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SCHÖNBRUNN: Luther hätte die lila Kartoffeln geliebt

SCHÖNBRUNN

Luther hätte die lila Kartoffeln geliebt

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    Der Kartoffelanbau spielt heute im Landkreis Haßberge eine untergeordnete Rolle. Im Ortsteil Schönbrunn der Gemeinde Ebelsbach war dies heuer jedoch anders, man sprach immer wieder von einem besonderen Kartoffeljahr, das am Wochenende mit dem „Luther-Kartoffelfest“ abgeschlossen wurde. Viele Schönbrunner und Gäste feierten im Gemeinschaftshaus, und als besondere Spezialität gab es die „violette Kartoffel“ mit hausgemachtem „Ziebeleskäs“ oder „marinierten Heringen“.

    Was hat die Kartoffel mit Luther zu tun? Diese Frage durfte man sich anfangs stellen, denn Martin Luther lebte ja von 1483 bis 1546 und da gab es noch keine Kartoffel: Die Pflanze kam erst im Jahre 1630 nach Deutschland. Erst König Friedrich II. von Preußen erkannte den Nutzen der Knollen und verordnete 1756 mit seinem „Kartoffelbefehl“ den Anbau. Danach dauerte es trotzdem noch bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts, bis sich die Kartoffel als eines der wichtigsten Nahrungsmittel durchsetzte.

    Das „Luther-Kartoffelfest“ war in der evangelischen Kirchengemeinde Gleisenau nun schon die 32. Veranstaltung im Rahmen des Festreigens „500 Jahre Reformation“. Dazu war das Gemeinschaftshaus bis auf den letzten Platz besetzt. Nicht als Pfarrer, sondern mit einer Kartoffelpuppe in der Hand, schlüpfte Volkmar Gregori in die Rolle eines Erdapfels und meinte: „Ich bin nur eine Kartoffel und nicht besonders fromm. In der Bibel komme ich überhaupt nicht vor. Ich leuchte auch nicht so schön wie eine Tomate und bin nicht so knackig wie ein Apfel. Aber Schönheit ist bekanntlich Geschmackssache.“

    Die Kartoffel sei aber dazu da, dass Kinder satt werden und die großen Leute stark bleiben. Daran habe sie aber ihre Zweifel, weil man sie manchmal auch auf Abfallhalden schütte, obwohl täglich 15 000 Kinder verhungerten. „Irgend etwas macht ihr ziemlich falsch, ihr klugen Menschen“, meinte die Kartoffelpuppe.

    Und dann kam sie auch auf des Rätsels Lösung, warum man das „Luther-Kartoffelfest“ feiere. „Was für mich ganz neu war, dass ihr uns mit Martin Luther in Verbindung bringt, zumindest unsere Familienangehörigen, die farblich etwas aus der Art geraten sind, die Violetten nämlich. Die sind mir trotzdem lieber wie die schwarzen, die roten, die grünen, die gelben und wie die ganzen Jamaikaner noch heißen. Das hätte ich mir nie in meinem kurzen Kartoffelleben träumen lassen.“

    Anita Herbold dankte man dafür, dass sie im Frühjahr die „Violetten“ gesteckt hatte. „Auch wenn sie mir vom Aussehen her nicht das Wasser reichen können, doch geschmacklich sind sie nicht zu schlagen. Wenn Luther uns gekannt hätte, er hätte uns geliebt und uns gerne auf seinem Teller gesehen, vor allem die violetten. Ich bin mir sicher, dass seine Käthe für ihren Martin herrlichste Gerichte mit uns gezaubert hätte. Wie gerne hätten wir mitgeholfen, dass die Sache des Reformators vorankommt. Ein starker, mutiger und kluger Mann wie Luther braucht uns auf seinem Tisch – eben Multitalent zu Multitalent.“

    Natürlich habe sie noch nicht gewusst, dass die Farbe der Evangelisch-lutherischen ausgerechnet violett sei. „Jetzt bin ich tatsächlich mächtig stolz auf meine violetten Geschwister. Wir sind etwas Besonderes. Ohne unsere herausragenden Qualitäten wäre die Welt ärmer, nicht nur die Küchen-, nein auch eure Kirchenwelt.“

    Dann roch es auch schon kräftiger, denn in fünf großen Einkochtöpfen wurden diese violetten Kartoffeln auf Temperatur gebracht und weichgekocht. Bis es Zeit zum Anrichten war, stimmte Franz Rödelmaier auf seinem Akkordeon zum „Schönbrunn-Lied“ an mit dem Text „am Rande des Haßbergs, im fränkischen Land, da gibt es nur eines, von allen bekannt. Umgeben von Wäldern, Wiesen und Hain, oh Schönbrunn, wie bist du so fein.“

    Dann kamen einige „Tischreden“. Alfred Eisenacher beschäftigte sich damit, „wie die Kartoffel zu uns kam“ und Arno Eisenacher präsentierte interessante Zahlen zur „Kartoffel in der Landwirtschaft heute und früher“. Während die Kartoffel früher ein fester Bestandteil des Feldanbaues gewesen sei, spiele sie heute eine untergeordnete Rolle. Auch im Landkreis Haßberge seien nur noch wenige Hektar gemeldet und meist würde die Kartoffel nur noch für den privaten Verbrauch angebaut. Dies unterstrich er mit interessanten Zahlen aus den umliegenden Orten.

    In Stettfeld gebe es noch drei Kartoffelbauern mit einer Anbaufläche von nur 0,5 Hektar, in Breitbrunn sind es sechs Landwirte mit 0,64 Hektar, in Lauter ebenfalls mit 0,63 Hektar und Ebelsbach zählt zwölf Bauern 1,08 Hektar. Mit 14 Bauern und 4,9 Hektar Anbaufläche könne man aber Eltmann als die „Kartoffelhochburg“ bezeichnen. Der Kartoffelbau in den Orten und im Landkreis decke den Bedarf nur zu einem Fünftel.

    Dann wurden die heißen violetten Kartoffeln endlich aufgetragen, die selbst geschält werden mussten. Dazu gab es Ziebeleskäs und marinierte Heringe. Kein Wunder, dass es bei so guten Sachen dann doch etwas ruhiger wurde, Melodien und das Wirtshaussingen willkommene Abwechslung boten und weitere Tischreden über „Kartoffelsorten“ und über „Gastfreundschaft“ keine Langeweile aufkommen ließen.

    „Unser Herrgott gönnt uns gerne, dass wir essen, trinken und fröhlich sind. Er will nicht, dass wir darüber klagen, er habe uns nicht genug gegeben. Er hat all die Güter geschaffen, dass wir sie nutzen sollen. Ich finde es sehr beachtlich, dass die Schönbrunner mit diesem Abend etwas Außergewöhnliches auf die Beine gestellt haben“, betonte Pfarrer Volkmar Gregori unter großem Beifall der Besucher zum Abschluss.

    Gleichzeitig wies er auf weitere Veranstaltungen des „Luther-Jahres“ hin. Am Sonntag, 29. Oktober, ist um 16.00 Uhr das Orgelkonzert für Kinder „Vom kleinen Martin zum großen Luther“. Der Höhepunkt des Jahres ist der große ökumenische Festgottesdienst „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ am Reformationstag, 31. Oktober, um 10.00 Uhr mit der Ebelsbacher Kantorei und dem Posaunenchor Gleisenau. Danach ist Empfang des Kirchenvorstandes auf dem Kirchenvorplatz. Am Abend um 19.00 Uhr gibt es dann das große Konzert an der Gleisenauer Orgel mit dem weltweit bekannten Christian Schmitt von den „Bamberger Symphonikern“.

    Am Samstag, 4. November, ist um 19.00 Uhr der große Kabarettabend „alles in Luther“ mit deftiger Pausenbewirtung aus dem Kessel vor der Kirche, während die „Junge Gemeinde Gleisenau“ am Sonntag, 5. November, um 11.00 Uhr zum „Luthertag“ einlädt.

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