Da kommen weder Fräse noch Kreissäge gegen ihn an, wenn Merlin nur ein paar Zacken seines Instruments „erklingen“ lässt. Klack, Klack knallt es laut durch die große Werkshalle, so laut, dass es selbst dem Instrumentenbauer zu viel des Guten ist. Aber Heinrich Grünewald ist dennoch stolz auf das Werk in den Händen seines Urenkels, denn für eine Klapper gibt es eigentlich nur eine Vorgabe: „Sie muss laut sein“, sagt Grünewald und lacht verschmitzt, „möglichst laut“.
Und Grünewalds Klappern sind laut. Immerhin stecken da inzwischen über 60 Jahre Erfahrung drin. Im Jahr 1945 hat er zum ersten Mal beim Bau mitgeholfen. Als Lehrling bei seinem Meister. Klappern bauen war Winterarbeit. Da ging es in der Schreinerei ruhiger zu. Und man hatte Zeit für solche kleinen Arbeiten. Und Zeit benötigte man auch, denn wo heute elektrische Säge, Hobel und Fräse vieles leichter machen, war damals Handarbeit angesagt, um den Resonanzkasten entstehen zu lassen, oder um das Herzstück, die Walze zu drechseln und die Zapfen zu schnitzen. Und auch wenn sie scheinbar wie aus einem Holz gefertigt ausschauen – so helfen doch gleich mehrere Holzarten mit, das Ziel „möglichst laut“ zu erreichen. So ist der Resonanzkörper aus leichterem Fichtenholz. Die von einer Kurbel angetriebene Walze muss viel aushalten und ist mitunter aus Eiche gedrechselt. Aus Hartholz sind auch die Zapfen und die Hämmer, die auf den Resonanzkörper schlagen. Flexibel, aus Esche, dagegen die Leisten, die sich ständig auf und abbewegen.
Schwere Dinger waren die Klappern in früheren Jahren, erinnert sich der 78-jährige Grünewald. Acht Hämmer trommelten da auf den Resonanzkörper. Heute sind es meist nur noch fünf. Der Grund: Die Klapperer wurden im Lauf der Zeit jünger. Früher durften nur Jungs nach der Erstkommunion mitmachen. Und auch nur Ministranten. Heute sind auch ältere Kindergartenkinder dabei und Mädchen.
Damals allerdings gab es noch mehr Kinder in den Familien. Und das bedeutete in der Karwoche Hochbetrieb: Da musste noch schnell vor dem Klapper-Start an Gründonnerstag repariert werden. Und gar Not-Dienst durfte er spielen, wenn einmal während des Klapperns Teile des Instruments zu Bruch gingen. Für alle Fälle hatte er natürlich auch immer Ersatz-Klappern auf Lager. Denn Grünewald wusste aus seiner Jugend nur zu genau, wie viel Spaß das Klappern machen kann. Denn Ehrgeiz, möglichst laut zu klappern, haben wohl alle, die einmal mitgemacht haben. Und er erinnert sich noch gern genau daran, wie er in der Sakristei klappern musste und sich gar auf das Instrument kniete, damit man noch lauter in der Kirche zu hören war.
„Es war ein Hobby und vielleicht auch ein Beitrag, um die Tradition am Leben zu erhalten“
Heinrich Grünewald (78), baut Klappern seit über 60 Jahren
Aber er erinnert sich auch an strenge Sitten, die damals herrschten: Wer beim Rappeln „außer der Reihe klapperte“, also einfach einmal so hineinrappelte, bekam Abzüge vom wohlverdienten Lohn – das waren zu Grünewalds Jugendzeit Eier, die am Karsamstag eingesammelt wurden.
Und es gab noch andere Gepflogenheiten: So durfte etwa nur ganz behutsam gerappelt werden, wenn die Karwoche auf die Zeit fiel, in der die Gänse brüteten. Sie sollten ja nicht beim Brutgeschäft gestört werden.
Jedes Jahr wurden normalerweise etwa drei bis vier neue Klappern gemacht. In manchen Jahren allerdings auch bis zu zehn, denn immer wieder kamen Anfragen auch aus der Umgebung. Heute, mit modernen Maschinen, benötigt er für ein Einzelstück rund einen Tag, bis es richtig klappert. Baut er mehrere parallel, geht geht es natürlich schneller.
Allerdings, so Grünewald, „ein Geschäft habe ich damit nie gemacht. Es war ein Hobby und vielleicht auch ein Beitrag, um die Tradition am Leben zu erhalten“. Rund 100 Klappern dürfte er wohl gebaut haben, rechnet Grünewald. Etliche davon verrichten auch noch nach mehr als einem halben Jahrhundert ihren Dienst – von Eltern auf Kinder und Enkel weitergegeben. Erkennen würde er sie auf jeden Fall wieder berichtet er – „einfach von der Bauart her“.
Und ganz besonders wird er eine wiedererkennen, die Klapper, die er seinem Urenkel Merlin gefertigt hat – aus hellem Ahorn und dunklem Mahagoni-Holz. Und die ist natürlich nicht nur schön anzuschauen, sondern auch richtig schön laut.