Ein besonderes Koch- und Backbuch wird am Montag, 19. Juni, ab 17.00 Uhr in der Buchhandlung Glückstein vorgestellt. Dem Buch liegt eine außergewöhnliche Idee zugrunde. Im Jubiläumsjahr der Reformation kredenzt die Zeiler Gemeinde der evangelisch-lutherischen Kirche damit ein literarisch-kulinarisches Werk. Es vereint auf köstliche Weise die Stadt mit dem vor 500 Jahren lebenden Reformator Martin Luther und heutigen prominenten, aber auch weniger bekannten Christen.
„Dem Volk ins Maul schauen“, das klingt nach Martin Luther, der einst beobachtete, wie sich die einfachen Leute seiner Zeit ausdrückten. Er wollte ihnen „aufs Maul schauen“, um mit Hilfe ihrer Sprachgewohnheiten seine Bibelübersetzung für jedermann verständlich gestalten zu können. Bei der Wahl des Titels für ihr Buchprojekt haben die Zeiler eine gewisse Ähnlichkeit zum Luther-Zitat durchaus beabsichtigt. Das Buch ist mehr als ein herkömmliches Koch- und Backbuch. Auf 74 Seiten kommen prominente Persönlichkeiten, die ihren christlichen Glauben bekunden, ebenso zu Wort, wie weniger berühmte Hobbyköche. Alle sind Glied einer evangelischen Gemeinde.
Jeder Autor verrät neben den Zubereitungsgeheimnissen seiner Lieblingsspeise auch sein persönliches Lebensmotto, gibt an, woher er kommt, wie sein Konfirmationsspruch lautete, welche Personen der Bibel ihn faszinieren und wen er gerne kennenlernen würde. „Alles hat etwas Positives und Negatives, und es liegt an einem selbst, ob man das eine oder das andere betrachtet“, lautet zum Beispiel das Lebensmotto von Yvonne Rosatti. Sie ist Kirchenvorsteherin der Zeiler Himmelfahrtsgemeinde und offenbart, wie sie zum christlichen Glauben kam und was er für sie bedeutet. Damit reiht sie sich in die Schar der 60 evangelischen Christen ein, die im Buch ihre liebsten Speisen nach persönlichen Rezepten anrichten und sozusagen Exlibris mit ihrem Lebensmotto würzen.
Das aufwändige Zeiler Buchprojekt ist wesentlich der Initiative von Vertrauensfrau Margot Dümler zu verdanken. Sie sorgte dafür, dass es realisiert werden konnte. So finden sich unter den prominenten Autoren beispielsweise der evangelische Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm, die Politiker Ursula von der Leyen, die ehemalige Bundestagsabgeordnete Susanne Kastner, Markus Söder sowie der Liedermacher und Kabarettist Wolfgang Buck.
Die Bamberger und Rügheimer Dekane Hans-Martin Lechner und Jürgen Blechschmidt sowie Dekanatskantor Matthias Göttemann sind mit ihren bevorzugten Hauptspeisen vertreten. Einen Aperitif mixt der Königsberger Pfarrer Peter Hohlweg, und die evangelische Caritas-Pflegedienstleiterin Christl Pottler gibt, Seite an Seite mit Minister Markus Söder, Tipps für einen genussvollen Kuchen. Die Lieblingsrezepte weiterer Autoren aus dem Heimatkreis und darüber hinaus ergänzen die Sammlung. Alle zusammen liefern eine Auswahl schmackhafter Köstlichkeiten, jeweils gewürzt mit christlichen Lebensweisheiten.
Der Zeiler Kirchenvorsteher Ulrich Dölker steuert einen Rote-Rüben-Salat bei, Pfarrerin Claudia Winterstein aus Hellingen ihre geliebte Brotsuppe und der Rügheimer Diakon Robert Hager eine würzige Fränkische Sülze. Vom Schweinfurter Dekan Oliver Bruckmann gibt es Käsenudeln und aus der Küche des Haßfurter Vertrauensmannes Bernhard Deffner einen Zucchini-Auflauf.
Nebenbei verraten alle Autoren ihre persönlichen Ambitionen und einige, wie Dekan Jürgen Blechschmidt, dass sie „eigentlich gar nicht kochen können“. Auch der Reformator höchstpersönlich ist im Buch vertreten. Er empfiehlt eine „Gefüllte Gans“, die nach drei Stunden Garen im Ofen mit Bier zu übergießen und knusprig zu braten ist.
Man sagt Luther nach, dass er kein Kostverächter war und in einer Tischrede gesagt habe: „Unser Herrgott gönnet uns wohl, dass wir essen, trinken und fröhlich seien.“ Den Martin Luther abgelauschten Wortlaut für den Buchtitel lieferte der Liedermacher und Pfarrer Wolfgang Buck. Er schaut frei nach Luther „dem Volk ins Maul“. Als Rezept steuert der Franke einen „Schweinebrodn“ bei.
Der Idee des Buches, den Zusammenhang von Glauben und Leben bei Tisch aufzuzeigen, widmet sich der ehemalige Regensburger Regionalbischof Gotthart Preiser. Er liefert zu „Hefeklößen mit Schwarzbeeren“ eine „Schwarz-Weiß-Predigt über das Leben“. Wilhelm Schneider, Landrat im Haßbergkreis und Kirchenvorsteher in Maroldsweisach, verrät neben der Zubereitung leckerer Rinderrouladen, dass er gerne Martin Luther King kennengelernt hätte, weil der „für Nächstenliebe und gegen Rassentrennung“ eingetreten sei.
Das Buch „Dem Volk ins Maul schauen“ wurde vom Kirchenvorstand Zeil am Main herausgegeben und erscheint im Freimund-Verlag.