Angefangen hat alles zwei Jahre vor dem Abitur. Fabian Saal sah im Fernsehen einen Bericht über einen Gedächtniskünstler. Er begann Bücher zu lesen über Lern- und Gedächtnistechniken und war von den Methoden fasziniert. Von da an lernte er mit Hilfe der sogenannten Mnemotechnik und weiteren Lernmethoden für Klausuren und fürs Abitur. Und auch im Studium möchte er diese Techniken nun nicht mehr missen.
Die Mnemotechnik erscheint auf den ersten Blick kompliziert. Möchte man sich eine Zahlenfolge merken, wandelt man immer zwei Ziffern in ein vorgefertigtes Bild nach einer bestimmten Codierung um, erklärt Saal. Man verknüpft die Zahlen dann mit einem markanten Punkt, beispielsweise in der Wohnung, oder einer Geschichte. „Je lustiger und skurriler die Bilder“, umso besser“, sagt der 22-Jährige. Auf diese Art könne man sich eine Reihe aus mehreren hundert Ziffern, aber auch Einkaufslisten oder andere Inhalte merken.
Ihm habe die Mnemotechnik beim Lernen sehr geholfen, sagt er. Leider werde diese Technik den Schülern im Unterricht bisher nicht vermittelt. Saal ist überzeugt: Mit der Technik könnten sich die Schüler einiges an Lernstress sparen. Dabei könnte man gerade Kinder, die noch große Fantasie besitzen und sich von kleinen lustigen Geschichten begeistern lassen, auf spielerische Weise schon im Grundschulalter an diese Lerntechniken heranführen.
Viele glauben, dass es mit Talent oder Genie zu tun hat, sich mehrere hundert Zahlen merken zu können. „Im Gegenteil“, sagt Fabian Saal. Mit den entsprechenden Techniken und etwas Training sei jeder in der Lage, sich eine 100-stellige Zahl innerhalb kürzester Zeit zu merken.
Saal trainierte verschiedene Disziplinen, merkte sich nicht nur Zahlen, sondern auch Namen und Gesichter, fiktive historische Daten und Karten. Gedächtnissport wurde eines seiner großen Hobbys. Fasziniert davon, sich täglich immer mehr Zahlen und Fakten in immer kürzerer Zeit einprägen zu können, entschloss sich Saal, sich bei den Süddeutschen Gedächtnismeisterschaften in Karlsruhe, anzumelden.
Dort sei es besser gelaufen als erwartet, erzählt er. Saal wurde Vizemeister und bester Newcomer. In der Disziplin „Abstrakte Bilder“ landete er sogar auf dem ersten Platz, was einen Sprung in der Weltrangliste in dieser Disziplin unter die ersten zwölf der Welt bedeutete. Eine der Aufgaben, die Saal erfolgreich meisterte, war, sich in fünf Minuten 366 Binärzahlen (eine Reihe aus Nullen und Einsen wie zum Beispiel 011001) in der richtigen Reihenfolge einzuprägen.
Vom Erfolg motiviert, trainierte er noch intensiver und trat auch bei den Deutschen Gedächtnismeisterschaften in Hamburg an. Dort lernte er unter anderem den Gedächtnisweltmeister und weitere Gedächtnissportler aus dem Fernsehen kennen. Bei dieser Konkurrenz war er mit einem siebten Platz sehr zufrieden.
Die Teilnahme an den Gedächtnisweltmeisterschaften hatte sich Saal eigentlich erst in ein paar Jahren zum Ziel gesetzt. Doch ermutigt durch die Erfolge bei der Süddeutschen und der Deutschen Meisterschaft, nahm er bereits jetzt an der Weltmeisterschaft in London teil.
Das deutsche Team war dabei sehr erfolgreich. Es stellte die Juniorenweltmeisterin und den Vizeweltmeister bei den Erwachsenen, wurde Teamweltmeister und stellte außerdem sieben neue Weltrekorde auf.
Weltmeister bei den Erwachsenen wurde Vorjahressieger Ben Pridmore aus England. Tony Buzan, der die Mindmap-Technik bekannt machte, bezeichnete die Weltmeisterschaft auf Grund der vielen Rekorde, die aufgestellt wurden, als diejenige mit dem höchsten Niveau seit Austragung der ersten WM im Jahr 1991.
Fabian Saal erreichte bei 64 Teilnehmern den 22. Platz. Er musste sich unter anderem in einer Stunde sieben gemischte Kartendecks und über 900 zufällige Ziffern richtig merken und sich 31 fiktive historische Daten in fünf Minuten einprägen. In der Disziplin „Abstrakte Bilder“ erreichte er sogar einen Platz unter den ersten zehn.
Nach seinem ersten Jahr im Gedächtnissport steht der Student in der Weltrangliste nun auf Platz 56 (von 623), möchte sich aber in den nächsten Jahren noch weiter verbessern.
Außerdem ist es sein Ziel, die drei Normen für den Titel „Grandmaster of Memory“ – vergleichbar mit dem Großmeistertitel im Schach – zu erreichen. Eine Norm konnte er schon erreichen, die beiden anderen hat er bisher knapp verfehlt.
Saal, der auch ein guter Basketballspieler ist, sagt über den Gedächtnissport: „Das Schöne an diesem Sport ist, dass es keine wirklichen Grenzen nach oben gibt.“ Betrachte man die Ergebnisse der vergangenen zehn Jahre, stelle man fest, dass die Leistungen von Jahr zu Jahr enorm ansteigen. „Das zeigt, dass unser Gehirn mehr leisten kann als wir glauben und ähnlich trainierbar ist wie ein Muskel“, sagt Saal.
Im nächsten Jahr steht die Weltmeisterschaft in China an. Auch da möchte der 22-Jährige dabei sein. Allerdings ist er noch auf der Suche nach einem Sponsor.
Mehr Infos zu Fabian Saal, Gedächtnistechniken und dem Gedächtnissport im Internet unter www.fabiansaal.de