Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass durch die gesellschaftlichen Entwicklungen besonders das Gesundheitswesen vor Herausforderungen gestellt wird. Eine dieser Entwicklungen ist die Überalterung der Bevölkerung. Sie hat den Effekt, dass der Bedarf an medizinischem Personal steigt, da viele Krankheiten erst ab einem bestimmten Alter auftreten. Oftmals leiden ältere Patienten an mehreren Krankheiten.
Mit diesen Entwicklungen hat besonders der hausärztliche Bereich zu kämpfen. Die behandelnden Hausärzte werden selbst immer älter. Das Durchschnittsalter der bayerischen Hausärzte beträgt 56 bis 57 Jahre. 35 Prozent sind 60 Jahre oder älter. Dem gegenüber steht jedoch, dass es den Hausärzten an ausreichend Nachwuchs fehlt, der die frei werdenden Praxen übernehmen will. So ergibt sich derzeit in vielen Kommunen eine steigende Arbeitsbelastung der Hausärzte, da sie tendenziell immer mehr Patienten zu versorgen haben.
Erster Ansprechpartner
Aber warum mangelt es gerade in diesem Berufsfeld an interessiertem Nachwuchs? Denn eigentlich ist der Hausarzt einer der zentralsten und wichtigsten Akteure der Gesundheitsversorgung. Er ist ersten Ansprechpartner bei gesundheitlichen Beschwerden, beginnt mit den ersten therapeutischen Maßnahmen, überweist bei Spezialfällen an seine Facharztkollegen oder im Notfall an ein Krankenhaus. Vor allem begleitet er aber auch ganze Familien und das zum Teil sogar über mehrere Generationen hinweg.
Gründe für das mangelnde Interesse liegen unter anderem in der vergleichsweise niedrigeren Vergütung, dem persönlichen unternehmerischen Risiko, aber vor allem an der hohen Arbeitsbelastung. Arbeitszeiten von zwölf oder mehr Stunden täglich sind bei einem Hausarzt keine Seltenheit. In ländlichen Gebieten sind diese Arbeitsbedingungen zumeist noch stärker ausgeprägt. Hier leben statistisch gesehen mehr alte Menschen, die es zu versorgen gilt.
Darüber hinaus sind die Wege der Hausbesuche schlichtweg länger, was im Umkehrschluss auch mehr Arbeitszeit bedeutet. Fehlt zudem noch die entsprechende infrastrukturelle Anbindung oder ein mangelndes Freizeit- bzw. Kulturangebot, sinkt die Attraktivität des Berufs Hausarzt und im Speziellen des Landarztes zusehends.
Derzeit braucht man sich als Patient im Landkreis Haßberge keine Sorgen um die ärztliche Versorgung zu machen. Laut einer Mitteilung des Landratsamtes sind aktuell noch ausreichend Hausärzte berufstätig. Dies könne sich jedoch in den nächsten zehn bis 15 Jahren ändern, wenn nicht genügend Nachfolger, für die in den Ruhestand gehenden Hausärzte, gefunden werden.
Damit auch zukünftig noch eine optimale medizinische Versorgung gewährleistet werden kann, bemühen sich immer mehr Landkreise um Nachwuchs. Im Landkreis Haßberge findet daher im Rahmen der Gesundheitsregionplus erstmals ein Projekt statt, welches das Ziel hat, angehende Mediziner für den Beruf des Hausarztes und vor allem auch für den Landkreis zu begeistern. Unter dem Titel „Main Sommer 2017“ absolvieren acht Medizinstudenten aus ganz Deutschland im September ihre Famulatur bei niedergelassenen Hausärzten der Region.
Die Famulatur ist ein vierwöchiges Pflichtpraktikum während des Medizinstudiums und soll den Studenten Einblicke in den Berufsalltag eines Hausarztes ermöglichen.
Werbung für die Haßberge
„Natürlich wird eine einmalige Durchführung des Projektes keine Lösung des zu erwartenden Hausärztemangels bewirken. Wir hoffen auf einen Langzeiteffekt und vor allem darauf, dass sich unter Nachwuchsärzten herumspricht, wie schön es in den Haßbergen ist“, erklärt Benjamin Herrmann, Geschäftsstellenleiter der Gesundheitsregionplus.
Im Zuge des Projektes werden den teilnehmenden Studenten, über die normale Famulatur hinaus, zusätzliche praxisnahe Inhalte vermittelt. Beispielsweise wird ein Notfalltraining durch das Bayerische Rote Kreuz Haßfurt organisiert. Ebenfalls erhalten die Studenten mehrmals wöchentlich Workshops an den Haßberg-Kliniken, bei denen Sie zum Beispiel chirurgische Nahttechniken erlernen können. Die Studenten sind gemeinsam in Haßfurt untergebracht und lernen bei gemeinsamen Freizeitaktivitäten die schönsten Seiten der Haßberge als Gruppe kennen. Vorbild des Projektes ist ein Programm der „Landarztmacher“ aus dem Arberland.
„Wir freuen uns sehr, dass wir so viele interessierte Studenten für den ersten Durchgang des Projektes gewinnen konnten“, so Landrat Wilhelm Schneider. Sein besonderer Dank gilt aber vor allem den engagierten Hausärzten der Region sowie den Haßberg-Kliniken und dem BRK, die bei der Organisation des Projektes maßgeblich beteiligt waren. „Darüber hinaus zeigt die finanzielle Unterstützung des Bayerischen Hausärzteverbandes, dass unser Ansatz, genau in die richtige Richtung geht.“