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Bamberg: Keine leichte Entscheidung

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    Die Mitarbeiterinnen der vier Bamberger Schwangerenberatungsstellen üben den Schulterschluss für Mutter und Kind (von links): Kristina Renner (Caritas), Freya Zechmair (Pro Familie), Nora Link (Donum Vitae), Iris Jacob (Gesundheitsamt) und Ursula Kreck (Caritas).
    Die Mitarbeiterinnen der vier Bamberger Schwangerenberatungsstellen üben den Schulterschluss für Mutter und Kind (von links): Kristina Renner (Caritas), Freya Zechmair (Pro Familie), Nora Link (Donum Vitae), Iris Jacob (Gesundheitsamt) und Ursula Kreck (Caritas). Foto: Marion Krüger-Hundrup

    Lösungsansatz: Mit der Vertraulichen Geburt hat der Gesetzgeber vor zehn Jahren die Möglichkeit geschaffen, dass Frauen in einer schwierigen Situation legal und medizinisch betreut ihr Kind zur Welt bringen können. Ein Rundgespräch mit Fachkräften der vier Bamberger Schwangerenberatungsstellen.

    Bamberg Amelie (Name geändert) ist 31 Jahre alt, hat zwei Kinder und lebt in Trennung. Als sie erfährt, dass sie schwanger ist, bricht für sie eine Welt zusammen. Oft weiß die Kassiererin eines Supermarktes nicht, wie sie über die Runden kommen soll. Sie arbeitet halbtags, kümmert sich nach Kindergarten und Grundschule um ihre Söhne. Aber ein drittes Kind?

    Viele schlaflose Nächte hat Amelie hinter sich. Eine Abtreibung kommt für sie nicht infrage. Selbst entbinden und das kleine Wesen in einer Babyklappe ablegen? Sie sucht im Internet und stößt auf das Stichwort "Vertrauliche Geburt". Über die Website www.geburt-vertraulich.de findet Amelie eine Beratungsstelle in ihrer Nähe.

    Zum Beispiel in Bamberg, Forchheim oder Ebermannstadt, wo vier unterschiedliche Träger eine solche Schwangerenberatungsstelle unterhalten. In jeder Stelle arbeitet eine Fachkraft mit der Zusatzqualifikation für "Vertrauliche Geburt": "Wir haben spezielle Schulungen durchlaufen und fundiertes rechtliches Wissen", erklären in einem Rundgespräch mit dieser Redaktion die Beraterinnen Ursula Kreck und Kristina Renner (Caritas), Nora Link (Donum Vitae), Iris Jacob (Gesundheitsamt) und Freya Zechmair (Pro Familia). Diese Fachfrauen eint das oberste Ziel ihrer Arbeit: nämlich "Kindstötungen zu verhindern", wie sie sagen.

    Vor zehn Jahren hat die Bundesregierung mit dem Paragraphen 25 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes die legale Möglichkeit einer Geburt geschaffen, bei der die medizinische Betreuung von Mutter und Kind gewährleistet wird, und das Kind auch ohne die leibliche Mutter durch Freigabe zur Adoption in ein gutes Leben starten kann. "Vertrauliche Geburt ist eine Entbindung, bei der die Schwangere ihre Identität nicht offenlegt… Eine Auskunfts- und Nachweispflicht besteht nicht bei einer vertraulichen Geburt", heißt es in diesem Gesetz.

    Durch eine Vertrauliche Geburt sollen Entbindungen auf irgendwelchen Toiletten, Kindstötungen direkt nach der Geburt oder das Aussetzen eines ungewollten Babys verhindert werden. Auch das Kind in einer Babyklappe abzulegen oder nach einer Geburt unter falschem Namen aus dem Krankenhaus zu verschwinden und das Kind zurückzulassen – also eine sogenannte anonyme Geburt –, ist illegal. In solchen Fällen wird immer die Polizei eingeschaltet, die dann versucht, die Mutter zu ermitteln.

    Die fünf Beraterinnen sprechen von zwei Stufen, die sie mit der Hilfe suchenden Frau nehmen. Auf der ersten Stufe gelte, wie auch in jeder anderen Beratung, erst einmal die Krisensituation zu beleuchten und die Frau in ihrer aktuellen Situation anzunehmen. Manche kämen früh in der Schwangerschaft, die Meisten jedoch oft spät, "nachdem sie ihren Zustand lange verheimlicht oder nicht wahrhaben wollten". Verdrängungsschwangerschaft lautet der Fachbegriff: "Die Psyche macht viel", wissen die Beraterinnen. Und auch, dass "nicht nur einsame, in desolaten Verhältnissen lebende Frauen zu ihnen kommen, sondern auch gestandene Mütter – wie Amelie. Die Gründe sind dabei sehr unterschiedlich: "ein individuelles Feld". Das können häusliche Lebensumstände sein, Gewalt in der Ehe, eine neue Partnerschaft, eine Erkrankung, eine schwierige Biografie oder auch Gründe, die in der kulturellen Herkunft oder im religiösen Bereich liegen. In der Regel ahnen die Väter "aus guten Gründen" nichts von der Schwangerschaft.

    "Wir beraten ergebnisoffen nicht nur einseitig in Richtung Vertrauliche Geburt, sondern versuchen auch, Hilfemöglichkeiten aufzuzeigen, um normal selbst mit dem Kind zu leben oder sich für eine Adoption zu entscheiden", bringen die Beraterinnen die Stufe eins auf den Punkt. Auf der zweiten Stufe Richtung Vertrauliche Geburt gibt die schwangere Frau ihrer Beraterin die Identität preis. Ein Herkunftsnachweis mit dem richtigen Namen der Mutter und ihre Anschrift zum Zeitpunkt der Geburt muss für das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) ausgefüllt werden. Archiviert wird er unter dem gewählten Pseudonym der Mutter, das auch in den Adoptionsunterlagen verzeichnet ist. Dieses Pseudonym kennt nur die Beraterin. Auch die bei einer Vertraulichen Geburt involvierten Kliniken und Hebammen, Jugend- und Standesämter, die Adoptionsvermittlungsstellen wissen nichts von der eigentlichen Identität der Schwangeren.

    Die fünf Beraterinnen bescheinigen den Betroffenen, "hoch verantwortungsvoll handelnde Frauen" zu sein, denen das Wohl ihres Kindes am Herzen liegt. So ermutigen die Beraterinnen die Mütter, deren Nachricht an das BAFzA einen persönlichen Brief an das Kind beizulegen, aus dem es etwas über die eigene Herkunft erfährt und besser verstehen kann, warum seine Mutter die Vertrauliche Geburt und Adoptionsfreigabe gewählt hat. Denn mit 16 Jahren haben adoptierte Kinder das Recht zu erfahren, wer ihre leibliche Mutter beziehungsweise ihre leiblichen Eltern sind.

    "Wir begleiten die Frauen vor und nach der Geburt, das ist ein weiteres Plus der Vertraulichen Geburt", bekunden die Beraterinnen. Sie haben in Bamberger Gynäkologen, im Klinikum am Bruderwald, in den einschlägigen Behörden ein tragfähiges Auffangnetz gefunden. Noch ist die Vertrauliche Geburt als legale Chance für Mutter und Kind eher unbekannt. Im gesamten Bundesgebiet wurden seit 2014 etwas mehr als 1200 registriert. Auch in Bamberg ist sie selten, wenngleich schwangere Frauen aus ganz Franken und darüber hinaus dort Hilfe suchen.

    Hilfen: Beratungsstellen zur Vertraulichen Geburt sind im Internet zu finden unter: www.geburt-vertraulich.de oder man kann sie beim "Hilfetelefon – Schwangere in Not" erfragen unter der bundesweit kostenlos geschalteten Tel.: (0800) 4040020.

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