"Gekochtes Rindfleisch mit Bouillon" steht auf dem Speiseplan der Kantine der Fränkischen Rohrwerke. Reißenden Absatz findet das Essen allerdings nicht: "Weniger als die Hälfte haben das Mittagessen bestellt," erklärt Kantinenleiter Klaus Urlaub. Die meisten hätten nur einen Salatteller oder Beilagen gegessen, wohl aus Sorge wegen BSE. Auch bei Hackfleischgerichten mehren sich die kritischen Nachfragen. Aber Urlaub hat nicht immer eine Antwort parat, denn auch in Würzmitteln könnten Rinderextrakte enthalten sein, über die er nicht informiert wurde. Er ist der Ansicht, dass die Maßnahmen jetzt zu spät kämen: "wir wissen ja nicht, ob wir nicht schon längst Fleisch mit BSE gegessen haben." Urlaub selbst hat wenig Bedenken, Fleisch zu essen. Seine Begründung: es komme ja von Königsberger Metzgern.
"In unserer Region gibt es gesundes Fleisch, was hier geschlachtet wird, ist einwandfrei" zeigt sich auch Metzger Adolf Höhn aus Ermershausen, Innungsobermeister der Fleischer überzeugt. Und fügt hinzu, dass ihm sein Rindfleisch noch immer gut schmecke. Seine Kunden scheinen allerdings eher skeptisch zu sein, die Nachfrage nach Rindfleisch ist schon deutlich gesunken. "Das haben uns die Politiker eingebrockt, und wir Metzger sind die Leidtragenden," ärgert sich Höhn. Schließlich sei die Gefahr durch BSE sei 1994 bekannt gewesen. Und: "Wenn die Futterproduzenten was rein mischen, kann der Metzger nichts dafür." Von den täglichen Fernsehreportagen hält Höhn allerdings wenig. "Man darf nicht durch Horrormeldungen Panik verbreiten, das wird jetzt richtig hochgejubelt."
Die Berichterstattung in den Medien ist auch dem Viehhändler Horst Sauerteig aus Schweinshaupten ein Dorn im Auge. Dabei könne man ja noch nicht einmal sicher sagen, ob das Fleisch überhaupt BSE-belastet ist. "Dass Creutzfeld-Jacob von BSE kommt, ist auch noch nicht erwiesen." Der Rest von Europa scheint das jedoch anders zu sehen: Nicht zuletzt, da Exporte nach Italien und Frankreich nicht mehr möglich seien, habe es beim Rindfleisch in den letzten 14 Tagen enorme Preiseinbrüche gegeben. erläutert Sauerteig. "Der Kilopreis ist von 4,60 Mark auf 3,20 Mark gesunken". Und ob nächste Woche überhaupt noch geschlachtet wird, sei noch nicht sicher. "Das gibt Wahnsinns-Einbußen, die manche Bauern in den Ruin treiben können," befürchtet Sauerteig. Dabei werde gerade in Bayern immer alles 200-prozentig überprüft und mehrfach überwacht. "Beim Vieh läuft hier nichts krumm," versichert der Viehhändler.
Auch dem Vorsitzenden des Hotel- und Gaststättenverbandes im Landkreis, Michael Bayer (Theinheim), ist der Appetit auf Rindfleisch bislang nicht vergangen. Da das Fleisch von kleinen Landwirten der Region stamme, sieht er keine Probleme mit der Qualität. Die deutschlandweite BSE-Krise wurde seines Erachtens durch Versäumnisse in der Politik und der Futtermittel-Industrie hervorgerufen. Doch auch das Verhalten der Verbraucher sieht Bayer kritisch: "Die wollen ja billiges Fleisch, das auch entsprechend billig produziert werden muss, und das geht nur mit billigem Futter." In seinem Gasthof gab es bisher noch keine Reaktionen. "Aber ich rechne damit, dass es kommendes Wochenende Zurückhaltung bei Rindfleisch geben wird."
In der Schlossberg-Gaststätte in Königsberg haben bislang ebenfalls noch keine Gäste nachgefragt. Allerdings steht auf der Speisekarte von Pächter Frank Usinger auch nur ein Rindfleisch-Gericht - und da stammt das Fleisch aus Argentinien. "Das werde ich wohl in Zukunft extra auf die Karte schreiben," erklärt Usinger. Auch privat zieht es ihn beim Fleischgenuss in ferne Lande. "Europäisches Rindfleisch tue ich mir gerade nicht an." Seine Frau Bergith ist zwar Vegetarierin, isst aber leidenschaftlich gerne Gummibärchen. "Wegen der Gelatine bin auch ich verunsichert," bestätigt sie.
Diese Verunsicherung teilen viele Verbraucher, die sich jetzt bevorzugt an Biobauern wenden. Hans Dünninger vom Demeterhof in Goßmannsdorf darf inzwischen "viele ganz gezielte Fragen zu Haltung und Fütterung der Tiere beanworten." Für Dünninger war es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland BSE-kranke Rinder entdeckt werden. Die deutschen Politiker und die EU-Verantwortlichen hätten das rechtzeitige Eingreifen versäumt.
Der Biobauer geht davon aus, dass auch jeder konventionelle Bauer mit seinen Tieren veranwortungsvoll umgeht. "Aber der Bauer kann noch so gut aufpassen, wenn dem Futter Tiermehl zugemischt wird, kann er auch nichts dazu." Diese Art der Ernährung ist auch der Hauptkritikpunkt Dünningers: "Schließlich ist die Kuh ein Pflanzenfresser. Sie mit gemahlenen Tierresten zu füttern, ist wirklich gegen die Natur."