Nachmittags bei einer Wiese bei Zeil am Main. Die Sonne knallt unbarmherzig vom Himmel. Kein Lüftchen weht. Das Thermometer zeigt 37 Grad im Schatten. "Ideales Wetter für Schmetterlinge. Die mögen es heiß, trocken und windstill", freut sich Dr. Birgit Binzenhöfer und schnürt ihre festen Wanderschuhe. Die junge Wissenschaftlerin ist einmal pro Woche als Transektzählerin unterwegs und betreut ansonsten ehrenamtlich ihr Team.
Sie erstellt landschaftsökologische Gutachten und hat über Schmetterlinge ihre Doktorarbeit geschrieben. Die Biologin schnappt sich ihren Rucksack, in dem Becherlupe, Block, Bleistift sowie diverse Schmetterlingsführer stecken. Sie hängt sich Fernglas und Fotoapparat um den Hals. In der rechten Hand hängt das Fangnetz zum Einsatz bereit. Los geht's. Auf Schmetterlingsjagd. Freilich ganz im Dienste der Wissenschaft. Die sensiblen Falter bleiben nur kurz gefangen und flattern dann wieder in die Freiheit.
Konzentriert beobachtet die 36-Jährige die Umgebung. Immer auf der Suche nach den bunten Tagfaltern. Schwupp. Der Erste hängt im Netz. "Das ist was ganz Besonderes", freut sich die junge Wissenschaftlerin. "Ein Bläuling. Genauer ein Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Sozusagen der Kuckuck unter den Schmetterlingen, der sehr selten geworden ist, aber im Landkreis Haßberge noch vorkommt," so Binzenhöfer.
"Viele Tagfalter sind an bestimmte Lebensräume gebunden", weiß die Expertin und zeigt dabei vorsichtig auf die typischen Keulchen an den Fühlerspitzen des Falters. Dann darf der Schmetterling wieder unverletzt weiter flattern. Binzenhöfer erklärt weiter: "Das Verschwinden der Schmetterlinge ist ein wichtiger Indikator für den Rückgang der Artenvielfalt insgesamt. Die Natur gerät aus dem Gleichgewicht mit weit reichenden Folgen."
Die Ursachen für den Rückgang der Schmetterlinge sind demnach fast so vielfältig wie die Schmetterlinge selbst: Die Vernichtung ihrer Lebensräume, Umweltgifte und wahrscheinlich auch der Klimawandel spielen der Biologin zufolge dabei eine wichtige Rolle. Doch auch im Kleinen werde es Schmetterlingen schwer gemacht. "Etwa, wenn sie in Gärten und Parks nur noch exotische Pflanzen finden, von denen sie sich nicht ernähren können", so die Biologin.
Unermüdlich zählt und notiert die junge Wissenschaftlerin ihre Ergebnisse auf dem Erfassungsbogen, der dann normalerweise per Post oder per E-Mail und demnächst auch Online an das Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle oder die Regionalkoordinatoren geschickt wird.
Sowohl der Einstieg in das Projekt als auch Hilfe bei Unsicherheiten bei der Bestimmung gehören in ihr Aufgabengebiet. "Unsere Gruppe im Landkreis gehört zu den größten bayernweit", so Binzenhöfer. Bislang gibt es demnach im Landkreis Haßberge 20 Transektzähler, die derzeit in Zeil, Haßfurt, Prappach, Knetzgau, Ebern, Pfarrweisach, Hainert, Ebelsbach, Lendershausen, Altenmünster und Holzhausen Schmetterlinge zählen.
Die junge Wissenschaftlerin verdeutlicht den Hintergrund: "Obwohl die Tagfalter eine sehr gut untersuchte Insektengruppe sind, weiß man bundesweit nicht genug über die Bestände der zirka 190 Arten". Nur eine landesweite, kontinuierliche Bestandsaufnahme aller Arten, das so genannte Monitoring, könne hier eine ganz neue Wissensbasis schaffen. In dieser Langzeitstudie soll die Vielfalt der hier lebenden Tagfalter über einen größeren Zeitraum erfasst und wissenschaftlich ausgewertet werden. Die Biologin macht deutlich: "Nur was man gut kennt, kann man auch effektiv schützen."
Daten und Fakten
Schmetterlingsmonitoring
Dr. Birgit Binzenhöfer aus Zeil arbeitet mit am Langzeitbeobach- tungsprogramm "Tagfalter-Moni- toring-Deutschland". Seit dem Frühjahr 2005 erfassen Schmetter- lingsfreunde die Bestände der Tag- falter. Eine der "Regional-Koordi- natoren" ist Binzenhöfer, die mit Bernhard Reiser den Kreis betreut. Kontakt unter Tel. (0 95 24) 52 48.