und für viele ist der Weg in die Städte zu weit. Deshalb sollten die Autoren mit ihren Büchern zu ihnen kommen.
Sie lesen beim Literatur-Festival in Haßfurt. Hatten Sie von diesem Städtchen bis zu Ihrer Zusage, hier zu lesen, überhaupt schon mal gehört?
Fried: Soll ich jetzt höflich sein, oder ehrlich? Also, gut: Ich habe den Namen vielleicht schon mal gehört, aber keine Vorstellung davon gehabt, wo es liegt. Jetzt weiß ich es. Und freue mich sehr auf meine Lesung dort!
Vita von Amelie Fried Amelie Fried wurde 1958 in Ulm als Tochter des Verlegers Kurt Fried und der Buchhändlerin Inge Fried-Ruthardt geboren. Nach dem Abitur 1975 studierte sie von 1976 bis 1983 Theaterwissenschaften, Publizistik, Kunstgeschichte und Italienisch in München. Während ihres Studiums arbeitete sie in freien Theatergruppen. Im Jahr 1989 schloss sie den Studiengang Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik an der Hochschule für Fernsehen und Film in München ab. Seit 1984 arbeitet sie als TV-Moderatorin. Sie moderierte Sendungen wie „Live aus dem Alabama“, „Live aus der Alten Oper“ und „Stern-TV“. Von 1998 bis 2009 präsentierte sie gemeinsam mit Giovanni di Lorenzo Deutschlands älteste Talkshow „3 nach 9“. Zuletzt moderierte sie gemeinsam mit Ijoma Mangold die ZDF-Literatur-Sendung „Die Vorleser“. Bis Ende 2011 schrieb Amelie Fried eine regelmäßige Kolumne in der „FÜR SIE“. Seit Juli 2012 ist Amelie Fried Kolumnistin des Monatsmagazins „CICERO“. 1995 erschien ihr erstes Buch „Die Störenfrieds. Geschichten von Leo und Paulina“. In „Schuhhaus Pallas – Wie meine Familie sich gegen die Nazis wehrte“ erzählte sie 2008 in auch für junge Leser verständlicher Form die dramatische Geschichte ihrer jüdischen Familie. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Drehbuchautor Peter Probst, verfasste Amelie Fried den Sachbuch-Bestseller „Verliebt, verlobt, verrück? – Warum alles gegen die Ehe spricht, und noch mehr dafür“ (2012). Amelie Fried lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in München. Auszeichnungen 1986: Amelie Fried erhielt für ihre journalistische Tätigkeit schon zahlreiche Auszeichnungen wie den Grimme-Preis 1986, den Telestar-Förderpreis und den BAMBI-Fernsehpreis 1988. 1997: Das Kinderbuch „Hat Opa einen Anzug an?“ wird von der internationalen Jury des Stiftung Buchkunst in „Die schönsten deutschen Bücher 1997“ aufgenommen. 1998: Der Deutsche Jugendliteraturpreis in der Kategorie Bilderbuch wird ihr für „Hat Opa einen Anzug an?“ verliehen. „Schönste Bücher aus aller Welt“: Amelie Fried wird mit dem Ehrendiplom der internationalen Jury der Stiftung Buchkunst für „Hat Opa einen Anzug an?“ ausgezeichnet. 2000: Amelie Fried wird mit „Der unsichtbare Vater“ für den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Bilderbuch nominiert. Das Kinderbuch „Der unsichtbare Vater“ wird unter den „Besten 7 Büchern für junge Leser“ im Februar, von FOCUS und Deutschlandradio ausgewählt.
Festivalprogramm • 20. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Martin Walser, „Statt etwas oder Der letzte Rank“ • 21. April, 16.00 Uhr, Stadthalle: Paul Maar „Schiefe Märchen und schräge Geschichten“ • 21. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Klaus Peter Wolf, „Ostfriesentod“ • 22. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Bas Böttcher, „Die verkuppelten Worte“ • 23. April, 15.00 Uhr, Stadthalle: Finn-Ole Heinrich, „Frerk der Zwerg“ • 24. April, 10.00 Uhr, Grundschule: Finn-Ole Heinrich, „Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt“ • 25. April, 10.00 Uhr, Grundschule: Ursula Poznanski, „Elanus“ • 25. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Axel Hacke, „Das kolumnistische Manifest“ • 26. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Heiner Geißler, „Was müsste Luther heute sagen“ • 27. April, 19.30 Uhr Stadthalle: Benedict Wells, „Vom Ende der Einsamkeit“ • 28. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Amelie Fried, „Ich fühle was, was Du nicht fühlst“ • 29. April, 19.30 Uhr, Stadthalle: Fritz Egner, „Mein Leben zwischen Rhythm & Blues“ • 30. April, 15.00 Uhr, Stadthalle: Alexandra Helmig, „Kosmo und Klax“ -> Karten gibt es in der Geschäftsstelle des „Haßfurter Tagblatt“, Brückenstraße 14, Tel. 09521/17 14.