So ähnlich musste es im Mittelalter zugegangen sein: Als sich die Dämmerung über Ebern legte, hüllten sich die Türmer und Nachtwächter in ihre Mäntel, packten Spieß und Laterne und stießen dann im Rathaushof mehrmals ins Horn, ehe sie sich auf eine Runde durch die Gassen der Stadt begaben. Immer wieder hielten sie an, verkündeten die Uhrzeit und so manche andere Neuigkeit oder Weisheit: "Tagesarbeit ist zu Ende, ruhet aus nun eure Hände. Danket Gott für diesen Tag und was morgen kommen mag."
Während die Eberner am vergangenen Wochenende aufgrund der mehr als zwei Dutzend nachtwachenden Augen beruhigt entschlummern konnten, müssen schwere und unsichere Zeiten hingegen in Bad Königshofen, Gundelfingen oder Chemnitz angebrochen sein, waren doch ihre Nachtwächter und Türmer dem Ruf des Eberner Türmers, Armin Dominka, gefolgt, der mit seinen Gesellen Dietmar Hofmann und Michael Hofmann zu einem zünftigen Treffen nach Ebern eingeladen hatten.
Türmereid
Armin Dominka war vor über 20 Jahren auf den Geschmack gekommen, als er in der Bütt einmal den Türmer gab. Mit dem historischen Türmereid hatte ihn der damalige Bürgermeister Rolf Feulner schließlich zum Dienst in den mittelalterlichen Gassen und auf dem Grauturm verpflichtet, den er seitdem regelmäßig und mit Unterstützung seiner Gesellen versieht.
Jeden ersten Samstag im Monat erschallt das Horn des Türmers vom Grauturm, gefolgt von der Zeitansage und mancher örtlichen Neuigkeit. Ähnlich geht es auch in anderen Städten Deutschlands, Dänemarks, Schwedens oder der Niederlande zu, wo sich ebenfalls so mancher Bewohner im Bewusstsein vergangener Zeiten der Europäischen Nachtwächter- und Türmerzunft angeschlossen hat.
"Vor 60 Jahren hatte der Grauturm großes Schwein, wie sollte es auch anders in Ebern sein"
Nachtwächter in Ebern
Beim Eberner Treffen wurde die Geschichte wieder lebendig, als die Türmer und Nachtwächter im Rathaushof mehrere Ständchen gaben und interessante Details über das damalige Leben erzählten.
Reihum dichteten und sangen die zünftigen Besucher, wobei nicht nur die Uniform ihre Herkunft aus Prichsenstadt, Burkheim, Dinkelsbühl oder Würzburg anzeigte, sondern auch der Zungenschlag deutliche Worte sprach. "Hört ihr Leut und lasst euch sagen, ich grüß euch wie in alten Tagen, aus Prichsenstadt im Frankenland, wo auch meine Wiege stand. Gern hab ich den Ruf vernommen, wieder mal hierher zu kommen, in diese schöne Stadt, die eine halbe Sau im Wappen hat."
Türmer aus Chemnitz
Der Türmer aus Chemnitz kündete: "Um altes Brauchtum zu bekunden, gehen wir unsere Runden. Karl-Marx-Stadt wurden wir genannt, das war keine Ehre, sondern eine Schand?". Und auch in der Eberner Geschichte schien er sich auszukennen: "Vor 60 Jahren hatte der Grauturm großes Schwein, wie sollte es auch anders in Ebern sein."