Die Wände sind frisch gestrichen und leuchten ebenso hell, wie die Schrankfront der Küchenzeile. Elektriker erledigen letzte Arbeiten. Wer die Vorgeschichte nicht kennt, könnte meinen, das Haus von Familie Schwender im Elsaweg in Königsberg steht kurz vorm Erstbezug. Wäre da nicht der leichte Rauchgeruch, der einem schon in Hausflur ganz fein in die Nase steigt. Immer noch, auch nach über fünf Monaten.
Weihnachten stand vor der Tür, als am 15. Dezember 2012 ein Glutfunken die Biotonne hinterm Haus in Brand setzte (wir berichteten). Bernd Schwender hatte morgens Asche aus dem Kaminofen in die Tonne geschüttet. Den Funken muss er übersehen haben. Während er mit seiner Frau Elke und Sohn Leon Weihnachtseinkäufe in Bamberg erledigte, erfassten die Flammen den Dachstuhl, fanden ihren Weg ins Haus. Ein Nachbar sah den Rauch und alarmierte die Feuerwehr. Wäre diese zehn Minuten später gekommen, sagt Schwender heute, wäre das Haus wohl komplett ausgebrannt. So waren hauptsächlich der Dachstuhl und der rückwärtige Teil betroffen. Dennoch: Rauch und Ruß verteilten sich fast im ganzen Haus. Die Elektroinstallation war größtenteils zerstört. Auf mindestens 130 000 Euro schätzt er den Schaden heute.
Sichtbare Schäden beseitigt
Seitdem ist viel passiert. Familie Schwender hat das Haus wieder herrichten lassen. Handwerker haben die Brandschäden beseitigt. Dachstuhl, Rückwand, Fenster, Bodenbeläge – auf den ersten Blick ist alles neu. Im sandgestrahlten Spitzboden und auf den abgeschliffenen Holzverkleidungen ist kein Ruß mehr zu sehen. Bleibende Blessuren sind höchstens hinter Wänden verborgen, an Stellen, die nicht erreicht wurden.
Gut sichtbar lehnt dagegen die zersplitterte Terrassentür an der Hauswand. Feuerwehrleute hatten diese eingeschlagen, um ins Haus zu gelangen. Sie muss noch entsorgt werden. Ebenso das verkohlte Metallregal aus der ausgebrannten Speisekammer vorm Gartenhaus. Tür und Regal erinnern die dreiköpfige Familie an jenen Adventssamstag, den die Schwenders ohnehin nie vergessen werden. An diesem Wochenende ziehen sie wieder in ihr Zuhause im Elsaweg ein. Zum zweiten Mal innerhalb von sieben Jahren.
Elke und Bernd Schwender freuen sich darauf. Die vergangenen Monate hätten viel Lebenskraft und Energie gekostet – nur um annähernd wieder den Stand zu erreichen, auf dem sie vor dem Brand waren, schildert Elke Schwender. Ihr Mann gesteht: „Bisweilen hatte ich das Gefühl, das ist nicht mehr unser Haus.“ Offene Leitungen, Lüftungs- und Entlüftungsschläuche von Heizung und Trocknungsanlage hätten ihn an die Intensivstation eines Krankenhauses erinnert. „Zwischenzeitlich hatten wir auch einmal überlegt, alles aufzugeben“, sagt der Hausherr.
Dieser Tiefpunkt war erreicht, als die Wasseruhr einen Verlust von 27 Kubikmetern Wasser angezeigt hatte, obwohl das Haus leer stand. Trotz intensiver Suche wurde kein Leck in den Leitungen entdeckt. Der Wasserverlust ist bis heute unerklärlich, sagt Bernd Schwender. Ein beunruhigendes Gefühl. „Auch die Notheizung fiel mehrfach aus“, meint Elke Schwender. Eine zusätzliche Tortur für die ohnehin arg strapazierten Nerven. Ein Handwerker hätte zu ihnen sogar gemeint, dass auf dem Haus kein guter Segen liege.
Daran glauben die Schwenders nicht, sonst hätten sie das alles nicht durchgehalten. Spätestens die ersten Blumen, die im Frühjahr nach dem langen und außergewöhnlich trüben Winter im Garten rund ums Haus blühten, hätten ihnen neue Energie und Mut gegeben. Ein wichtige Stütze, meint Elke Schwender, seien auch die Menschen gewesen, die ihnen stets gezeigt hätten: Es wird wieder. Obwohl sie aus Würzburg zugezogen sind, hätten sie in Königsberg viel Hilfsbereitschaft erfahren.
Unmittelbar nach dem Brand hatte ihnen, wie berichtet, ein Königsberger seine Wohnung als Notquartier angeboten. Die Stadtverwaltung vermittelte eine Wohnung in der Altstadt, auf dem Anwesen der früheren Schreinerei Albert Schmidt im Steinweg, wo Familie Schwender bis jetzt unterkam. In der zugehörigen alten Werkstatt konnten sie ihre Möbel unterstellen und vom Ruß reinigen. Die Familie dankt ausdrücklich allen Helfern und für jede Hilfe, die sie erhalten hat. Auch für die 3000 Euro, die auf einem Spendenkonto eingingen, das die Stadt zu ihren Gunsten eingerichtet hatte.
Hausrat war nicht versichert
Das Geld hilft der Familie wenigstens etwas. Etwa 20 Prozent der Schadenssumme, also rund 30 000 Euro, werden sie laut eigenen Angaben selbst zahlen müssen. Das ergaben die Verhandlungen mit der Brandversicherung. Hinzu kommen weitere Ausgaben. Denn eine Hausratversicherung hatte die Familie, die noch Schulden vom Hausbau hat, nicht. So müssen die Kosmetikerin und Fußpflegerin und der Herausgeber eines Magazins die zerstörte oder nicht mehr zu reinigende Einrichtung aus eigener Tasche zahlen.
Die materiellen Verluste sind die eine Seite. Mit den Spielsachen – teilweise noch aus eigenen Kindertagen – die im Dachboden verbrannten, verloren Elke und Bernd Schwender jedoch auch unersetzbare Erinnerungsstücke. Mutmacher war und ist für sie ihr Sohn Leon. Dieser hat sich durch den Brand, dem auch sein Kinderzimmer zum Opfer fiel, nicht unterkriegen lassen. „Es ist mir egal wo ich bin“, hat er seinen Eltern gesagt, „Hauptsache Mama und Papa sind dabei.“