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EBELSBACH/VIERETH: Mit 50 gelernt wie man Kinder lehrt

EBELSBACH/VIERETH

Mit 50 gelernt wie man Kinder lehrt

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    Rosa Turm: Gertrud Kaindl (links) demonstriert mit dieser mathematischen Übung ein grundlegendes Prinzip des didaktischen Ansatzes Maria Montessoris. Mit im Bild: Montessori-Lehrerin und Dozentin Ingrid Geßlein.
    Rosa Turm: Gertrud Kaindl (links) demonstriert mit dieser mathematischen Übung ein grundlegendes Prinzip des didaktischen Ansatzes Maria Montessoris. Mit im Bild: Montessori-Lehrerin und Dozentin Ingrid Geßlein. Foto: Foto: Ralf Naumann

    „Der kleinste Embryo enthält den fertigen Menschen.“ Diese Aussage stammt von einer Frau, mit der sich Gertrud Kaindl in den vergangenen eineinhalb Jahren intensiv beschäftigt hat: der 1952 verstorbenen, italienischen Ärztin und Reformpädagogin Maria Montessori. Deren ab 1907 entwickeltes pädagogisches Bildungskonzept deckt die Zeitspanne vom Kleinkind bis zum jungen Erwachsenen ab. Nach eineinhalb Jahren ist Kaindl nun offizielle Montessori-Pädagogin.

    „Ich habe die Ausbildung zunächst für mich gemacht, als pädagogische Zusatzqualifikation“, begründet die 50-Jährige ihren Entschluss, nach 30-jähriger Berufserfahrung im Kindergarten zusätzlich zur Arbeit noch einmal für 18 Monate die Schulbank zu drücken.

    Gertrud Kaindl arbeitet seit 1990 als Erzieherin in der Kindertagesstätte Sankt Jakobus in Viereth, übernahm dort vor 19 Jahren die Leitung. Zuvor war sie in der Heimarbeit sowie in der Kinder- und Jugendhilfe verschiedener Gemeinden tätig.

    Kaindl ist schon lange von Maria Montessori und vor allem von ihrer Denkweise begeistert – und überzeugt. „Mich fasziniert ihre Biografie, wie sie sich in ihrer Heimat sozial engagierte und ihr Leben ganz der Arbeit mit Kindern widmete“, schwärmt sie, und fügt an: „Begeistert hat mich natürlich die Pädagogik, die Kindern ein selbstständiges Lernen ermöglicht. Ihre Ideen und ihr pädagogisches Konzept fanden weltweit große Beachtung und Anerkennung.“

    Eine zentrale Rolle bei Montessori spielten das Entwicklungs- oder Sinnesmaterial und die vorbereitende Umgebung. „Dieses ermöglicht den Kindern, ihre intellektuellen, psychischen und motorischen Fähigkeiten zu fördern“, erklärt Gertrud Kaindl. Das Material werde den Kindern in Darbietungen oder Lektionen vermittelt. „Für Montessori war die Freiheit des Kindes ein wichtiges Anliegen. Das daraus resultierende Prinzip äußert sich in der freien Wahl des Platzes, des Partners und des Materials.“

    Den Diplomlehrgang mit heilpädagogischem Schwerpunkt absolvierte Kaindl in Bamberg. Berufsbegleitend fanden die Kurse zudem alle drei Wochen an den Wochenenden statt. Dozentin war Ingrid Geßlein, die in Berlin Erzieher und Lehrkräfte zum Montessori-Diplom ausbildet. Das Besondere an der Montessori-Pädagogik: „das Material, mit dem Kinder selbsttätig arbeiten können“, sagt die 59-jährige Expertin. „Ziel ist es, dass sie unabhängig vom Erwachsenen ohne Druck, auch ohne Zeitdruck, den Lehrplan der Grundschulzeit erfüllen können.“ Geßlein, die Kurse auch in Hof, Bayreuth, Chemnitz, Jena sowie in ihrer Zweigstelle in Bamberg leitet und die 1975 in Ebelsbach ihre zweite Lehramtsprüfung abgelegt hat, freut sich darüber, dass Montessori-Material inzwischen auch in öffentlichen Schulen zu finden ist.

    Mittlerweile gibt es zudem Montessori-Schulen, die die mittlere Reife anbieten. Im Montessori-Kinderhaus Gut Biberkor am Starnberger See kann gar das Abitur gemacht werden. Der Unterschied zu einer freien Montessori-Schule: „Die Kinder lernen dort nicht im Klassenverband, sondern erschließen sich zum Beispiel individuell mit dem Material die Mathematik oder erlernen selbstständig Lesen und Schreiben.“

    Voraussetzungen für die Teilnahme waren für Kaindl, die unter den insgesamt 29 Erziehern aus ganz Bayern die einzige Unterfränkin war, das Interesse an der Montessori-Pädagogik, die Bereitschaft, bei den Lehrgängen aktiv mitzuarbeiten, die Auseinandersetzung mit der Fachliteratur, der Umgang mit dem Material sowie Hospitationen in Kinderhäusern und Schulen.

    Kaindl war im Rahmen ihrer Ausbildung in verschiedenen Einrichtungen in Marktbreit, Lichtenfels, Bamberg und Kitzingen. Außerdem musste sie Referate halten, mündliche Prüfungen und zwei Klausuren absolvieren.

    Die Philosophie der Maria Montessori

    Maria Montessori (gestorben 1952) war eine italienischen Ärztin und Reformpädagogin. Deren ab 1907 entwickeltes pädagogisches Bildungskonzept deckt die Zeitspanne vom Kleinkind bis zum jungen Erwachsenen ab. Ziel Maria Montessoris war es, Erwachsene darauf hinzuweisen, dass jedes Kind einen individuellen Bauplan in sich trägt, nach dem sich seine Entwicklung vollzieht. Aufgabe des Erziehenden ist es, das Kind auf diesem Weg hilfreich und mit Geduld und Achtung vor seiner Persönlichkeit zu begleiten.

    Nach dem Prinzip „Hilf mir, es selbst zu tun", agiert der Erwachsene im Hintergrund und erkennt durch aufmerksame Beobachtungen des Kindes, wann es gebraucht wird.

    Die einzelnen Entwicklungsstufen nach Maria Montessori sind wie folgt aufgebaut: Bewegung, Ordnung, Sprache, Mathematik, kosmische Erziehung.

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